Der Teufel mit der weißen Weste
»Il faut choisir. Mourir … ou mentir?« Jean-Pierre Melvilles resignative Studie über Vertrauen und Zweifel gleicht einem Melodram unter Gangstern: Silien (Jean-Paul Belmondo), der Clever-Zwielichtige, und Faugel (Serge Reggiani), der Einfältig-Mißtrauische, diese beiden, die sich tief im Herzen wirklich mögen, können zusammen nicht kommen – immerhin ist die Dramaturgie so gnädig, sie am Schluß miteinander zu vereinen … Die schwarzweißen Bilder, in die Nicolas Hayer (der schon Clouzots »Le corbeau« und Cocteaus »Orphée« fotografierte) diese nächtliche Erzählung vom Lügen und Sterben faßt, sind bald klar und kontrastreich, ganz ohne Zwischentöne, gerade so als wären Hell und Dunkel, Gut und Böse tatsächlich zu unterscheiden, bald wieder verschwimmen sie grau in grau, als wollten sie die Ambivalenz der diffusen Charaktere bezeugen. Gewißheit, so stellt es sich dar, ist nur im Tod zu erlangen, und die Wahrheit wurde unter einer Gaslaterne in der Vorstadt vergraben. Melville erzeugt Spannung, indem er sich wie ein Verdächtiger bei der Polizei verhält und wichtige Informationen manipulativ verschweigt; formal scheint er (noch) ganz seinen Vorbildern verpflichtet zu sein: dem galligen Tonfall des amerikanischen film noir und dem romantischen Fatalismus des französischen Vorkriegsfilms – »Le doulos« bildet gleichsam die Rampe zu den eisigen Meisterwerken seiner kommenden blaugrauen Periode.
R Jean-Pierre Melville B Jean-Pierre Melville V Pierre Lesou K Nicolas Hayer M Paul Misraki A Daniel Guéret S Monique Bonnot P Georges de Beauregard, Carlo Ponti D Jean-Paul Belmondo, Serge Reggiani, Jean Desailly, Michel Piccoli, Fabienne Dali | F & I | 108 min | 1:1,66 | sw | 13. Dezember 1962
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