»Von abends bis morgens / geschieht so mancherlei.« Ein geheimnisvoller Taucher (genannt »der Hai«) treibt in London sein harpunierendes Unwesen. Der schwarze Gummimann dezimiert vor allem die eigenen Leute, bis seine biedere Identität von ›Blacky‹ Fuchsberger (diesmal als Beamter der Flußpolizei) mehr oder weniger überraschend enthüllt wird. Der eigentlich Fall (einerseits Juwelen, andererseits Erbschleicherei) bleibt so undurchdringlich wie der wabernde Bühnennebel; wie häufig bei Edgar Wallace lauert hinter den schaubudenhaften Gruseleffekten eine (von Alfred Vohrer wohlig-flackernd illuminierte) Familienintrige Dickensschen Ausmaßes. Neben Klaus Kinski (als vermeintlicher russischer Gewürzhändler) und Jan Hendriks (als pokergesichtiger Ausputzer) schillert die majestätische Elisabeth Flickenschildt. Daß sich die markante Gründgens-Partnerin einmal als singende Schmuggel-Wirtin einer Kaschemme an der Themse würde verdingen müssen, konnte der »Führer« seinerzeit nicht ahnen, als er den Namen der Mimin (völlig zu recht) auf die Gottbegnadeten-Liste setzte.
R Alfred Vohrer B Trygve Larsen (= Egon Eis), Harald G. Petersson V Edgar Wallace K Karl Löb M Martin Böttcher A Mathias Matthies, Ellen Schmidt S Carl Otto Bartning P Horst Wendlandt D Joachim Fuchsberger, Brigitte Grothum, Richard Münch, Jan Hendriks, Elisabeth Flickenschildt | BRD | 92 min | 1:1,66 | sw | 28. September 1962
28.9.62
27.9.62
… und deine Liebe auch (Frank Vogel, 1962)
»Der Wind auf der Warschauer Brücke, / das Licht und der weiße Rauch … / Weißt du, die brauch' ich zum Leben / … und deine Liebe auch.« Der Mauerbau als Riß durch die Geschichte, die Stadt, die Gefühle – aber auch als Schlußstrich, als Aufbruchsignal: »Irgendwo muß eine Grenze sein.« Ostberlin, 1961: Klaus (Ulrich Thein) fährt Taxi im Westen und lebt gut vom »Schwindelkurs«, sein Nenn-Bruder Ulli (Armin Mueller-Stahl) arbeitet als Elektriker bei Narva und schützt als Kampfgruppenmann die Sicherung der Staatsgrenze am 13. August. Zwischen den Männern steht außer der Politik auch die Postbotin Eva (Kati Székely), die sich erst vom viril-klassenfeindlichen Klaus schwängern läßt, um dann doch ihre Zuneigung zum sensibel-sozialistischen Ulli zu entdecken … Frank Vogels Film erscheint so gespalten wie das Land, in dem er spielt: Während der Gedankenstrom der hochtönenden Off-Kommentare (Drehbuch: Paul Wiens) die Errichtung des »antifaschistischen Schutzwalls« propagandistisch rechtfertigt, bleiben die dokumentarischen Bilder (Kamera: Günter Ost) ganz dicht am Puls der Zeit, tasten beweglich die urbane Topographie ab, blicken vorübereilenden Menschen neugierig in die Gesichter, fixieren beiläufig den historischen Moment, atmen die Luft, den Dunst, die Stimmung des Schauplatzes – Entschlossenheit und Tristesse, Lyrik und Agitation, cinéma vérité … et mensonge.
R Frank Vogel B Paul Wiens K Günter Ost M Hans-Dieter Hosalla A Werner Zieschang S Ella Ensink P Hans-Joachim Funk D Armin Mueller-Stahl, Ulrich Thein, Kati Székely, Marita Böhme, Alfonso Arau | DDR | 92 min | 1:1,37 | sw | 27. September 1962
R Frank Vogel B Paul Wiens K Günter Ost M Hans-Dieter Hosalla A Werner Zieschang S Ella Ensink P Hans-Joachim Funk D Armin Mueller-Stahl, Ulrich Thein, Kati Székely, Marita Böhme, Alfonso Arau | DDR | 92 min | 1:1,37 | sw | 27. September 1962
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Ost/West,
Romanze,
Vogel,
Wiens
21.9.62
Thérèse Desqueyroux (Georges Franju, 1962)
Die Tat der Therese D.
»Pure, je l’étais. Un ange, oui. Mais un ange plein de passion.« Thérèse (verzweifelt-schön: Emmanuelle Riva), aus gutem Hause stammend, durch eine arrangierte Ehe mit dem wohlhabenden Waldbesitzer Bernard Desqueyroux (mopsig-blasiert: Philippe Noiret) verbunden, sucht der seelischen und geistigen Bedrängnis ihres provinziellen Wohlstandskerkers unter den stumm ragenden Kiefern der Landes de Gascogne zu entkommen, indem sie ihren hypochondrischen Gatten schleichend mit Arsen vergiftet. Das Mordvorhaben scheitert, doch der gute Name und die Ehre der Familie verbieten es, die Schuldige (die sich in einer Folge von Rückblenden über die Beweggründe ihrer Tat befragt) juristisch zur Rechenschaft zu ziehen. Georges Franjus Verfilmung des Romans von François Mauriac, von Christian Matras in elegischem Schwarzweiß fotografiert, macht Enge und Erstarrung der besitzbürgerlichen Welt, die nur Regeln und Rollen, weder Neugier noch Ungewißheit kennt, einer Welt, in der »être soi-même« ein unbotmäßiger Anspruch ist, auf beklemmende Weise spürbar. Die Kirchentür, die vor der Hochzeit zugeschlagen wird, eine Taube, die hilflos im Fangnetz flattert, die fehlenden Bilder im Fotoalbum, sie sprechen von einem Leben, das (nicht nur manchmal) dem Tode gleicht. Warum sie es getan habe, will Bernard (der sich der Motive für sein Handeln stets gewiß ist) am Ende ihres gemeinsamen Weges von Thérèse erfahren. Um wenigstens für einen Augenblick, antwortet sie nach kurzem Zögern, den Ausdruck von Unruhe auf seinem Gesicht zu sehen.
R Georges Franju B François Mauriac, Claude Mauriac, Georges Franju V François Mauriac K Christian Matras M Maurice Jarre A Jacques Chalvet S Gilbert Natot P Eugène Lépicier D Emmanuelle Riva, Philippe Noiret, Edith Scob, Sami Frey, Renée Devillers | F | 109 min | 1:1,66 | sw | 21. September 1962
# 1118 | 29. Mai 2018
»Pure, je l’étais. Un ange, oui. Mais un ange plein de passion.« Thérèse (verzweifelt-schön: Emmanuelle Riva), aus gutem Hause stammend, durch eine arrangierte Ehe mit dem wohlhabenden Waldbesitzer Bernard Desqueyroux (mopsig-blasiert: Philippe Noiret) verbunden, sucht der seelischen und geistigen Bedrängnis ihres provinziellen Wohlstandskerkers unter den stumm ragenden Kiefern der Landes de Gascogne zu entkommen, indem sie ihren hypochondrischen Gatten schleichend mit Arsen vergiftet. Das Mordvorhaben scheitert, doch der gute Name und die Ehre der Familie verbieten es, die Schuldige (die sich in einer Folge von Rückblenden über die Beweggründe ihrer Tat befragt) juristisch zur Rechenschaft zu ziehen. Georges Franjus Verfilmung des Romans von François Mauriac, von Christian Matras in elegischem Schwarzweiß fotografiert, macht Enge und Erstarrung der besitzbürgerlichen Welt, die nur Regeln und Rollen, weder Neugier noch Ungewißheit kennt, einer Welt, in der »être soi-même« ein unbotmäßiger Anspruch ist, auf beklemmende Weise spürbar. Die Kirchentür, die vor der Hochzeit zugeschlagen wird, eine Taube, die hilflos im Fangnetz flattert, die fehlenden Bilder im Fotoalbum, sie sprechen von einem Leben, das (nicht nur manchmal) dem Tode gleicht. Warum sie es getan habe, will Bernard (der sich der Motive für sein Handeln stets gewiß ist) am Ende ihres gemeinsamen Weges von Thérèse erfahren. Um wenigstens für einen Augenblick, antwortet sie nach kurzem Zögern, den Ausdruck von Unruhe auf seinem Gesicht zu sehen.
R Georges Franju B François Mauriac, Claude Mauriac, Georges Franju V François Mauriac K Christian Matras M Maurice Jarre A Jacques Chalvet S Gilbert Natot P Eugène Lépicier D Emmanuelle Riva, Philippe Noiret, Edith Scob, Sami Frey, Renée Devillers | F | 109 min | 1:1,66 | sw | 21. September 1962
# 1118 | 29. Mai 2018
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7.9.62
Das Testament des Dr. Mabuse (Werner Klingler, 1962)
Déjà vu: Der wahnsinnige Dr. Mabuse (Wolfgang Preiss) sitzt in einer Zelle der Nervenklinik von Professor Pohland (Walter Rilla) und notiert seine Pläne zur Herrschaft des Verbrechens. Die kriminellen Projekte werden minutiös ausgeführt – doch von wem? … Mit dem Remake des hellseherischen Fritz-Lang-Klassikers von 1933 läuft Produzent Artur Brauner nach zwei belanglosen Mabuse-Trivialisierungen endlich zu großer kleiner Form auf, indem er Werner Klingler eine ironisch-burleske Pulp-Parodie der meisterhaften Vorlage in Szene setzen läßt: Der Erzhalunke lauert wie eine Spinne in einem Netz aus Schatten; Mortimer (Charles Regnier), der Adlatus des phantomhaften Bösewichts, trägt ein keckes Gaunerhütchen und schmaucht noch im Abnippeln Zigarren erster Sorte; Ganoven heißen (ganz plakativ) Paragraphen-Joe oder Lachgas-Frankie, Kurzschluß-Henry oder Jeton-Eddie (»gespielt« von Rolf Eden); es werden Goldtransporter wie Nilpferde gejagt und Diamanten geräubert, es werden Eisenbahnwaggons entführt und Kommissare lustvoll gefoltert; Gert Fröbe (bauernschlau) und Harald Juhnke (begriffsstutzig) verkörpern die Repräsentanten von Recht und Ordnung, die (ohne sich mit kriminalistischem Ruhm bekleckert zu haben) das Böse schließlich im Sumpf versinken sehen … vorerst, wie man vermuten darf. Anders als das Original will die Neuverfilmung nicht metaphorisch über ihre Zeit sprechen, nicht sinnbildlich die reale Welt reflektieren. »Das Testament des Dr. Mabuse« kreiert bewußt eine parallele Zeit, eine imaginäre Welt – und setzt den zerstörerischen Irrwitz menschlichen Strebens als quatschiges Possenspiel in Szene.
R Werner Klingler B Ladislas Fodor, Robert A. Stemmle V Norbert Jacques, Thea von Harbou K Albert Benitz M Raimund Rosenberger A Helmut Nentwig, Paul Markwitz S Walter Wischniewsky P Artur Brauner D Gert Fröbe, Wolfgang Preiss, Charles Regnier, Helmut Schmid, Walter Rilla, Senta Berger | BRD & F & I | 88 min | 1:1,66 | sw | 7. September 1962
R Werner Klingler B Ladislas Fodor, Robert A. Stemmle V Norbert Jacques, Thea von Harbou K Albert Benitz M Raimund Rosenberger A Helmut Nentwig, Paul Markwitz S Walter Wischniewsky P Artur Brauner D Gert Fröbe, Wolfgang Preiss, Charles Regnier, Helmut Schmid, Walter Rilla, Senta Berger | BRD & F & I | 88 min | 1:1,66 | sw | 7. September 1962
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Thriller
6.9.62
Cronaca familiare (Valerio Zurlini, 1962)
Tagebuch eines Sünders
Die melodramatische Geschichte eines florentinischen Brüderpaars zwischen zwei Kriegsenden: am Ende des Ersten Weltkriegs ist Enrico acht Jahre alt, und Lorenzo wurde gerade geboren, am Ende des Zweiten Weltkriegs stirbt Lorenzo an einer rätselhaften Krankheit, und Enrico erinnert sich wehmütig an Stationen ihrer ambivalenten Beziehung. Während der Ältere nach dem frühen Tod der Mutter von der liebevollen Großmutter in ärmlichen Verhältnissen großgezogen wird und sein karges Brot späterhin als systemkritischer Journalist in Rom verdient, wächst der Jüngere unter der Obhut des dünkelhaften Butlers eines begüterten Engländers auf, ohne je seinen Platz im Leben zu finden. Valerio Zurlini blendet die konkreten historischen Umstände der Erzählung – faschistische Diktatur und katastrophales Kriegsgeschehen – weitgehend aus, stilisiert die Orte der episodischen Handlung zu bühnenhaften (von Giuseppe Rotunno im Geist der pittura metafisica fotografierten) Szenerien, konzentriert sich auf das gleichermaßen von Distanz, Entfremdung, Zerrissenheit wie von Intimität, Vertrauen, Zärtlichkeit geprägte Verhältnis der Brüder: Enrico (einfühlsam-resignativ: Marcello Mastroianni) und Lorenzo (verzweifelt-optimistisch: Jacques Perrin) scheinen einander in der Begegnung so fern, so nah wie im Getrenntsein.
R Valerio Zurlini B Valerio Zurlini, Mario Missiroli, Vasco Pratolini V Vasco Pratolini K Giuseppe Rotunno M Goffredo Petrassi A Flavio Mogherini S Mario Serandrei P Goffredo Lombardo D Marcello Mastroianni, Jacques Perrin, Sylvie, Salvo Randone | I & F | 113 min | 1:1,85 | f | 6. September 1962
# 1165 | 10. Juli 2019
Die melodramatische Geschichte eines florentinischen Brüderpaars zwischen zwei Kriegsenden: am Ende des Ersten Weltkriegs ist Enrico acht Jahre alt, und Lorenzo wurde gerade geboren, am Ende des Zweiten Weltkriegs stirbt Lorenzo an einer rätselhaften Krankheit, und Enrico erinnert sich wehmütig an Stationen ihrer ambivalenten Beziehung. Während der Ältere nach dem frühen Tod der Mutter von der liebevollen Großmutter in ärmlichen Verhältnissen großgezogen wird und sein karges Brot späterhin als systemkritischer Journalist in Rom verdient, wächst der Jüngere unter der Obhut des dünkelhaften Butlers eines begüterten Engländers auf, ohne je seinen Platz im Leben zu finden. Valerio Zurlini blendet die konkreten historischen Umstände der Erzählung – faschistische Diktatur und katastrophales Kriegsgeschehen – weitgehend aus, stilisiert die Orte der episodischen Handlung zu bühnenhaften (von Giuseppe Rotunno im Geist der pittura metafisica fotografierten) Szenerien, konzentriert sich auf das gleichermaßen von Distanz, Entfremdung, Zerrissenheit wie von Intimität, Vertrauen, Zärtlichkeit geprägte Verhältnis der Brüder: Enrico (einfühlsam-resignativ: Marcello Mastroianni) und Lorenzo (verzweifelt-optimistisch: Jacques Perrin) scheinen einander in der Begegnung so fern, so nah wie im Getrenntsein.
R Valerio Zurlini B Valerio Zurlini, Mario Missiroli, Vasco Pratolini V Vasco Pratolini K Giuseppe Rotunno M Goffredo Petrassi A Flavio Mogherini S Mario Serandrei P Goffredo Lombardo D Marcello Mastroianni, Jacques Perrin, Sylvie, Salvo Randone | I & F | 113 min | 1:1,85 | f | 6. September 1962
# 1165 | 10. Juli 2019
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Florenz,
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Mastroianni,
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Tod,
Zurlini,
Zweiter Weltkrieg
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