6.10.49

The Heiress (William Wyler, 1949)

Die Erbin

»Can you be so cruel?« – »Yes, I can be very cruel. I have been taught by masters.« Gnadenlos-präzise Etüde über Gefühlskälte und Lieblosigkeit nach Henry James, angesiedelt im New York des 19. Jahrhunderts: Ralph Richardson als reicher, intelligenter Misanthrop und Menschenkenner, dem vor Jahren die schöne, weltgewandte Frau starb; geblieben ist ihm ein in seinen Augen linkisches Mauerblümchen von Tochter (Olivia de Havilland), deren einziges Talent im Anfertigen von Stickbildern zu liegen scheint. Als eines Tages ein gutaussehender Mann (Montgomery Clift) auftaucht und um die Hand der jungen Frau (und Erbin) anhält, wittert der Vater den Vorrang pekuniärer Interessen vor romantischen Empfindungen – und er stellt die Liebe (wenn es denn eine sei) auf die Probe … »The Heiress« könnte auch ganz einfach »Money« heißen, bietet der Film doch gestochen scharfe Portraits von Menschen, die unter der Herrschaft des Geldes leben (müssen) und, ob vermögend oder nicht, zu seinen Kreaturen werden. Ein anderer möglicher Titel wäre »The House«: der vornehme Wohnsitz am Washington Square (Bauten: Harry Horner), wo das Drama – in dem kein lautes Wort fällt und kaum je eine Träne verdrückt wird – vonstatten geht, hat für die Hauptakteure jeweils existenzielle, wenn auch unterschiedliche Bedeutung: Festung für den einen, Traumschloß für den anderen, Gefängnis für die nächste. William Wylers Inszenierung führt die drei Haltungen (und die damit verbundenen Perspektiven auf das Leben) kristallklar und unerbittlich parallel.

R William Wyler B Ruth Goetz, Augustus Goetz V Henry James K Leo Tover M Aaron Copland A Harry Horner S William Hornbeck P William Wyler D Olivia de Havilland, Montgomery Clift, Ralph Richardson, Miriam Hopkins, Vanessa Brown | USA | 115 min | 1:1,37 | sw | 6. Oktober 1949

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