6.3.42

To Be or Not to Be (Ernst Lubitsch, 1942)

Sein oder Nichtsein

»They named a brandy after Napoleon, they made a herring out of Bismarck, and the Führer is going to end up as a piece of cheese!« Warschau im Zweiten Weltkrieg – eine Theater-Truppe verhindert die geplante Eliminierung der polnischen Untergrundbewegung durch die deutschen Besatzer: Erstklassige Schmiere triumphiert über brutales Overacting. Ernst Lubitschs zauberhaft-kraftvollem Polit-Vaudeville »To Be or Not to Be« gelingt im Kino mit maliziöser Leichtigkeit, wofür in der Realität ein hoher Blutzoll verlangt wird: Hitler und die Nationalsozialisten an die Wand zu spielen. Das glamourös-eitle Bühnenkünstler-Ehepaar Maria und Josef Tura (ingeniös verkörpert von Screwball-Heroine Carole Lombard und Comedy-Star Jack Benny) sowie ihre kämpferischen Partner ridikülisieren nicht nur mit Grandezza das Wüten des Diktators (»just a man with a little mustache«) und seiner infam-törichten Schergen (Sig Ruman als mord(s)lustiger Gestapo-Chef ›Concentration Camp‹ Ehrhardt!), sie bezeugen auch eine von Felix Bressart alias ›Greenberg‹ formulierte ewige Wahrheit: »A laugh is nothing to be sneezed at.«

R Ernst Lubitsch B Edwin Justus Mayer K Rudolph Maté M Werner R. Heymann A Vincent Korda S Dorothy Spencer P Ernst Lubitsch D Carole Lombard, Jack Benny, Robert Stack, Felix Bressart, Sig Ruman | USA | 99 min | 1:1,37 | sw | 6. März 1942

3.3.42

Der große König (Veit Harlan, 1942)

»Sing, o Gesang, den Krieg …« Die Preußen (in Schwarz) kommen von links, die Österreicher (in Weiß) kommen von rechts. Dazwischen Pulverdampf, Kanonenblitze und die Mühle von Kunersdorf, die malerisch in Flammen aufgeht. Friedrich der Große verliert die Bataille, das Land steht am Abgrund, die Generals rufen nach Waffenstillstand. Für den ›Alten Fritz‹ (Otto Gebühr) aber gibt es nur Triumph oder Tod: Was zählt das Leben von Soldaten, wenn es um das Leben von Preußen geht? Krieg führt der Monarch schließlich nicht zu seinem Vergnügen (auch wenn er schon mal mit glühenden Augen von »Mauern aus Leibern« schwärmt, die seine Frontkämpfer aufbauen sollen), sondern um den Frieden zu sichern – viel lieber würde er in Sanssouci ein gutes Buch lesen oder die geliebte Flöte spielen, wären da nur nicht die lästigen »historischen Notwendigkeiten« … Unter strenger Kontrolle des Propagandaministers müht sich Veit Harlan, ein monumentales Schlachtenpanorama in jener akademisch-pseudorealistischen Manier, die Despoten so lieben, auf die Leinwand zu malen – wobei gleichnishafte Anklänge an die politische und militärische Situation sowie die allgemeine Gemütslage im Jahre 1942 so unüberhörbar sind wie die Posaunen von Jericho. Trotz des beeindruckenden Aufwandes an Mensch und Material kommt »Der große König« jedoch eher einer überlangen Wochenschau aus dem Siebenjährigen Krieg gleich als einem aufwühlenden nationalen Heldenepos. Zu leblos bleiben die holzschnittartigen Charaktere – die Draufgänger und Kriegsbräute, die Drückeberger und Intriganten, die Bedenkenträger und Schwärmer –, zu hörbar raschelt das Eichenlaub durch die gestanzten Dialoge. Die zentrale Figur des Fridericus Rex kennt dabei nur zwei (gleichermaßen enervierende) Tonlagen: das vorwurfsvolle Jammern des unverstandenen Einzelgängers und das scharfe Bellen des genialen Führers. Gegen Ende des Films, nach schwer errungenem Sieg, zieht sich der Herrscher zurück, um in aller Stille ein paar Tränen zu verdrücken und (umsäuselt von himmlischen Chören) vom Frieden zu träumen: Gottgleich blickt sein majestätisches Auge durch Wolkengebirge auf pflügende Bauern und wogendes Korn. Wie sagte der König (oder jemand anders) so schön: »Man reiche mir mein Kotzkübelchen.«

R Veit Harlan B Veit Harlan K Bruno Mondi M Hans-Otto Borgmann A Erich Zander, Karl Machus S Friedrich Karl von Puttkammer P Veit Harlan D Otto Gebühr, Kristina Söderbaum, Gustav Fröhlich, Hans Nielsen, Paul Wegener | D | 118 min | 1:1,37 | sw | 3. März 1942