13.7.47

In jenen Tagen (Helmut Käutner, 1947)

Das Land ist eine Trümmerwüste. Kriegskrüppel durchwandern den Schutt. Zeit nach dem Ende der Zeit. Gibt es noch Menschen? Hat es je welche gegeben? Sinnlos erscheint es den Überlebenden, angesichts der totalen Katastrophe den Versuch zu unternehmen, äußere und innere Ordnung zu schaffen. Ein toter Gegenstand meldet sich zu Wort, ein schrottreifes Auto (es spricht mit der Stimme des Regisseurs Helmut Käutner) will berichten, nicht von großen Ereignissen, nicht von Helden, nur von ein paar Schicksalen, von ein paar Menschen, denen es begegnet ist, damals … Der Titel des ersten westdeutschen Nachkriegsfilms sagt viel, wenn nicht alles: Zwölf Jahre mörderischer Diktatur werden zu »jenen Tagen« – das klingt nach dämmerigem Mythos, nach ferner Vorgeschichte, nach geheimnisvollem Unglück. Käutner stellt sich denn auch nicht dem Bösen, der Schuld, dem konkreten Verbrechen, stattdessen spricht er vom Guten, von der Hilflosigkeit, von einer allgemeinen Menschlichkeit, die es auch (und gerade) in »dunkler Zeit« gegeben haben muß. In sieben Episoden, die zwischen dem 30. Januar 1933 und dem Zusammenbruch 1945 spielen, sucht der Film fast verzweifelt nach Bildern vom richtigen Leben im falschen, wühlt nach positiven Bruchstücken von Biographien wie nach nutzbaren Gegenständen im Scherbenhaufen: »Die Zeit war stärker als sie, aber ihre Menschlichkeit war stärker als die Zeit.« Das Schlußkapitel versammelt einen Mann namens Josef, eine Frau namens Marie und ein Kind in einer Scheune. In den Ruinen blühen die Sträucher. Die Hoffnung stirbt zuletzt … Der trotzige Glaube an eine ewige Humanitas und die kaum verhüllte Abgespanntheit der Schauspieler machen »In jenen Tagen« – bei allem aufdringlichen Symbolismus und aller Schlichtheit des historischen Denkens – zu einem erhellenden Zeitdokument der deutschen Befindlichkeit nach dem Sprung in den Abgrund.

R Helmut Käutner B Helmut Käutner, Ernst Schnabel K Igor Oberberg M Bernhard Eichhorn A Herbert Kirchhoff S Wolfgang Wehrum P Helmut Käutner D Winnie Markus, Werner Hinz, Alice Treff, Ida Ehre, Carl Raddatz, Bettina Moissi | (W) | 98 min | 1:1,37 | sw | 13. Juni 1947

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