2.7.71

Wer im Glashaus liebt … (Der Graben) (Michael Verhoeven, 1971)

Michael Verhoevens dokumentarisch angetäuschte Bemühung, die Auswirkungen der sexuellen Revolution und des Erodierens gesellschaftlicher Verbindlichkeiten auf die Seele eines hippen, seiner beruflichen sowie erotischen Bestimmung überdrüssigen Werbefuzzis (Hartmut Becker) zu beschreiben, wirkt ein wenig so, als hätte Ingmar Bergman, unter Androhung von Waffengewalt, ein Szenario von Ernst Hofbauer verfilmt: ein klassisches Dreieck – Mann, Ehefrau (unglaublich sexy: Senta Berger), Geliebte; ein dekoratives Setting – rundum verglastes Atelier über den Dächern von Wien; taktvoll ins Bild gesetzte primäre und sekundäre Geschlechtsmerkmale. »Wer im Glashaus liebt … (Der Graben)« bricht nicht ohne Scharfsinn und dramaturgische Finesse die allgemeine Post-1968er-Erschütterung auf die konkreten (wenn auch reichlich abgehobenen) Spannungen zwischen drei Personen herunter, die ihre Bestimmung (= die Autorschaft über ihr Leben) suchen – wobei die Darsteller, zeitgemäß, im Off über ihre Rollen reflektieren dürfen. Am Ende läuft ein emanzipierter Nackter (ganz echt mit baumelndem Schwanz) durch die belebte (und konsternierte) Innenstadt: »Bilden Sie sich doch nicht so viel auf Ihre häßliche Konfektionskleidung ein! Sie sind doch unfrei und eingeengt!«

R Michael Verhoeven B Michael Verhoeven K Igor Luther M Axel Linstädt S Michael Verhoeven P Michael Verhoeven, Senta Berger D Senta Berger, Hartmut Becker, Marianne Blomquist | BRD | 85 min | 1:1,37 | f | 2. Juli 1971

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