Brust oder Keule
Für seine Verdienste um die beiden heiligen Kühe Frankreichs – Küche und Sprache – soll Charles Duchemin (Louis de Funès), wortmächtiger Kulinarier und Herausgeber eines berühmten (und von vielen gefürchteten) Restaurantführers, in die Académie française aufgenommen werden. Bevor er, gewandet in den ehrwürdigen habit vert, das traditionelle Festessen im Kreise der ›Unsterblichen‹ genießen kann, muß Duchemin einerseits seinen Sohn und designierten Nachfolger Gérard (Coluche), der ein Doppelleben als Zirkusclown führt, bei der familiären Stange halten, andererseits in einem Fernsehduell die chemisch-industriellen Schweinereien des diabolischen Lebensmittel-Tycoons Jacques Tricatel (Julien Guiomar) ans Licht der Öffentlichkeit bringen. Duchemin gegen Tricatel, das heißt nicht nur ›grande cuisine‹ gegen ›malbouffe‹, sondern ganz allgemein: kulturelle Verfeinerung gegen profitgierige Barbarei. Gerade von einem doppelten Herzinfarkt genesen, wirkt die ewige Krawalltüte Louis de Funès in Claude Zidis satirischer Gastro-Farce etwas schallgedämpft; dem fröhlichen Wahnwitz seiner Reise vom Himmel der Feinschmeckerei in die Hölle der Fertiggerichte und wieder zurück tut dies freilich keinen Abbruch.
R Claude Zidi B Claude Zidi, Michel Fabre K Claude Renoir M Vladimir Cosma A Michel de Broin S Robert Isnardon, Monique Isnardon P Christian Fechner D Louis de Funès, Coluche, Julien Guiomar, Ann Zacharias, Claude Gensac, Marcel Dalio | F | 104 min | 1:2,35 | f | 27. Oktober 1976
# 900 | 4. August 2014
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27.10.76
18.2.75
Professione: reporter (Michelangelo Antonioni, 1975)
Beruf: Reporter
»People disappear every day.« – »Every time they leave the room.« Die Handlung des Thrillers, behauptet Georg Seeßlen, sei eine umgekehrte Form der Befreiung, eine Befreiung, die erzwungen wird. Michelangelo Antonioni verfolgt in seiner Polit- und Paranoia-Thriller-Variation einen anderen Ansatz: nicht die Befreiung des Protagonisten wird erzwungen, sondern die Unmöglichkeit der Befreiung konstatiert. Der britische Journalist David Locke (Jack Nicholson), in der Sahara auf der glücklosen Jagd nach einer Story über den Kampf zwischen Rebellen und Regierungstruppen, nutzt die Gelegenheit, seiner ungeliebten Existenz zu entfliehen, indem er die Identität eines plötzlich verstorbenen Hotelnachbarn annimmt und Hinweisen im Taschenkalender des Mannes folgt, der, wie sich alsbald zeigt, als Waffenhändler im Auftrag der Freischärler tätig war. Antonioni und sein Autor Mark Peploe verarbeiten, freilich in beklemmender Zerdehnung, die klassischen Zutaten des Genres – illegale Geschäfte, verschwörerische Machenschaften, konspirative Treffen, heimliche Verfolgung –, und der Hauch einer Erinnerung an Alfred Hitchcocks »North by Northwest« schwebt über Lockes Nachforschung, Flucht, Passage, die ihn, in Begleitung einer mysteriösen Frau ohne Namen (Maria Schneider), aus der nordafrikanischen Wüste, über London, München und Barcelona, in ein karstiges Andalusien führt, das dem Ausgangspunkt dieser Reise ans Ende des Tages auf blendend-unheimliche Weise ähnelt. Weglaufen endet im Nichts, ein anderes Selbst bietet keine anderen Möglichkeiten, die Lösung eines Rätsel liegt jederzeit und allerorts in gleich weiter Ferne, so aussichtslos wie Befreiung erscheinen Erkenntnis und Verständigung: »Your question are much more revealing about yourself than my answer would be about me.«
R Michelangelo Antonioni B Mark Peploe, Michelangelo Antonioni, Peter Wollen K Luciano Tovoli A Piero Poletto S Michelangelo Antonioni, Franco Arcalli P Carlo Ponti D Jack Nicholson, Maria Schneider, Jenny Runacre, Ian Hendry, Stephen Berkoff | I & F & E | 126 min | 1:1,85 | f | 18. Februar 1975
# 1155 | 10. April 2019
»People disappear every day.« – »Every time they leave the room.« Die Handlung des Thrillers, behauptet Georg Seeßlen, sei eine umgekehrte Form der Befreiung, eine Befreiung, die erzwungen wird. Michelangelo Antonioni verfolgt in seiner Polit- und Paranoia-Thriller-Variation einen anderen Ansatz: nicht die Befreiung des Protagonisten wird erzwungen, sondern die Unmöglichkeit der Befreiung konstatiert. Der britische Journalist David Locke (Jack Nicholson), in der Sahara auf der glücklosen Jagd nach einer Story über den Kampf zwischen Rebellen und Regierungstruppen, nutzt die Gelegenheit, seiner ungeliebten Existenz zu entfliehen, indem er die Identität eines plötzlich verstorbenen Hotelnachbarn annimmt und Hinweisen im Taschenkalender des Mannes folgt, der, wie sich alsbald zeigt, als Waffenhändler im Auftrag der Freischärler tätig war. Antonioni und sein Autor Mark Peploe verarbeiten, freilich in beklemmender Zerdehnung, die klassischen Zutaten des Genres – illegale Geschäfte, verschwörerische Machenschaften, konspirative Treffen, heimliche Verfolgung –, und der Hauch einer Erinnerung an Alfred Hitchcocks »North by Northwest« schwebt über Lockes Nachforschung, Flucht, Passage, die ihn, in Begleitung einer mysteriösen Frau ohne Namen (Maria Schneider), aus der nordafrikanischen Wüste, über London, München und Barcelona, in ein karstiges Andalusien führt, das dem Ausgangspunkt dieser Reise ans Ende des Tages auf blendend-unheimliche Weise ähnelt. Weglaufen endet im Nichts, ein anderes Selbst bietet keine anderen Möglichkeiten, die Lösung eines Rätsel liegt jederzeit und allerorts in gleich weiter Ferne, so aussichtslos wie Befreiung erscheinen Erkenntnis und Verständigung: »Your question are much more revealing about yourself than my answer would be about me.«
R Michelangelo Antonioni B Mark Peploe, Michelangelo Antonioni, Peter Wollen K Luciano Tovoli A Piero Poletto S Michelangelo Antonioni, Franco Arcalli P Carlo Ponti D Jack Nicholson, Maria Schneider, Jenny Runacre, Ian Hendry, Stephen Berkoff | I & F & E | 126 min | 1:1,85 | f | 18. Februar 1975
# 1155 | 10. April 2019
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30.8.68
Die Artisten in der Zirkuskuppel: ratlos (Alexander Kluge, 1968)
»Die Dickhäuter schwören: Wir vergessen nichts.« Ein gleichermaßen faszinierender wie ermüdender Elefantenritt durch Alexander Kluges Assoziationsmanege. Der Zirkus als Metapher für ... ja, für was eigentlich? ... für Kreativität, für Kunstproduktion, für die Situation des Kinos in der BRD. Leni Peickert (Hannelore Hoger), Tochter eines visionären Hochseilakrobaten, der sich in einem Anfall von Melancholie zu Tode stürzte, will einen Reformzirkus aufbauen, der dem Publikum nicht nur Sensationen zeigt, sondern es für die Zustände sensibilisiert, in denen die große Schau dargeboten wird. Ihre ehrgeizig-originellen Vorstellungen (»Sieben Tiger versuchen, sechzig rote Mäuse aufzuhalten. Das gelingt nicht. Daraufhin bauen die Tiger eine Pyramide und machen ›schön‹«.) scheitern an ökonomischen Realitäten und an eingefahrenen Erwartungshaltungen: »Tut der Kapitalist, was er liebt, und nicht was ihm nützt, wird er von dem, was ist, nicht unterstützt.« Leni denkt um (»Mit großen Schritten macht man sich nur lächerlich. Aber mit lauter kleinen Schritten könnte ich Staatssekretärin im Auswärtigen Amt werden.«), und geht auf den langen Marsch durch die Institutionen: Das Fernsehen verspricht, ihrer »Liebe zur Sache« eine taugliche Plattform zu bieten. Kluge, der seine eigene glanzvolle Zukunft als TV-Impressario vorauszuahnen scheint, zieht so flott, daß seinen gedanklichen Zaubertricks schwerlich zu folgen ist, Anekdoten und Zitate, Kuriosa und Theorien aus dem Zylinder; das Bild dient ihm dabei vor allem als Folie für halsbrecherische Gedankensprünge und hinreißende intellektuelle Kalendersprüche: »Die Utopie wird immer besser, während wir auf sie warten.«
R Alexander Kluge B Alexander Kluge K Günther Hörmann, Thomas Mauch M diverse S Beate Mainka-Jellinghaus P Alexander Kluge D Hannelore Hoger, Alfred Edel, Sigi Graue, Bernd Hoeltz, Klaus Schwarzkopf | BRD | 103 min | 1:1,37 | f & sw | 30. August 1968
# 898 | 24. Juli 2014
R Alexander Kluge B Alexander Kluge K Günther Hörmann, Thomas Mauch M diverse S Beate Mainka-Jellinghaus P Alexander Kluge D Hannelore Hoger, Alfred Edel, Sigi Graue, Bernd Hoeltz, Klaus Schwarzkopf | BRD | 103 min | 1:1,37 | f & sw | 30. August 1968
# 898 | 24. Juli 2014
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17.7.63
The Thrill of It All (Norman Jewison, 1963)
Was diese Frau so alles treibt
»I’m Beverly Boyer and I’m a pig.« Es ist nicht ohne Reiz, sich diese von Ross Hunter produzierte Komödie als Douglas-Sirk-Melodram vorzustellen: Eine latent unterforderte Arztfrau und Mutter (vielleicht gespielt von Dorothy Malone) erhält das überraschende Angebot, die Präsentation einer Werbesendung (für ›Happy‹-Seife – was für ein Symbol!) zu übernehmen; sie hat (beruflichen und finanziellen) Erfolg, wird berühmt, gewinnt Selbstständigkeit, während ihr platzhirschhafter Gatte (vielleicht gespielt von Robert Stack) mit der Metamorphose seines Weibchens zur ernstzunehmenden Partnerin nicht klarkommt und in eine tiefe Identitätskrise gerät … Norman Jewisons »The Thrill of It All« will von der Hinterfragung (oder gar Infragestellung) geschlechtlicher Rollenmuster selbstverständlich nichts wissen. Überkommene Stereotypen werden mit schaumweicher Gnadenlosigkeit bestätigt: Das, was eine Frau außerhalb von Küche und Schlafzimmer tut, kann niemals glücklich machen, kann keinesfalls so relevant sein wie die Tätigkeit eines Mannes. So kehrt Beverly Boyer (gespielt von Doris Day), nach einem kurzen, aufregenden Ausflug in die (großstädtische) Souveränität, artig zurück unter die (suburbane) Fuchtel ihres gönnerhaft-repressiven Herrn und Meisters (gespielt von James Garner). »What did mommy say?« – »She said she was a pig.«
R Norman Jewison B Carl Reiner, Larry Gelbart K Russell Metty M Frank De Vol A Alexander Golitzen, Robert F. Boyle S Milton Carruth P Ross Hunter, Martin Melcher D Doris Day, James Garner, Arlene Francis, Edward Andrews, Elliot Reid, Zasu Pitts | USA | 108 min | 1:1,85 | f | 17. Juli 1963
# 827 | 13. Januar 2014
R Norman Jewison B Carl Reiner, Larry Gelbart K Russell Metty M Frank De Vol A Alexander Golitzen, Robert F. Boyle S Milton Carruth P Ross Hunter, Martin Melcher D Doris Day, James Garner, Arlene Francis, Edward Andrews, Elliot Reid, Zasu Pitts | USA | 108 min | 1:1,85 | f | 17. Juli 1963
# 827 | 13. Januar 2014
21.11.62
It’s Only Money (Frank Tashlin, 1962)
Geld spielt keine Rolle
Kurz vor dem ersten Todestag des Elektronik-Tycoons Charles P. Albright (»referred to as the ›father of television‹«) ist dessen vor 25 Jahren verlorengegangener Sohn noch immer abhanden. Es bleibt nur mehr eine Woche, um dem Erben des riesigen Vermögens auf die Spur zu kommen, bevor das Geld an die Schwester des Verewigten (Mae »Boop-Oop-a-Doop« Questel) fällt, die eine Belohnung von 100.000 Dollar für die Auffindung ihres Neffen ausgesetzt hat ... Lester March (Jerry Lewis), ehemaliger Waisenhauszögling, Technikfreak, Betreiber eines Fernsehreperaturdienstes (Nachtigall, man hört dich trapsen) – und: begeisterter Leser von Kriminalromanen (»Kiss the Blood Off My Neck«, »The Case of the Homicidal Homing Pigeon«, »Death Takes a Coffee Break«) – macht sich als Assistent eines Privatdetektivs auf die Jagd nach dem Gesuchten. Frank Tashlin schickt dem unbedarft-entschlossenen Amateurermittler einen geldgierigen Anwalt (oberschurkisch: Zachary Scott), einen mordlustigen Butler (»president of the Peter Lorre fan club«: Jack Weston), eine Armada von automatischen Rasenmähern sowie eine liebende Krankenschwester (blond: Joan O’Brien) in die Quere, und würzt die, von W. Wallace Kelley in kristallklarem Schwarzweiß fotografierte, aberwitzige Noirpersiflage mit ingeniösen Bilderfindungen. Einen skurrilen Glanzpunkt tashlinesker Komik bildet (neben der Visualisierung eines stereophonischen Eisenbahngeräuschs) jene Szene, in der Lester das Gemälde des vollbärtigen Patriarchen Albright rasiert, um zu beweisen, daß er selbst kein anderer als der vermißte Abkömmling ist: »Try ›Junior‹. I like that.«
R Frank Tashlin B John Fenton Murray K W. Wallace Kelley M Walter Scharf A Hal Pereira, Tambi Larsen S Arthur P. Schmidt P Paul Jones D Jerry Lewis, Zachary Scott, Mae Questel, Joan O’Brien, Jack Weston | USA | 83 min | 1:1,85 | sw | 21. November 1962
# | 8. September 2017
Kurz vor dem ersten Todestag des Elektronik-Tycoons Charles P. Albright (»referred to as the ›father of television‹«) ist dessen vor 25 Jahren verlorengegangener Sohn noch immer abhanden. Es bleibt nur mehr eine Woche, um dem Erben des riesigen Vermögens auf die Spur zu kommen, bevor das Geld an die Schwester des Verewigten (Mae »Boop-Oop-a-Doop« Questel) fällt, die eine Belohnung von 100.000 Dollar für die Auffindung ihres Neffen ausgesetzt hat ... Lester March (Jerry Lewis), ehemaliger Waisenhauszögling, Technikfreak, Betreiber eines Fernsehreperaturdienstes (Nachtigall, man hört dich trapsen) – und: begeisterter Leser von Kriminalromanen (»Kiss the Blood Off My Neck«, »The Case of the Homicidal Homing Pigeon«, »Death Takes a Coffee Break«) – macht sich als Assistent eines Privatdetektivs auf die Jagd nach dem Gesuchten. Frank Tashlin schickt dem unbedarft-entschlossenen Amateurermittler einen geldgierigen Anwalt (oberschurkisch: Zachary Scott), einen mordlustigen Butler (»president of the Peter Lorre fan club«: Jack Weston), eine Armada von automatischen Rasenmähern sowie eine liebende Krankenschwester (blond: Joan O’Brien) in die Quere, und würzt die, von W. Wallace Kelley in kristallklarem Schwarzweiß fotografierte, aberwitzige Noirpersiflage mit ingeniösen Bilderfindungen. Einen skurrilen Glanzpunkt tashlinesker Komik bildet (neben der Visualisierung eines stereophonischen Eisenbahngeräuschs) jene Szene, in der Lester das Gemälde des vollbärtigen Patriarchen Albright rasiert, um zu beweisen, daß er selbst kein anderer als der vermißte Abkömmling ist: »Try ›Junior‹. I like that.«
R Frank Tashlin B John Fenton Murray K W. Wallace Kelley M Walter Scharf A Hal Pereira, Tambi Larsen S Arthur P. Schmidt P Paul Jones D Jerry Lewis, Zachary Scott, Mae Questel, Joan O’Brien, Jack Weston | USA | 83 min | 1:1,85 | sw | 21. November 1962
# | 8. September 2017
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28.6.61
The Ladies Man (Jerry Lewis, 1961)
Zu heiß gebadet | Ich bin noch zu haben
»Boy, what a little imagination can do!« Schnöde verlassen von seiner hübschen jungen Braut, schwört der nette College-Absolvent Herbert H. (= Herbert) Heebert (Jerry Lewis) sowohl seiner Heimatstadt Milltown, New Jersey (»a very nervous little community«), als auch der Damenwelt ab und geht nach Westen. In Hollywood, California, tritt der tief traumatisierte Mann eine Stelle als Mädchen für alles im boarding house der Ex-Operndiva Mrs. Wellenmellon an. Was Herbert Herbert zunächst nicht weiß: Die exklusiven Pension beherbergt ausschließlich hübsche junge Frauen … Auch in seinem Regie-Zweitling reiht Lewis eine (ziemlich) zusammenhanglose Folge von (mehr oder weniger) witzigen Szenen und körpersprachlichen Exzessen aneinander; und wie in »The Bellboy« steht eine überwältigende Architektur im Zentrum der Inszenierung: Ein mehrstöckiges Puppenhaus (mit Treppen und Galerien, mit Fahrstuhl und Dutzenden von plüschigen Salons), ein Märchenschloß der Kinophantasie (inklusive eines verbotenen Zimmers) übernimmt die eigentliche Hauptrolle, bietet Raum für schrullige Choreographien, gewährt hinreißende Ein-, Aus-, An- und Durchblicke (und verwandelt sich sogar in ein Live-Fernsehstudio). Lewis, an der Erkundung der Geschlechterordnung kaum interessiert (nicht einmal im Hinblick auf deren komödiantische Möglichkeiten), gesteht den Puppen seines Spiels bestenfalls karikatureske Persönlichkeit zu, wartet dafür mit einer gefühligen Schlußmoral auf: »Nice persons are needed everywhere.«
R Jerry Lewis B Jerry Lewis, Bill Richmond K W. Wallace Kelley M Walter Scharf A Hal Pereira, Ross Bellah S Stanley Johnson P Jerry Lewis D Jerry Lewis, Kathleen Freeman, Helen Traubel, Pat Stanley, George Raft | USA | 95 min | 1:1,85 | f | 28. Juni 1961
# 790 | 4. November 2013
»Boy, what a little imagination can do!« Schnöde verlassen von seiner hübschen jungen Braut, schwört der nette College-Absolvent Herbert H. (= Herbert) Heebert (Jerry Lewis) sowohl seiner Heimatstadt Milltown, New Jersey (»a very nervous little community«), als auch der Damenwelt ab und geht nach Westen. In Hollywood, California, tritt der tief traumatisierte Mann eine Stelle als Mädchen für alles im boarding house der Ex-Operndiva Mrs. Wellenmellon an. Was Herbert Herbert zunächst nicht weiß: Die exklusiven Pension beherbergt ausschließlich hübsche junge Frauen … Auch in seinem Regie-Zweitling reiht Lewis eine (ziemlich) zusammenhanglose Folge von (mehr oder weniger) witzigen Szenen und körpersprachlichen Exzessen aneinander; und wie in »The Bellboy« steht eine überwältigende Architektur im Zentrum der Inszenierung: Ein mehrstöckiges Puppenhaus (mit Treppen und Galerien, mit Fahrstuhl und Dutzenden von plüschigen Salons), ein Märchenschloß der Kinophantasie (inklusive eines verbotenen Zimmers) übernimmt die eigentliche Hauptrolle, bietet Raum für schrullige Choreographien, gewährt hinreißende Ein-, Aus-, An- und Durchblicke (und verwandelt sich sogar in ein Live-Fernsehstudio). Lewis, an der Erkundung der Geschlechterordnung kaum interessiert (nicht einmal im Hinblick auf deren komödiantische Möglichkeiten), gesteht den Puppen seines Spiels bestenfalls karikatureske Persönlichkeit zu, wartet dafür mit einer gefühligen Schlußmoral auf: »Nice persons are needed everywhere.«
R Jerry Lewis B Jerry Lewis, Bill Richmond K W. Wallace Kelley M Walter Scharf A Hal Pereira, Ross Bellah S Stanley Johnson P Jerry Lewis D Jerry Lewis, Kathleen Freeman, Helen Traubel, Pat Stanley, George Raft | USA | 95 min | 1:1,85 | f | 28. Juni 1961
# 790 | 4. November 2013
23.7.58
Rock-a-Bye Baby (Frank Tashlin, 1958)
5 auf einen Streich | Der Babysitter
»Close your eys, close your eyes / And away we’ll fly.« Carla Naples könnte sich freuen. Die blonde Hollywood-Diva soll die Titelrolle in der Bestseller-Verfilmung »The White Virgin of the Nile« übernehmen. Aber Carla freut sich nicht. Sie ist schwanger. Von einem mexikanischen Torero, der am Tag nach der Zeugung einem Stier unterlag. In dieser heiklen Situation erinnert sich Carla ihres alten Verehrers Clayton Poole (Jerry Lewis), der ganz weit weg, zu Hause in Midvale, Indiana, als Fernsehtechniker arbeitet (oder es zumindest hartnäckig versucht). Der Anbeter willigt ein, sich um das Baby seiner großen Liebe zu kümmern. Das Baby? Die Babys! Eines Nachts liegen süße Drillinge vor Claytons Tür … Eine sentimentale Farce aus der tiefsten Provinz (»the land of la-la-la«), ein Amalgam aus Wiegenlied und Rock ’n’ Roll, liebevolle Kompromittierung und despektierliche Verklärung des American Dream. Frank Tashlin zeichnet das Porträt einer Gesellschaft zwischen Mediokratie und Mediokrität, verspottet Film und Fernsehen (insbesondere Fernsehwerbung: »Burporex for the tum-tum!«), stellt Macher und Konsumenten des medialen Mülls bloß, überprüft Gewißheiten und Geschlechterrollen am Beispiel des Ideals der kümmernden und sorgenden Mutter. »This diploma is only awarded to the very best of mothers« – die Auszeichnung erhält ein Mann. Ein Mann, der stolz (und zutreffend) von sich behauptet: »I did everything any other woman can do.« Slapstick und Gefühl, Konservatismus und (mögliche) Überwindung von Grenzen: »Now’s the time to give your dreams a try.«
R Frank Tashlin B Frank Tashlin V Preston Sturges K Haskell Boggs M Walter Scharf A Hal Pereira, Tambi Larsen S Alma Macrorie P Jerry Lewis D Jerry Lewis, Connie Stevens, Marilyn Maxwell, Salvatore Baccaloni, Reginald Gardiner | USA | 103 min | 1:1,85 | f | 23. Juli 1958
# 788 | 1. November 2013
»Close your eys, close your eyes / And away we’ll fly.« Carla Naples könnte sich freuen. Die blonde Hollywood-Diva soll die Titelrolle in der Bestseller-Verfilmung »The White Virgin of the Nile« übernehmen. Aber Carla freut sich nicht. Sie ist schwanger. Von einem mexikanischen Torero, der am Tag nach der Zeugung einem Stier unterlag. In dieser heiklen Situation erinnert sich Carla ihres alten Verehrers Clayton Poole (Jerry Lewis), der ganz weit weg, zu Hause in Midvale, Indiana, als Fernsehtechniker arbeitet (oder es zumindest hartnäckig versucht). Der Anbeter willigt ein, sich um das Baby seiner großen Liebe zu kümmern. Das Baby? Die Babys! Eines Nachts liegen süße Drillinge vor Claytons Tür … Eine sentimentale Farce aus der tiefsten Provinz (»the land of la-la-la«), ein Amalgam aus Wiegenlied und Rock ’n’ Roll, liebevolle Kompromittierung und despektierliche Verklärung des American Dream. Frank Tashlin zeichnet das Porträt einer Gesellschaft zwischen Mediokratie und Mediokrität, verspottet Film und Fernsehen (insbesondere Fernsehwerbung: »Burporex for the tum-tum!«), stellt Macher und Konsumenten des medialen Mülls bloß, überprüft Gewißheiten und Geschlechterrollen am Beispiel des Ideals der kümmernden und sorgenden Mutter. »This diploma is only awarded to the very best of mothers« – die Auszeichnung erhält ein Mann. Ein Mann, der stolz (und zutreffend) von sich behauptet: »I did everything any other woman can do.« Slapstick und Gefühl, Konservatismus und (mögliche) Überwindung von Grenzen: »Now’s the time to give your dreams a try.«
R Frank Tashlin B Frank Tashlin V Preston Sturges K Haskell Boggs M Walter Scharf A Hal Pereira, Tambi Larsen S Alma Macrorie P Jerry Lewis D Jerry Lewis, Connie Stevens, Marilyn Maxwell, Salvatore Baccaloni, Reginald Gardiner | USA | 103 min | 1:1,85 | f | 23. Juli 1958
# 788 | 1. November 2013
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