28.8.71

Warnung vor einer heiligen Nutte (Rainer Werner Fassbinder, 1971)

»Was wird denn das überhaupt für ein Film?« – »Du, das wird ein Film über Brutalität … Über was soll man denn sonst schon Filme machen?« Eine Filmequipe schlägt in einem Hotel am Meer die Zeit tot (indem – jeder gegen jeden – verbal sowie körperlich aufeinander eingedroschen wird), während finanzielle Schwierigkeiten und kreative Differenzen den Beginn der Dreharbeiten zu »Patria o muerte« (mit Eddie Constantine!) immer wieder verzögern. Rainer Werner Fassbinder wirft harte Schlaglichter auf gruppendynamische Prozesse, zeigt in Form einer satirisch-selbstreferentiellen (Wahl- und Qual-)Familienaufstellung komplementäre Abhängigkeiten und gegenseitige Ausnutzung: »Täter« und »Opfer« tauschen bei ihren Sex- und Machtspielchen immer wieder die Rollen. Doch die ständig wechselnden (von Michael Ballhaus immerhin stylisch fotografierten) Konstellationen erzeugen dumpfe Beliebigkeit, die (oft gebrüllten) Dialoge geraten zum redundanten Salbader. Im emotionalen Einerlei aus Unterwerfungsritualen und Freiheitsversprechen gleicht »Warnung vor einer heiligen Nutte« schließlich einem unaufhaltsam quellenden Brei aus gewalttätiger Sentimentalität und schmalzigem Gefühlsterror, einem filmischen Gericht ohne großen analytischen oder erzählerischen Nährwert.

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Rainer Werner Fassbinder B Rainer Werner Fassbinder K Michael Ballhaus M Peer Raben A Kurt Raab S Franz Walsch (= Rainer Werner Fassbinder ), Thea Eymèsz P Peter Berling D Lou Castel, Eddie Constantine, Hanna Schygulla, Marquard Bohm, Rainer Werner Fassbinder | BRD & I | 103 min | 1:1,37 | f | 28. August 1971