16.10.61

Såsom i en spegel (Ingmar Bergman, 1961)

Wie in einem Spiegel

»Die Realität zerbrach, und ich fiel heraus. Alles kann passieren. Alles!« Die Suche nach Gott als Schußfahrt in den Wahnsinn: Mittsommer auf einer Insel in der Ostsee. Die vier Protagonisten der Erzählung – eine Frau und drei Männer – steigen aus dem Meer. Ingmar Bergman entwickelt mit ihnen in einer Nacht und einem Tag eine komplexe (familiäre) Konstellation: Karin (Harriet Andersson) leidet (wohl unheilbar) an Schizophrenie, ihr Vater David (Gunnar Björnstrand), ein ausgebrannter Schriftsteller, interessiert sich für den geistigen Zerfall der Tochter vornehmlich aus künstlerischem Verwertungsdrang, ihr Ehemann Martin (Max von Sydow), ein unterkühlter Arzt, betrachtet seine Frau als Patientin, ihr kleiner Bruder Minus (Lars Passgård), verwirrt von den körperlichen und seelischen Verwerfungen der Pubertät, will der Schwester helfen – und weiß doch nicht wie… Hinter der floral ornamentierten Tapete eines leeren Dachstübchens vernimmt Karin Stimmen, die von der baldigen Ankunft eines liebenden Gottes flüstern. Die erwartungsvoll Hörende gerät in Extase, doch als sich ihr der Allmächtige schließlich offenbart, wendet sie sich schreiend ab – zu schrecklich erscheinen das steinerne Gesicht, die Kälte der Augen: »Ich habe Gott gesehen.« In einem deklamatorischen Epilog räsoniert der geläuterte Vater über seine Hoffnung auf die Liebe als Gottesbeweis in der menschlichen Welt, eine Zuversicht, die auch seinen verzweifelten Sohn tröstet: »Papa hat mit mir gesprochen.« Differenziert gespielt und im Zwielicht der herben nördlichen Landschaft eindrucksvoll und nuanciert fotografiert (Kamera: Sven Nykvist), bleibt »Såsom i en spegel« dennoch eher thesenhafte Familienaufstellung denn beseeltes Drama – die Leere verwandelt sich nicht in Fülle…

R Ingmar Bergman B Ingmar Bergman K Sven Nykvist M Erik Nordgren A P. A. Lundgren S Ulla Ryghe P Allan Ekelund D Harriet Andersson, Gunnar Björnstrand, Max von Sydow, Lars Passgård | S | 89 min | 1:1,37 | sw | 16. Oktober 1961

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