Remigrant Robert Siodmak verwandelt Gerhart Hauptmanns naturalistische Tragikomödie nicht ungeschickt in ein bühnenhaft-düsteres Nachkriegsmelodrama um Kinderwunsch, Käuflichkeit und kalte Herzen, das von einem hervorragenden Ensemble souverän über die eine oder andere inhaltliche Unwahrscheinlichkeit hinweggetragen wird: Heidemarie Hatheyer als berechnende Wäschereibesitzerin, Gustav Knuth als kumpelhafter Fuhrunternehmer, Curd Jürgens als verlotterter Tunichtgut, Maria Schell als herumgeschubstes Flüchtlingsmädchen. Die poetisch-realistische Kamera (Göran Strindberg) sowie das Hauptmotiv des Films, eine mit abgelegten Möbeln vollgestopfte Speditionshalle, veranschaulichen recht stimmig die gefühlsmäßige Unbehaustheit der Ära – und ihre traurige Sehnsucht nach Beständigkeit und Nestwärme.
R Robert Siodmak B Jochen Huth V Gerhart Hauptmann K Göran Strindberg M Werner Eisbrenner A Rolf Zehetbauer, Hans-Jürgen Kiebach S Ira Oberberg, Klaus M. Eckstein P Artur Brauner D Maria Schell, Curd Jürgens, Heidemarie Hatheyer, Gustav Knuth, Ilse Steppat | BRD | 97 min | 1:1,37 | sw | 28. Juni 1955
28.6.55
24.6.55
Moonfleet (Fritz Lang, 1955)
Das Schloß im Schatten
»Make your way to Moonfleet.« Ein märchenhafter (Abenteuer-)Film über Gräber und Geister, Unschuld und Niedertracht, Eigennützigkeit und Vertrauen, eine schwarzromantische (Kinder-)Geschichte von Schatzsuche und Einsamkeit, von alten Wunden und noch älteren Geheimnissen, vom falschen Glanz der Oberflächen und vom tiefen Brunnen der Wahrheit. England, 1757: der Waisenknabe John Mohune (Jon Whiteley) kommt in das entlegene Küstendorf Moonfleet, um bei Jeremy Fox (Stewart Granger), dem früheren Verehrer seiner Mutter, Aufnahme zu suchen. Fox, der das marode Anwesen der einstmals reichen Familie Mohune bewohnt, gibt sich alle Mühe, den Ankömmling auf Abstand zu halten, ist er doch keineswegs der Ehrenmann, den der anhängliche John in ihm sehen will, sondern, im Pakt mit einem schurkischen Aristokraten (George Sanders), heimlicher Anführer einer Schmugglerbande. Fritz Lang schickt seinen halbwüchsigen Protagonisten auf eine Initiationsreise durch düstere (Studio-)Landschaften, vorbei an toten Bäumen, glotzenden Statuen, justament Gehenkten, in brausende Stürme, konspirative Stuben, unheimliche Gewölbe. Am Ende des gefahrvollen Weges findet der innige Wunsch des Jungen nach ersatzväterlicher Freundschaft so etwas wie späte Erfüllung, wenn auch die ersehnte Gemeinschaft nur im Moment des unwiderruflichen Abschieds Wirklichkeit werden kann. »The exercise was beneficial.«
R Fritz Lang B Jan Lustig, Margaret Fitts V John Meade Falkner K Robert Planck M Miklós Rózsa A Cedric Gibbons, Hans Peters S Albert Akst P John Houseman D Jon Whiteley, Stewart Granger, George Sanders, Joan Greenwood, Viveca Lindfors | USA | 87 min | 1:2,35 | f | 24. Juni 1955
# 1140 | 3. Januar 2019
»Make your way to Moonfleet.« Ein märchenhafter (Abenteuer-)Film über Gräber und Geister, Unschuld und Niedertracht, Eigennützigkeit und Vertrauen, eine schwarzromantische (Kinder-)Geschichte von Schatzsuche und Einsamkeit, von alten Wunden und noch älteren Geheimnissen, vom falschen Glanz der Oberflächen und vom tiefen Brunnen der Wahrheit. England, 1757: der Waisenknabe John Mohune (Jon Whiteley) kommt in das entlegene Küstendorf Moonfleet, um bei Jeremy Fox (Stewart Granger), dem früheren Verehrer seiner Mutter, Aufnahme zu suchen. Fox, der das marode Anwesen der einstmals reichen Familie Mohune bewohnt, gibt sich alle Mühe, den Ankömmling auf Abstand zu halten, ist er doch keineswegs der Ehrenmann, den der anhängliche John in ihm sehen will, sondern, im Pakt mit einem schurkischen Aristokraten (George Sanders), heimlicher Anführer einer Schmugglerbande. Fritz Lang schickt seinen halbwüchsigen Protagonisten auf eine Initiationsreise durch düstere (Studio-)Landschaften, vorbei an toten Bäumen, glotzenden Statuen, justament Gehenkten, in brausende Stürme, konspirative Stuben, unheimliche Gewölbe. Am Ende des gefahrvollen Weges findet der innige Wunsch des Jungen nach ersatzväterlicher Freundschaft so etwas wie späte Erfüllung, wenn auch die ersehnte Gemeinschaft nur im Moment des unwiderruflichen Abschieds Wirklichkeit werden kann. »The exercise was beneficial.«
R Fritz Lang B Jan Lustig, Margaret Fitts V John Meade Falkner K Robert Planck M Miklós Rózsa A Cedric Gibbons, Hans Peters S Albert Akst P John Houseman D Jon Whiteley, Stewart Granger, George Sanders, Joan Greenwood, Viveca Lindfors | USA | 87 min | 1:2,35 | f | 24. Juni 1955
# 1140 | 3. Januar 2019
7.6.55
The Cobweb (Vincente Minnelli, 1955)
Die Verlorenen
Die Welt ist nicht nur eine Bühne, die Welt ist auch ein Irrenhaus. »The Cobweb«, Vincente Minnellis knallige tragicomedy of manners, spielt in einer Privatklinik für gehobene Verrückte, wo die Ärzte kaum von den Patienten zu unterscheiden sind. Scharf akzentuiert von Leonard Rosenmans dissonant-hysterischem Score, entwickelt sich aus einer Lappalie – einem Zwist über die Ausstattung des Salons mit neuen Vorhängen – peu à peu eine Krise der Beziehungen und Identitäten, die das empfindliche Gleichgewicht des menschlichen Miteinanders völlig aus den Fugen geraten läßt. Masken zerbrechen, beschädigte Seelen kommen zum Vorschein: Der helfersyndromatische Chefarzt (Richard Widmark) flüchtet vor seiner ihm entfremdeten Frau (Gloria Grahame) in besessene Arbeit, während sie, so quirlig wie einsam, ihr Heil in blindem (und beinahe todbringendem) Aktionismus sucht; die altgediente Verwaltungsleiterin (Lilian Gish) überspielt ihre Unsicherheit durch diktatorische Fürsorge; der kultivierte Ex-Klinikdirektor (Charles Boyer) versucht, seine latente Altersdepression mit Alkohol und Seitensprüngen zu kurieren. In diesem Grand Hotel der Neurosen haben die »Kranken« (unter ihnen Susan Strasberg, John Kerr und Oscar Levant) den »Gesunden« immerhin das Bewußtsein ihrer inneren Zwangslage voraus.
R Vincente Minnelli B John Paxton V William Gibson K George Folsey M Leonard Rosenman A Preston Ames, Cedric Gibbons S Harold F. Kress P John Houseman D Richard Widmark, Lauren Bacall, Gloria Grahame, Lilian Gish, Charles Boyer | USA | 134 min | 1:2,35 | f | 7. Juni 1955
Die Welt ist nicht nur eine Bühne, die Welt ist auch ein Irrenhaus. »The Cobweb«, Vincente Minnellis knallige tragicomedy of manners, spielt in einer Privatklinik für gehobene Verrückte, wo die Ärzte kaum von den Patienten zu unterscheiden sind. Scharf akzentuiert von Leonard Rosenmans dissonant-hysterischem Score, entwickelt sich aus einer Lappalie – einem Zwist über die Ausstattung des Salons mit neuen Vorhängen – peu à peu eine Krise der Beziehungen und Identitäten, die das empfindliche Gleichgewicht des menschlichen Miteinanders völlig aus den Fugen geraten läßt. Masken zerbrechen, beschädigte Seelen kommen zum Vorschein: Der helfersyndromatische Chefarzt (Richard Widmark) flüchtet vor seiner ihm entfremdeten Frau (Gloria Grahame) in besessene Arbeit, während sie, so quirlig wie einsam, ihr Heil in blindem (und beinahe todbringendem) Aktionismus sucht; die altgediente Verwaltungsleiterin (Lilian Gish) überspielt ihre Unsicherheit durch diktatorische Fürsorge; der kultivierte Ex-Klinikdirektor (Charles Boyer) versucht, seine latente Altersdepression mit Alkohol und Seitensprüngen zu kurieren. In diesem Grand Hotel der Neurosen haben die »Kranken« (unter ihnen Susan Strasberg, John Kerr und Oscar Levant) den »Gesunden« immerhin das Bewußtsein ihrer inneren Zwangslage voraus.
R Vincente Minnelli B John Paxton V William Gibson K George Folsey M Leonard Rosenman A Preston Ames, Cedric Gibbons S Harold F. Kress P John Houseman D Richard Widmark, Lauren Bacall, Gloria Grahame, Lilian Gish, Charles Boyer | USA | 134 min | 1:2,35 | f | 7. Juni 1955
Labels:
Bacall,
Boyer,
Drama,
Gesellschaft,
Klinik,
Krankheit,
Vincente Minnelli,
Widmark
1.6.55
The Seven Year Itch (Billy Wilder, 1955)
Das verflixte 7. Jahr
»What blond in the kitchen?« – »Oh, wouldn’t you like to know! Maybe it’s Marilyn Monroe!« Was macht der typische New Yorker im Hochsommer, wenn er Frau und Kind in den Urlaub nach Maine geschickt hat? Er versucht – bei brütender Hitze –, das girl next door flachzulegen. Richard Sherman, Verlagslektor für Groschenromane (»I'm the most married man you'll ever know.« – Tom Ewell), und die namenlose Turboblondine, die im Fernsehen Werbung für Zahnpasta macht (»I keep my undies in the icebox!« – Marilyn Monroe), bilden das (verhinderte) Traumpaar in Billy Wilders mäßig prickelnder Verführungs-, Ehebruchs- und Sexkomödie, die, wie es sich für ein Hollywood-Erzeugnis in Zeiten des Production Code versteht, auf freien Umgang mit den Themen Verführung, Ehebruch und Sex weitgehend zu verzichten hat. So verlegt Wilder notgedrungen all das, was nicht passieren darf, in die bunte (gleichwohl recht gehemmte) Phantasiewelt des brünstigen Protagonisten (»Lately you’ve begun to imagine in CinemaScope ... with stereophonic sound.«) – dabei gelingt es ihm immerhin, die Figur des begehrten Mädchens mit der Starpersona der prominenten Darstellerin so konsequent zur Deckung zu bringen, daß beide gleichermaßen als wunschbildhafte Projektion erscheinen, die dem unterdrückten Verlangen des Durchschnittsmannes in mittleren Jahren entspringt.
R Billy Wilder B Billy Wilder, George Axelrod V George Axelrod K Milton Krasner M Alfred Newman, Sergei Rachmaninow A Lyle Wheeler, George W. Davis S Hugh S. Fowler P Billy Wilder, Charles K. Feldman D Marily Monroe, Tom Ewell, Evelyn Keyes, Sonny Tufts, Oscar Homolka | USA | 105 min | 1:2,35 | f | 1. Juni 1955
»What blond in the kitchen?« – »Oh, wouldn’t you like to know! Maybe it’s Marilyn Monroe!« Was macht der typische New Yorker im Hochsommer, wenn er Frau und Kind in den Urlaub nach Maine geschickt hat? Er versucht – bei brütender Hitze –, das girl next door flachzulegen. Richard Sherman, Verlagslektor für Groschenromane (»I'm the most married man you'll ever know.« – Tom Ewell), und die namenlose Turboblondine, die im Fernsehen Werbung für Zahnpasta macht (»I keep my undies in the icebox!« – Marilyn Monroe), bilden das (verhinderte) Traumpaar in Billy Wilders mäßig prickelnder Verführungs-, Ehebruchs- und Sexkomödie, die, wie es sich für ein Hollywood-Erzeugnis in Zeiten des Production Code versteht, auf freien Umgang mit den Themen Verführung, Ehebruch und Sex weitgehend zu verzichten hat. So verlegt Wilder notgedrungen all das, was nicht passieren darf, in die bunte (gleichwohl recht gehemmte) Phantasiewelt des brünstigen Protagonisten (»Lately you’ve begun to imagine in CinemaScope ... with stereophonic sound.«) – dabei gelingt es ihm immerhin, die Figur des begehrten Mädchens mit der Starpersona der prominenten Darstellerin so konsequent zur Deckung zu bringen, daß beide gleichermaßen als wunschbildhafte Projektion erscheinen, die dem unterdrückten Verlangen des Durchschnittsmannes in mittleren Jahren entspringt.
R Billy Wilder B Billy Wilder, George Axelrod V George Axelrod K Milton Krasner M Alfred Newman, Sergei Rachmaninow A Lyle Wheeler, George W. Davis S Hugh S. Fowler P Billy Wilder, Charles K. Feldman D Marily Monroe, Tom Ewell, Evelyn Keyes, Sonny Tufts, Oscar Homolka | USA | 105 min | 1:2,35 | f | 1. Juni 1955
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