10.10.57

Jonas (Ottomar Domnick, 1957)

»die stadt ist leer / sie hat keine bäume / und kein gelächter / sie ist ausgestorben / wenn der morgen graut / und du suchst einen / irgendeinen / einen mann namens Jonas« – Ottomar Domnick ist eine der originellsten Erscheinungen der deutschen Filmgeschichte: Chef einer psychiatrischen Privatklinik, Freund und Förderer moderner Kunst, intellektueller Nonkonformist, passionierter Cinéast. Inspiriert von abstrakter Malerei und absurder Literatur, gleicht »Jonas«, Domnicks erstes abendfüllendes Filmwerk, der klinischen Beobachtung einer Entfremdung: der Titelheld (Robert Graf) verliert sich in einem Strudel aus alter Schuld und akuter Angst – sein Schicksal wird zum Spiegel einer prosperierenden Gesellschaft auf der Flucht vor den Gespenstern der Vergangenheit. Stuttgart liefert die abweisend-großstädtische Kulisse, Hans Magnus Enzensberger den im gefühlskühlen Sound der 1950er Jahre gehaltenen Kommentartext; die harte Schwarzweiß-Kamera (Andor von Barsy) zerlegt die wirtschaftswunderbare Bundesrepublik fachgerecht in optische Chiffren und treffende Sinnbilder. – »Jonas ist einer von uns / ein mann mit vielen schatten / ein mann ohne antwort«

R Ottomar Domnick B Ottomar Domnick, Hans Magnus Enzensberger K Andor von Barsy M Duke Ellington, Winfried Zillig S Gertrud Petermann P Ottomar Domnick D Robert Graf, Elisabeth Bohaty, Dieter Eppler, Willy Reichmann | BRD | 84 min | 1:1,37 | sw | 10. Oktober 1957

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen