14.10.69

La caduta degli dei (Luchino Visconti, 1969)

Die Verdammten

Deutschland – ein Nazimärchen, eine Götterdämmerung, eine Seifenoper (sehr, sehr teure Seife). Die von Essenbecks (≈ die Krupp von Bohlen und Halbachs) auf dem Weg in die Hölle; die Öfen des Ruhrgebiets als funkensprühende Vorboten der Öfen von Auschwitz – Stahl und Rauch: die Elemente des Bösen. Luchino Viscontis schrill-melodramatischer »Verfall einer Familie« handelt von Raffgier, Geltungsdrang und Machtmißbrauch unter (einfluß-)reichen Leuten, vom inzestuös-verbrecherischen Lustprinzip, das dem (groß-)bürgerlichen Arbeitsethos genealogisch auf dem Fuße folgt. Das beeindruckende internationale Ensemble – Berger, Bogarde, Griem, Kolldehoff, Orsini, Rampling, Thulin, Schönhals – zelebriert die Selbstauslöschung einer Sippe, einer Nation, einer Kultur im Zeichen des Faschismus als bavaesk illuminierten Spukhaus-Horror, als faustdick aufgetragene Verwesungstravestie. Maurice Jarres (selbst-)parodistisch plärrender, stampfender Epos-Soundtrack, die stochernden, rührenden Zooms der ruhelosen Kamera erscheinen als kinematographische Entsprechung der dargestellten gesellschaftlichen Dekadenzerscheinungen. Mag der historisch-analytische Mehrwert des fiebrig-exaltierten Films auch zweifelhaft bleiben, gerade wegen der bewußten gestalterischen Ver- und Überzeichnungen verdient »La caduta degli dei« Beachtung – und ist dabei so unterhaltsam wie eine gute (oder auch schlechte) Kolportage. 

 
R
Luchino Visconti B Luchino Visconti, Nicola Badalucco, Enrico Medioli K Pasqualino De Santis, Armando Nannuzzi M Maurice Jarre A Vincenzo Del Prato S Ruggero Mastroianni P Ever Haggiag, Alfred Levy D Ingrid Thulin, Dirk Bogarde, Helmut Berger, Charlotte Rampling, Helmut Griem | I & BRD | 156 min | 1:1,66 | f | 14. Oktober 1969

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