5.6.60

Das Glas Wasser (Helmut Käutner, 1960)

»Ein reinliches Gewissen / ist ein sanftes Ruhekissen. / Wie schön, wenn du moralisch bist, / doch keiner will es wissen.« Amourös-musikalisches Lust- und Intrigenspiel am Hofe der britischen Königin Anne: die konservative Herzogin von Marlborough (Hilde Krahl) und der liberale Zeitungsmann Henry St. John (Gustaf Gründgens) wetteifern um politischen Einfluß auf die schwache Majestät (Liselotte Pulver). Mittels launiger Couplets, marionettenhaft agierender Darsteller und ultrastilisierter Kulissen in weiß-goldenem Zuckerbäcker-Modernismus (Bau: Herbert Kirchhoff und Albrecht Becker) frisiert Helmut Käutner die gutgebaute Komödie des französischen Dramatikers Eugène Scribe zur preziösen Kabarettrevue, die ohne übertriebene Tiefgründigkeit Fragen von Krieg und Frieden, Macht und Gefühl, individuellen Interessen und öffentlicher Meinung verhandelt. Wichtiger als die großen Themen sind allemal die von allen Seiten des Stücks (hinter-)listig instrumentalisierten Liebeshändel um einen schmucken Gardeoffizier und ein reizendes Kammerkätzchen. Ein sympathischer filmischer Bluff auf glattem Studioparkett.

R Helmut Käutner B Helmut Käutner, Willibald Eser V Eugène Scribe K Günther Anders M Bernhard Eichhorn A Herbert Kirchhoff, Albrecht Becker S Klaus Dudenhöfer P Georg Richter D Gustaf Gründgens, Hilde Krahl, Liselotte Pulver, Sabine Sinjen, Horst Janson | BRD | 83 min | 1:1,66 | f | 5. Juni 1960

# 1149 | 2. Februar 2019

2 Kommentare:

  1. Den hab ich mal gesehen, aber ich hatte ganz vergessen, dass er im selben Ambiente spielt wie momentan THE FAVOURITE. Erst Du hast mich daran erinnert, auch wenn Du den neuen Film gar nicht erwähnst. Schon lustig, wie man eine Figur wie z.B. Adelaide so oder so sehen kann ...

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    1. Ich saß in »The Favourite«, und dachte: Das kennst du doch irgendwoher. Dann fiel mir der alte Käutner-Film ein, der mir vor ungefähr 100 Jahren mal im Fernsehen untergekommen ist. Auf YouTube habe ich ihn wiedergefunden ... Ich glaube, beide Sichtweisen haben ihre Berechtigung, aber Lanthimos ist in diesem Fall schon etwas tiefschürfender als Käutner, der sich wohl vor allem einen Jux machen wollte.

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