Posts mit dem Label Frank Beyer werden angezeigt. Alle Posts anzeigen
Posts mit dem Label Frank Beyer werden angezeigt. Alle Posts anzeigen

15.6.66

Spur der Steine (Frank Beyer, 1966)

»Mit Ihnen würde ich mir sogar ’nen DEFA-Film angucken.« Kabale und Liebe, Parteibürokratie und sozialistische Moral, Planwahn und Selbsthelfertum auf der fiktiven DDR-Großbaustelle Schkona (≈ Schkopau + Leuna) Anfang der 1960er Jahre, dargeboten in kraftvoll-schwarzweißen Totalvision-Bildern. Im Kern die Dreiecksgeschichte zwischen dem beruflich kämpferischen, privat hasenherzigen Parteisekretär Horrath (Eberhard Esche), dem äußerlich aufmüpfigen, innerlich untadeligen Brigadier Balla (Manfred Krug) und der herb-zarten, idealistisch-pragmatischen Ingenieurin Katie Klee (Krystyna Stypułkowska), irisiert Frank Beyers Adaption des gleichnamigen Aufbau-, Bildungs- und Erziehungsromans von Erik Neutsch zwischen lebensnahem Arbeiterwestern und ideologischem Thesenstück, zwischen sachlicher Romanze und deftigem Sittenpanorama … Zehn Gebote für den neuen sozialistischen Menschen postulierte der spitzbärtige Generalsekretär der Einheitspartei, unter anderem: »Du sollst sauber und anständig leben.« Doch die Verhältnisse, sie sind nicht so. Es irrt der Mensch, solang er strebt – auch wenn über ihm die rote Fahne weht. »Spur der Steine« gelingt das Kunststück, die kindliche Wunschvorstellung von der unerschütterlich linientreuen sozialistischen Persönlichkeit zu desavouieren und dennoch nicht den betonfesten Glauben an die unvermeidliche Verbesserung der Menschheit zu verlieren. Horrath, Balla, Klee mögen dabei wegen ihrer selbstkritischen Fehlbarkeit mutmachende Beispiele abgeben – doch am Ende werden es mediokre Figuren wie der von SED-Apparatschik Hans-Peter Minetti verkörperte SED-Apparatschik Bleibtreu sein, die bellend den Ton angeben, die nimmermüde den Marsch blasen, die ein theoretisches Modell gegen jede Wirklichkeit und gegen alle Projektierungsfehler für real-existierend erklären.

R Frank Beyer B Karl Georg Egel, Frank Beyer V Erik Neutsch K Günter Marczinkowsky M Wolfram Heicking A Harald Horn S Hildegard Conrad P Dieter Dormeier D Manfred Krug, Eberhard Esche, Krystyna Stypułkowska, Johannes Wieke, Walter Jupé | DDR | 139 min | 1:2,35 | sw | 15. Juni 1966

8.6.62

Königskinder (Frank Beyer, 1962)

Es beginnt in den frühen 1930er Jahren in Berlin und endet kurz vor Kriegsende auf einem Flugplatz bei Moskau: Ein aufrechter Kommunist (Armin Mueller-Stahl) und eine Kleinbürgertochter (Annekathrin Bürger), die ihr Leben und Streben später ebenfalls der großen Sache widmet, haben einander so lieb, werden aber von den Zeitläuften immer wieder auseinandergerissen; ein Dritter (Ulrich Thein) steht erst im Abseits, geht dann zur SA, um im entscheidenden Moment seine menschliche (= rote) Seite zu entdecken. Frank Beyers »Königskinder« diffundiert zwischen lyrisch-melodramatischer Ballade und hochmoralisch unterfüttertem Kriegsfilm. Die Bilder (Günter Marczinkowsky) vermeiden dabei jeden Naturalismus zugunsten einer attraktiven, symbolisch-präziösen Zuspitzung. Zwischendurch singen immer mal wieder die Thomaner, um daran zu erinnern, daß das Wasser viel zu tief ist. »Königskinder«: ein formal exquisiter, erzählerisch konsequent linksgestrickter Musterfall von pathetischer Romantik, kämpfender Kunst, einfacher Wahrheit.

R Frank Beyer B Walter Gorrish, Edith Gorrish K Günter Marczinkowsky M Joachim Werzlau A Alfred Hirschmeier S Anneliese Hinze-Sokolowa P Hans Mahlich D Annekathrin Bürger, Armin Mueller-Stahl, Ulrich Thein, Marga Legal, Betty Loewen | DDR | 89 min | 1:1,37 | sw | 8. Juni 1962

3.11.60

Fünf Patronenhülsen (Frank Beyer, 1960)

»Genossen im Graben: Singt alle mit!« Eine abenteuerliche Strophe aus dem Heldenepos der Linken: Fünf Interbrigadisten schlagen sich im Spanischen Bürgerkrieg durch die franquistischen Linien, um eine wichtige Botschaft ihres erschossenen Kommissars (gütig und resolut: Erwin Geschonneck) zu ihrem Stab zu bringen. Die Hitze ist gnadenlos, der Feind ist bitterböse, der Durst ist grausam. Selten sahen kommunistische Klischeebider von übermenschlichem Mut, eiserner Disziplin, unsterblichen Opfern und proletarischem Internationalismus so verlockend gut aus wie in Frank Beyers »Fünf Patronenhülsen«. Die meisterlich herbe Schwarzweiß-Kamera (Günter Marczinkowsky) setzt extreme Close-Ups der ausgedörrten Gesichter (Krug, Marian, Mueller-Stahl, Naumann, Schwill) gegen weite Totalen der ausge­dörrten Landschaft. Die Dialoge sind bedeutungsvoll karg, die Musik ist wirksam verknappt, die über­mittelte Botschaft ist bemerkenswert schlicht: »Bleibt zusammen, dann werdet ihr leben.« Die Sonne der Täuschung schien über Spanien besonders schön.

R Frank Beyer B Walter Gorrish K Günter Marczinkowsky M Joachim Werzlau A Alfred Hirschmeier S Evelyn Thieme P Willi Teichmann D Erwin Geschonneck, Ulrich Thein, Armin Mueller-Stahl, Manfred Krug, Ernst-Georg Schwill | DDR | 87 min | 1:1,37 | sw | 3. November 1960