30.11.67

48 Stunden bis Acapulco (Klaus Lemke, 1967)

Bundesdeutscher High-End-Pulp: Schwarzweiß, Breitwand, Krimiposen. Es beginnt mit einer stilisierten credit sequence, die (untermalt von Roland Kovacs furios trompetendem Cool-Jazz-Score, der an Miles Davis’ »Sketches of Spain« oder einen Morricone-B-Movie-Soundtrack denken läßt) das ultrafiktive Geschehen grafisch antizipiert: Ein junger Typ, der schlauer sein möchte, als er ist (Dieter Geissler), wittert das große Geschäft, das schnelle Geld, gerät zwischen zwei schöne, blonde Frauen (die eine liebt ihn, die andere liebt er – weitere Unterschiede sind kaum zu erkennen) und an einen Alten (›Swing-König‹ Teddy Stauffer), der so gnadenlos-lässig ist, wie es der nachwachsende Gernegroß nie werden könnte, nicht einmal, wenn er das gefährliche Vabanquespiel – das von Schliersee über München, Rom und Mexico City in »48 Stunden bis Acapulco« führt – überlebte … Klaus Lemke (Regie) und Max Zihlmann (Buch) transponieren ihre unübersehbaren Vorbilder – Nouvelle Vague und film noir – in den saloppen sound of Munich, träumen sich, wie Zuschauer im Dunkel des Saals, in ein rein kinematographisches Abenteuer, in eine schick rhythmisierte Bildstrecke ohne Anspruch auf Abbildung von platter Wirklichkeit, in eine endlose Fahrt in einem Alfa Romeo Giulietta Cabrio, in einen Düsenflug auf die andere Seite der Welt. Das Sehnsuchtsziel aber wird zur Endstation – die Zeit der romantischen Abenteu(r)er, sie ist lange schon vorbei.

R Klaus Lemke B Max Zihlmann K Hubs Hagen, Niklaus Schilling M Roland Kovac S Wolfgang Limmer P Joseph ›Peps‹ Kommer D Dieter Geissler, Christiane Krüger, Monika Zinnenberg, Alexander Kerst, Teddy Stauffer | BRD | 81 min | 1:2,35 | sw | 30. November 1967

13.11.67

Dance of the Vampires (Roman Polanski, 1967)

Tanz der Vampire

»That night, penetrating deep into the heart of Transylvania, Professor Abronsius was unaware that he was on the point of reaching the goal of his mysterious investigations.« Wie kommt das Böse in die Welt? Vielleicht durch das Gute, durch die Kräfte der Vernunft, die irrtümlich glauben, das Dunkel, den Wahnsinn, das Verderben mit dem Licht der Erkenntnis blenden zu können, und in stolzem Übereifer am Ende selbst zum Helfershelfer des Erzübels werden – so wie der besessene Fledermausforscher (»The Bat and Its Mysteries«) Professor Abronsius (Jack MacGowran), der mit seinem verschreckten Gehilfen Alfred (Roman Polanski) in die Einsamkeit der winterlichen Karpaten reist, um der weltbedrohenden vampiristischen Sippschaft des Grafen Krolock (»I am a night bird. I am not much good in the daytime.«) den Garaus zu machen, und das genaue Gegenteil erreicht. Polanskis, von Douglas Slocombe in Chagallblau und Blutrot getauchte, slapstickhaft-surreale genreparodistische Horrorfarce enthüllt geistreich die Verrücktheit der Ratio, deren Destruktionspotential mindestens so groß ist wie dasjenige der Mächte der Finsternis. »That night, fleeing from Transylvania, Professor Abronsius never guessed he was carrying away with him the very evil he had wished to destroy.«

R Roman Polanski B Gérard Brach, Roman Polanski K Douglas Slocombe M Christopher (=Krzysztof) Komeda A Wilfred Shingleton S Alastair McIntyre P Gene Gutowski, Martin Ransohoff D Jack MacGowran, Roman Polanski, Ferdy Mayne, Sharon Tate, Iain Quarrier | UK & USA | 108 min | 1:2,35 | f | 13. November 1967

# 1014 | 9. August 2016

10.11.67

Tony Rome (Gordon Douglas, 1967)

Der Schnüffler

Locker-leichte Late-60s-Variation der verwinkelten Chandler-Plots: Frank Sinatra, arch-crooner und leader of the (rat) pack, ermittelt als Tony Rome (Privatdetektiv mit starkem Hang zu Pferdewetten) in einer unübersichtlichen Familienangelegenheit, in der es unter anderem um teuren Schmuck, Erpressung sowie Bigamie geht, und stolpert dabei über eine stattliche Zahl von Leichen. Ort des Geschehens ist Miami Beach (»20 miles of sand looking for a city.«), die Stimmung ist groovy, die Ladies – Lyon, Rowlands, St. John – haben Bond-appeal. Gordon Douglas inszeniert mit unspektakulärem Formgefühl, Joseph Biroc fotografiert in glasklarem Sunny-noir-Stil, Nancy Sinatra steuert den Titelsong bei: »Love is for those who have the time to / Rome is for those who are inclined to.«

R Gordon Douglas B Richard Breen V Marvin H. Albert K Joseph Biroc M Billy May A Jack Martin Smith, Jim Roth S Robert L. Simpson P Aaron Rosenberg D Frank Sinatra, Jill St. John, Richard Conte, Gena Rowlands, Simon Oakland | USA | 110 min | 1:2,35 | f | 10. November 1967