2.2.71

Die Bettwurst (Rosa von Praunheim, 1971)

»Dietmar, ich liebe dich, ich liebe dich.« – »Ich liebe dich unwahrscheinlich, Luzi, du bist alles für mich.« An der Kieler Hafenkante lernen sie sich kennen: Luzi (Kryn), die stabil gebaute Fünfzigerin aus Danzig, und Dietmar (Kracht), der schlaksige junge Mannheimer, beide vom Schicksal gebeutelt und von Natur aus ziemlich exaltiert, zwei schrille Schwarmgeister, die das Glück, einander zufällig gefunden zu haben, kaum fassen können: »Wir müssen im Kalender es rot anzeichnen den Tag, an dem wir uns zum ersten Mal begegnet sind. Es war Liebe auf den ersten Blick.« – »Luzi, ich liebe dich so, ich liebe alles an dir, deine Händen, deine Haare liebe ich, deine Augen, deinen Körper, deinen Busen.« Sie, die sich, als Spätaussiedlerin in die Bundesrepublik gekommen, in einer Neubauwohnung farbenfroh einrichtete, nimmt ihn, der, aus prekären Verhältnissen stammend, Umgang mit leichten Mädchen und schweren Jungens hatte, wohlwollend bei sich auf, verschafft ihm Arbeit, kocht für ihn, bringt ihm das Staubsaugen bei. In einer beispiellosen Mischung aus ungebremstem Groteskrealismus und avantgardistischer Laienspielkunst läßt Rosa von Praunheim seine beiden natürlich-enthemmten Darsteller einen treuherzig-demaskierenden Bilderbogen des gutbürgerlichen Lebens zusammenimprovisieren – inklusive Fernsehabend und Schrebergarten, Tanztee und Weihnachtsfest: »Eine Bettwurst! Das ist ja toll! So was hab’ ich mir schon immer gewünscht!« Die Idylle wäre perfekt, würde Dietmar nicht, im kriminalen Schlußakt der Extremromanze von seiner dunklen Vergangenheit eingeholt, dazu gezwungen werden, für Luzi bis an seine Grenzen und weit darüber hinaus zu gehen ...

R Rosa von Praunheim B Rosa von Praunheim K Rosa von Praunheim, Bernd Upnmoor S Rosa von Praunheim, Gisela Bienert, Bernd Upnmoor P Rosa von Praunheim D Luzi Kryn, Dietmar Kracht | BRD | 81 min | 1:1,37 | f | 2. Februar 1971

# 1132 | 8. Juli 2018

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