Der Krieg als Vater der Emanzipation: Die heimgekehrten Männer, gebrochen und desillusioniert, kommen mit der neugewonnenen Selbständigkeit ihrer Frauen nicht klar. Luise Ullrich spielt »Eine Frau von heute« mit Verve und antinaturalistischem Charme; ihre erfolgreiche Gemüse-Großhändlerin Toni Bender ist eine 50er-Jahre-Ausgabe der Maria Braun, die Fassbinder ein Vierteljahrhundert später erfinden wird, züchtiger natürlich, nachdenklicher, bescheidener und ohne Pelz – aber vielleicht genau deshalb um einiges authentischer. Als desorientierter Gatte sucht Curd Jürgens sein Heil (vorübergehend) bei einer anderen und steht ansonsten tumb und klobig in den Dekorationen herum – eine bedauerliche Fehlbesetzung in einem ansonsten ansehnlichen Ensemble: Carsta Löck gibt eine frauensolidarische Freundin, die begnadete Annie Rosar eine kupplerische Zimmerwirtin. Paul Verhoeven bleibt inszenatorisch ganz nah bei seinen Akteuren, und wenn Toni auf der Suche nach einer liegengebliebenen Zitronenlieferung Italien bereist, wittert das Adenauerkino sogar ein klein wenig neoveristische Morgenluft. Die wie mit Pattex angeklebte Schlußapotheose des Eheglücks folgt dann wieder dem Reglement des guten, alten deutschen Films.
R Paul Verhoeven B Juliane Kay, Paul Verhoeven K Franz Weihmayr M Fritz Wenneis A Franz Bi, Bruno Monden S Klaus Dudenhöfer P Friedrich A. Mainz D Luise Ullrich, Curd Jürgens, Carsta Löck, Robert Freitag, Annie Rosar | BRD | 95 min | 1:1,37 | sw | 14. April 1954
14.4.54
3.4.54
Monsieur Ripois (René Clément, 1954)
Liebling der Frauen
Die Geschichte eines Verführers, vorgetragen von ihm selbst in Form einer Beichte, die wiederum eine Verführung ist. »Monsieur Ripois« (wehmütig-getrieben: Gérard Philipe), ein Franzose in London, öffnet sein Herz, erzählt sein Leben. Sein Leben, das sind die Frauen (und ihr Geld): die herbe Bürovorsteherin, die empfindsame Naive, die herzensgute Hure, die kultivierte Dame und eben diejenige, der er sich rückhaltlos anvertraut, die ihn – glaubt er, was er sagt? – bessern, retten, erlösen soll. Ripois ist kein wahlloser Aufreißer, er ist ein arme Seele, ein gequälter Tage- und Herzensdieb auf der Flucht vor Langeweile, ein Süchtiger, dessen übermäßiges Verlangen sich weniger auf die Objekte der Begierde richtet als auf den Akt des Eroberns selbst, ein trauriger Don Juan, der alle lieben will, aber niemanden lieben kann, nicht einmal sich selbst. René Cléments melancholische Komödie hält bis zur bösen Pointe meisterlich die Waage zwischen Leichtigkeit und Schwermut, vermeidet achtsam jede abgedroschene Psychologisierung; Gérard Philipes differenzierte Darstellung legt einfühlsam Begeisterung und Fragilität, Ehrlichkeit und Verlogenheit des Protagonisten bloß. Zur besonderen Qualität dieses höchst verführerischen englischen Films mit französischem Akzent trägt entscheidend Oswald Morris’ sensible On-location-Fotografie bei: Die Kamera erkundet neugierig das Londoner Straßenleben, porträtiert eine Stadt, über der die Grauschleier von Nachkrieg und austerity liegen, eine Stadt, die noch nichts weiß (vielleicht aber schon etwas ahnt) von hedonistischer Hipness, von Versuchung und Verlangen der kommenden Dekade.
R René Clément B Hugh Mills, Raymond Queneau, René Clément V Louis Hémon K Oswald Morris M Roman Vlad A Ralph W. Brinton S Françoise Javet P Paul Graetz D Gérard Philipe, Valerie Hobson, Natasha Parry, Joan Greenwood, Margaret Johnston | F & UK | 100 min | 1:1,37 | sw | 3. April 1954
Die Geschichte eines Verführers, vorgetragen von ihm selbst in Form einer Beichte, die wiederum eine Verführung ist. »Monsieur Ripois« (wehmütig-getrieben: Gérard Philipe), ein Franzose in London, öffnet sein Herz, erzählt sein Leben. Sein Leben, das sind die Frauen (und ihr Geld): die herbe Bürovorsteherin, die empfindsame Naive, die herzensgute Hure, die kultivierte Dame und eben diejenige, der er sich rückhaltlos anvertraut, die ihn – glaubt er, was er sagt? – bessern, retten, erlösen soll. Ripois ist kein wahlloser Aufreißer, er ist ein arme Seele, ein gequälter Tage- und Herzensdieb auf der Flucht vor Langeweile, ein Süchtiger, dessen übermäßiges Verlangen sich weniger auf die Objekte der Begierde richtet als auf den Akt des Eroberns selbst, ein trauriger Don Juan, der alle lieben will, aber niemanden lieben kann, nicht einmal sich selbst. René Cléments melancholische Komödie hält bis zur bösen Pointe meisterlich die Waage zwischen Leichtigkeit und Schwermut, vermeidet achtsam jede abgedroschene Psychologisierung; Gérard Philipes differenzierte Darstellung legt einfühlsam Begeisterung und Fragilität, Ehrlichkeit und Verlogenheit des Protagonisten bloß. Zur besonderen Qualität dieses höchst verführerischen englischen Films mit französischem Akzent trägt entscheidend Oswald Morris’ sensible On-location-Fotografie bei: Die Kamera erkundet neugierig das Londoner Straßenleben, porträtiert eine Stadt, über der die Grauschleier von Nachkrieg und austerity liegen, eine Stadt, die noch nichts weiß (vielleicht aber schon etwas ahnt) von hedonistischer Hipness, von Versuchung und Verlangen der kommenden Dekade.
R René Clément B Hugh Mills, Raymond Queneau, René Clément V Louis Hémon K Oswald Morris M Roman Vlad A Ralph W. Brinton S Françoise Javet P Paul Graetz D Gérard Philipe, Valerie Hobson, Natasha Parry, Joan Greenwood, Margaret Johnston | F & UK | 100 min | 1:1,37 | sw | 3. April 1954
2.4.54
Prince Valiant (Henry Hathaway, 1954)
Prinz Eisenherz
Die sagenhaften Abenteuer eines pagenschnittigen Prinzen (Robert Wagner) in einem fantastischen Frühmittelalter: zottige Wikinger, der illustre König Artus, edle Fräuleins (u. a. Janet Leigh), die glorreichen Ritter der Tafelrunde (u. a. Sterling Hayden) mit ihren klirrenden Schwertern und scheppernden Schilden – eine breitwandige Bildergeschichte von Verschwörung und Thronraub, Knechtschaft und Krieg, Treue und Tapferkeit. Im Geiste der sonntäglichen Comic-Saga von Hal Forster betreibt Regisseur Henry Hathaway mit halbernstem Pathos Schwarzweißmalerei in leuchtenden Farben: der jugendliche Held reift an den Prüfungen des Schicksals, der Herrscher waltet mit strenger Güte, das Böse (James Mason) trägt Schwarz und die Liebe den Sieg davon.
R Henry Hathaway B Dudley Nichols V Hal Forster K Lucien Ballard M Franz Waxman A Lyle Wheeler, Mark-Lee Kirk Ko Charles Le Maire S Robert L. Simpson P Robert L. Jacks D Robert Wagner, James Mason, Janet Leigh, Sterling Hayden, Debra Paget | USA | 100 min | 1:2,35 | f | 2. April 1954
# 1187 | 9. Januar 2020
Die sagenhaften Abenteuer eines pagenschnittigen Prinzen (Robert Wagner) in einem fantastischen Frühmittelalter: zottige Wikinger, der illustre König Artus, edle Fräuleins (u. a. Janet Leigh), die glorreichen Ritter der Tafelrunde (u. a. Sterling Hayden) mit ihren klirrenden Schwertern und scheppernden Schilden – eine breitwandige Bildergeschichte von Verschwörung und Thronraub, Knechtschaft und Krieg, Treue und Tapferkeit. Im Geiste der sonntäglichen Comic-Saga von Hal Forster betreibt Regisseur Henry Hathaway mit halbernstem Pathos Schwarzweißmalerei in leuchtenden Farben: der jugendliche Held reift an den Prüfungen des Schicksals, der Herrscher waltet mit strenger Güte, das Böse (James Mason) trägt Schwarz und die Liebe den Sieg davon.
R Henry Hathaway B Dudley Nichols V Hal Forster K Lucien Ballard M Franz Waxman A Lyle Wheeler, Mark-Lee Kirk Ko Charles Le Maire S Robert L. Simpson P Robert L. Jacks D Robert Wagner, James Mason, Janet Leigh, Sterling Hayden, Debra Paget | USA | 100 min | 1:2,35 | f | 2. April 1954
# 1187 | 9. Januar 2020
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