»Wir singen euch das Lied vom Calciumcarbid: Die Welt wird schön wie nie. / Wir zaubern mit Chemie, / denn jetzt wird poly-polymerisiert …« Die Fortsetzung der frühlingshaften Defa-Chemie-Posse »Maibowle« spielt winterlich-verschneit (dabei strikt herzerwärmend) zum Jahreswechsel und muß dramaturgisch (neben dem begeisterten Ausblick aufs Plastikzeitalter) auch noch das sozialistische Programm zur massenhaften Leibesertüchtigung (»Jedermann an jedem Ort – einmal in der Woche Sport!«) angemessen verarbeiten. Im Mittelpunkt steht wiederum die archetypische Arbeiter-Familie Lehmann, deren Sprößlinge zwar leistungsmäßig überzeugen (111%ige Planerfüllung!), aber charakterlich entweder zu sportlich oder zu kulturell geraten sind – am Ende gelingt die Synthese der Extreme in Form einer kunterbunten, wissenschaftlich-technischen Eisrevue, die nur knapp am gehobenen Fortschrittssurrealismus des Queneau-/Resnaisschen Geniestreichs »Le chant du styrène« vorbeischrammt: »Die Mädchen tanzen jetzt Moleküle, vereinen sich dann zu Äthylen, aber alles entscheidend ist die Polymerisation.« Noch Fachfragen?
R Günter Reisch B Marianne Libera, Gerhard Weise K Karl Plintzner M Helmut Nier A Paul Lehmann S Hildegard Conrad P Hans Mahlich D Erich Franz, Friedel Nowack, Erika Dunkelmann, Christel Bodenstein, Ernst-Georg Schwill | DDR | 91 min | 1:1,37 | f | 29. Dezember 1960
29.12.60
23.12.60
The Grass Is Greener (Stanley Donen, 1960)
Vor Hausfreunden wird gewarnt
Die guten alten Zeiten sind vorbei: Der finanzschwache Earl of Ryhall (Cary Grant) muß sein Stammschloß der Öffentlichkeit zugänglich machen, die Countess (Deborah Kerr) züchtet Champignons, um die notorisch klamme Familienkasse zu füllen. Ein amerikanischer Ölbaron (Robert Mitchum) macht der Dame des Hauses den Hof, der gehörnte Gatte ergreift zur Rettung von Ehe und Ehre schließlich standesgemäße Maßnahmen … Zwar bringt die ländlich-(un)sittliche Salon-Komödie diverse Gegensätzlichkeiten ins Spiel (altes Geld – neues Geld, alte Welt – neue Welt, alte Liebe – neue Liebe), doch betrachtet Stanley Donen weder das Verhältnis der Geschlechter noch die Problematik der anglo-amerikanische Beziehungen mit allzu viel Neugier. Farbe gewinnt das betulich eingerichtete Dialogstück vor allem durch die extravaganten Dior-Roben einer mit den Ryhalls befreundeten Londoner Society-Lady (Jean Simmons) und dank der ironischen Standesdünkel eines literarisch ambitionierten Butlers.
R Stanley Donen B Hugh Williams, Margaret Vyner V Hugh Williams, Margaret Vyner K Christopher Challis M Noël Coward A Paul Sherr S James Clark P Stanley Donen D Cary Grant, Deborah Kerr, Robert Mitchum, Jean Simmons, Moray Watson | UK | 104 min | 1:2,35 | f | 23. Dezember 1960
# 834 | 14. Februar 2014
Die guten alten Zeiten sind vorbei: Der finanzschwache Earl of Ryhall (Cary Grant) muß sein Stammschloß der Öffentlichkeit zugänglich machen, die Countess (Deborah Kerr) züchtet Champignons, um die notorisch klamme Familienkasse zu füllen. Ein amerikanischer Ölbaron (Robert Mitchum) macht der Dame des Hauses den Hof, der gehörnte Gatte ergreift zur Rettung von Ehe und Ehre schließlich standesgemäße Maßnahmen … Zwar bringt die ländlich-(un)sittliche Salon-Komödie diverse Gegensätzlichkeiten ins Spiel (altes Geld – neues Geld, alte Welt – neue Welt, alte Liebe – neue Liebe), doch betrachtet Stanley Donen weder das Verhältnis der Geschlechter noch die Problematik der anglo-amerikanische Beziehungen mit allzu viel Neugier. Farbe gewinnt das betulich eingerichtete Dialogstück vor allem durch die extravaganten Dior-Roben einer mit den Ryhalls befreundeten Londoner Society-Lady (Jean Simmons) und dank der ironischen Standesdünkel eines literarisch ambitionierten Butlers.
R Stanley Donen B Hugh Williams, Margaret Vyner V Hugh Williams, Margaret Vyner K Christopher Challis M Noël Coward A Paul Sherr S James Clark P Stanley Donen D Cary Grant, Deborah Kerr, Robert Mitchum, Jean Simmons, Moray Watson | UK | 104 min | 1:2,35 | f | 23. Dezember 1960
# 834 | 14. Februar 2014
19.12.60
Das schwarze Schaf (Helmuth Ashley, 1960)
Nett. Heinz Rühmann ist nett. Er ist kein besonders glaubhafter Geistlicher, sein kriminalistisch interessierter Pater Brown ist im Grunde kein besonders überzeugender Ermittler, weder mit augenfälligen deduktiven noch mit offenkundigen psychologischen Talenten gesegnet. Aber er ist nett. »Das schwarze Schaf« ist (insbesondere wegen der Verlegung der Erzählung von England nach Irland) keine besonders gelungene Chesterton-Adaption, weder ein besonders spannender Krimi, noch eine besonders intelligente Komödie, schon gar kein ironisch-katholischer Blick auf die Welt, wie sie ist (oder scheint). Doch Helmuth Ashley gelingt es, sein auf merkwürdige Weise in Vorfilm (Hammermord vor der Kirche) und Hauptfilm (Doppelmord durch Zwillingsschurken) zerfallendes Regie-Debüt mit stimmig-provinzieller Atmosphäre, sympathisch-beseelten Figuren und herzerwärmend-behäbigem Humor zu füllen. Nett. Nicht mehr, nicht weniger.
R Helmuth Ashley B István Békeffy, Hans Jacoby V Gilbert Keith Chesterton K Erich Claunigk M Martin Böttcher A Hans Berthel, Robert Stratil S Walter Boos P Utz Utermann D Heinz Rühmann, Siegfried Lowitz, Lina Carstens, Herbert Tiede, Karl Schönböck, Fritz Rasp | BRD | 90 min | 1:1,66 | f | 19. Dezember 1960
# 806 | 24. November 2013
R Helmuth Ashley B István Békeffy, Hans Jacoby V Gilbert Keith Chesterton K Erich Claunigk M Martin Böttcher A Hans Berthel, Robert Stratil S Walter Boos P Utz Utermann D Heinz Rühmann, Siegfried Lowitz, Lina Carstens, Herbert Tiede, Karl Schönböck, Fritz Rasp | BRD | 90 min | 1:1,66 | f | 19. Dezember 1960
# 806 | 24. November 2013
16.12.60
Cinderfella (Frank Tashlin, 1960)
Aschenblödel
Cinderella in reverse. Nach dem Tod seines Vaters gerät der herzensgute, treudoofe Fella (Jerry Lewis) unter das Regiment der bösen Stiefmutter (Judith Anderson), die nur an das Wohl ihrer beiden leiblichen (außerordentlich geldgeilen) Söhne denkt. Princess Charming sucht den Mann fürs Leben, eine gute (männliche) Fee treibt ihr freundliches Wesen, ein glanzvoller Ball, ein verlorener Herrenschuh … Die Prämisse, den klassischen Märchenstoff geschlechtlich zu wenden, klingt überzeugend, doch »Cinderfella« versenkt die vielversprechende Idee in einem Sumpf aus schläfrigem Timing und triefender Gefühligkeit. Zwar werden die Polaritäten von Integration und Absonderung, von »person« und »people« im menschlichen Mit- und Gegeneinander thematisch angerissen, zwar glänzt Jerry Lewis in einigen vom Geschehen vollkommen abgelösten Soloauftritten (etwa wenn er zu einer im Radio übertragenen Count-Basie-Nummer pantomimisch sämtliche Instrumente spielt), zwar gelingen Frank Tashlin eine Handvoll witzig choreographierter Szenen (zum Beispiel wenn er den armen Fella am Ende eines endlos langen Eßtischs von seiner arroganten Stieffamilie isoliert), doch der Film faßt keinen Tritt, findet bis zur planmäßigen Happily-ever-after-Auflösung keinen animierenden Rhythmus.
R Frank Tashlin B Frank Tashlin K Haskell Boggs M Walter Scharf, Count Basie A Hal Pereira, Henry Bumstead S Arthur P. Schmidt P Jerry Lewis D Jerry Lewis, Judith Anderson, Ed Wynn, Henry Silva, Robert Hutton, Anna Maria Alberghetti | USA | 91 min | 1:1,85 | f | 16. Dezember 1960
# 786 | 30. Oktober 2013
Cinderella in reverse. Nach dem Tod seines Vaters gerät der herzensgute, treudoofe Fella (Jerry Lewis) unter das Regiment der bösen Stiefmutter (Judith Anderson), die nur an das Wohl ihrer beiden leiblichen (außerordentlich geldgeilen) Söhne denkt. Princess Charming sucht den Mann fürs Leben, eine gute (männliche) Fee treibt ihr freundliches Wesen, ein glanzvoller Ball, ein verlorener Herrenschuh … Die Prämisse, den klassischen Märchenstoff geschlechtlich zu wenden, klingt überzeugend, doch »Cinderfella« versenkt die vielversprechende Idee in einem Sumpf aus schläfrigem Timing und triefender Gefühligkeit. Zwar werden die Polaritäten von Integration und Absonderung, von »person« und »people« im menschlichen Mit- und Gegeneinander thematisch angerissen, zwar glänzt Jerry Lewis in einigen vom Geschehen vollkommen abgelösten Soloauftritten (etwa wenn er zu einer im Radio übertragenen Count-Basie-Nummer pantomimisch sämtliche Instrumente spielt), zwar gelingen Frank Tashlin eine Handvoll witzig choreographierter Szenen (zum Beispiel wenn er den armen Fella am Ende eines endlos langen Eßtischs von seiner arroganten Stieffamilie isoliert), doch der Film faßt keinen Tritt, findet bis zur planmäßigen Happily-ever-after-Auflösung keinen animierenden Rhythmus.
R Frank Tashlin B Frank Tashlin K Haskell Boggs M Walter Scharf, Count Basie A Hal Pereira, Henry Bumstead S Arthur P. Schmidt P Jerry Lewis D Jerry Lewis, Judith Anderson, Ed Wynn, Henry Silva, Robert Hutton, Anna Maria Alberghetti | USA | 91 min | 1:1,85 | f | 16. Dezember 1960
# 786 | 30. Oktober 2013
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15.12.60
Exodus (Otto Preminger, 1960)
Exodus
Ein Film über die Vorgeschichte der Gründung des Staates Israel in den späten 1940er Jahren. Die jüdische Einwanderung nach Palästina, der daraus resultierende Konflikt mit den Arabern, der Kampf um die Unabhängigkeit, die Rivalität der verschiedenen zionistischen Untergrundorganisationen – all das verquickt Otto Preminger nach den Regeln des klassischen Hollywoodepos zu einer komplexen Familiengeschichte. Was »Exodus« auszeichnet, ist die Absage an jede Pathosformel und eine irritierend-elliptische Erzählweise, die die dramatischen Höhepunkte der Handlung oftmals wegblendet zugunsten der Momente »zwischen« dem eigentlichen Geschehen, jener Momente, die psychologisch für den Fortgang der Dinge entscheidend sind. Ein makelloser blauer Himmel dominiert die Bilder des Films, aber er verbreitet keine südliche Heiterkeit, sondern strahlt vor gnadenloser Härte. Bezeichnend auch das Ende: kein Sieg, keine Jubelposen, sondern ein gemeinsames Grab für einen Araber und ein jüdisches Mädchen – und die Frage, ob es Juden und Arabern irgendwann gelingen wird, nicht nur den Tod sondern auch das Leben in Palästina zu teilen.
R Otto Preminger B Dalton Trumbo V Leon Uris K Sam Leavitt M Ernest Gold A Richard Day S Louis R. Loeffler P Otto Preminger D Paul Newman, Eva Marie Saint, Ralph Richardson, Peter Lawford, Sal Mineo | USA | 208 min | 1:2,35 | f | 15. Dezember 1960
Ein Film über die Vorgeschichte der Gründung des Staates Israel in den späten 1940er Jahren. Die jüdische Einwanderung nach Palästina, der daraus resultierende Konflikt mit den Arabern, der Kampf um die Unabhängigkeit, die Rivalität der verschiedenen zionistischen Untergrundorganisationen – all das verquickt Otto Preminger nach den Regeln des klassischen Hollywoodepos zu einer komplexen Familiengeschichte. Was »Exodus« auszeichnet, ist die Absage an jede Pathosformel und eine irritierend-elliptische Erzählweise, die die dramatischen Höhepunkte der Handlung oftmals wegblendet zugunsten der Momente »zwischen« dem eigentlichen Geschehen, jener Momente, die psychologisch für den Fortgang der Dinge entscheidend sind. Ein makelloser blauer Himmel dominiert die Bilder des Films, aber er verbreitet keine südliche Heiterkeit, sondern strahlt vor gnadenloser Härte. Bezeichnend auch das Ende: kein Sieg, keine Jubelposen, sondern ein gemeinsames Grab für einen Araber und ein jüdisches Mädchen – und die Frage, ob es Juden und Arabern irgendwann gelingen wird, nicht nur den Tod sondern auch das Leben in Palästina zu teilen.
R Otto Preminger B Dalton Trumbo V Leon Uris K Sam Leavitt M Ernest Gold A Richard Day S Louis R. Loeffler P Otto Preminger D Paul Newman, Eva Marie Saint, Ralph Richardson, Peter Lawford, Sal Mineo | USA | 208 min | 1:2,35 | f | 15. Dezember 1960
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Das Spukschloß im Spessart (Kurt Hoffmann, 1960)
»Alles spukt auf mein Kommando!« Kurt Hoffmanns Sequel zum süffisanten »Wirtshaus im Spessart« wirft zwar jede Menge Talent – neben Darstellern wie Curt Bois, Paul Esser, Hubert von Meyerinck, Lilo Pulver, Hanne Wieder vor allem Friedrich Hollaender (Musik), Hein Heckroth (Bauten) und Theo Nischwitz (Effekte) – in die filmische Wagschale, doch das Ergebnis fällt einigermaßen geriatrisch aus. Die müden Gespenster des Adenauerkinos reißen flaue Witze über die wirtschaftswunderliche Bundesrepublik, versetzen dem deutschen Nachkriegsmilitarismus ein paar sanfte Stiche und liefern eine umständliche Veralberung des neonationalistischen Staatstheaters im Treibhaus Bonn. Apropos Bonn: »Es war alles morsch, es war alles alt.« (Wolfgang Koeppen)
R Kurt Hoffmann B Heinz Pauck, Günter Neumann K Günther Anders M Friedrich Hollaender A Hein Heckroth S Hilwa von Boro P Georg Witt D Liselotte Pulver, Heinz Baumann, Georg Thomalla, Hubert von Meyerinck, Hans Clarin, Curt Bois | BRD | 101 min | 1:1,66 | f | 15. Dezember 1960
R Kurt Hoffmann B Heinz Pauck, Günter Neumann K Günther Anders M Friedrich Hollaender A Hein Heckroth S Hilwa von Boro P Georg Witt D Liselotte Pulver, Heinz Baumann, Georg Thomalla, Hubert von Meyerinck, Hans Clarin, Curt Bois | BRD | 101 min | 1:1,66 | f | 15. Dezember 1960
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