25.9.80

Stardust Memories (Woody Allen, 1980)

Stardust Memories 

»An homage? Not exactly. We just stole the idea outright.« – Allen goes Fellini. Und das gar nicht schlecht. Sehr gut sogar. Genau genommen brillant. Erzählt wird – à la »8½« – die fragmentarisch-elliptisch-assoziativ-(auto)biographische Geschichte des New Yorker Regisseurs Sandy Bates, der Schwierigkeiten mit seinen Produzenten (und seinen Fans) hat, weil er partout keine komischen Filme mehr drehen will. Anläßlich der Retrospektive seiner Werke gerät Sandy (= (?) Woody) unter hyänenhafte Cinéphile, nimmt seine (berufliche und private) Vergangenheit (und seine potentielle Zukunft) kritisch unter die Lupe, verliert sich im Gestrüpp der Erinnerungen an seine einstige große Liebe Dorrie (genial-psychotisch: Charlotte Rampling), bekommt die Beziehung zur seiner Derzeitigen (verzickt-normal: Marie-Christine Barrault) nicht so recht auf die Reihe und bändelt mit einer vielversprechenden Dritten an (kompliziert-zerbrechlich: Jessica Harper). Die elstermäßige Chuzpe, mit der sich Woody (beigestanden vom unkorrumpierbaren Gordon Willis hinter der Kamera) bei seinem Vorbild Federico bedient, ist erstaunlich wie effektiv: »Stardust Memories« verliert sich so lust- und frustvoll in Themen wie Selbstmitleid, Selbstzweifel, Selbstgerechtigkeit und Selbstbefriedigung, daß ein gewisser (Selbst-) Erkenntniswert auch für den unbeteiligten (und fachfremden) Zuschauer nicht ausbleibt. Ein monomanes Meisterwerk von allgemeiner Geltung. PS: »What do you think the Rolls Royce represented?« – »I think that represented his car.«

R Woody Allen B Woody Allen K Gordon Willis M diverse A Mel Bourne Ko Santo Loquasto S Susan E. Morse P Robert Greenhut D Woody Allen, Charlotte Rampling, Jessica Harper, Marie-Christine Barrault, Tony Roberts | USA | 89 min | 1:1,85 | sw | 25. September 1980

4.9.80

Das Traumhaus (Ulrich Schamoni, 1980)

Zum dritten (und letzten) Mal nutzt Ulrich Schamoni das eigene Haus (Furtwänglerstraße 19 in Berlin-Grunewald) als Bühne eines kleinen kinematographischen Welttheaters: vier junge Leute (drei Mädchen, ein Junge) verwirklichen in einem verwunschenen Anwesen den Traum vom alternativen Leben jenseits des allgemeinen Rattenrennens. Doch das Idyll ist bedroht: die eiskalte Baulöwin Sybille Schacht-Blessmann (Judy Winter) plant den Abriß des irdischen Paradieses zugunsten einer modern-beliebigen Eigenheimsiedlung. Beistand erhält die weltferne Wohngemeinschaft in Gestalt des Ingenieurs Conrad Kolberg (Horst Frank), der die Villa Kunterbunt vor der Zerstörung bewahrt, indem er sie mit technokratischer Radikalität zum ökologischen Musterbau umgestaltet. Im Ergebnis bleibt eine zeitgerechte Hülle bestehen, indes der unverwechselbare Geist des Ortes ausgetrieben ist. Mit ironischer Wehmut veranschaulicht Schamoni (nach einem zivilisationskritischen (jedoch recht umständlichen) Drehbuch von Wolfgang Menge) den unauflöslichen Widerspruch von Utopie und Realität.

R Ulrich Schamoni B Wolfgang Menge K Igor Luther M Peter Herbolzheimer A Will Kley, György Janoschka Ko Barbara Naujok S Dörte Völz P Ulrich Schamoni, Regina Ziegler, Willi Benninger D Horst Frank, Judy Winter, Lesley Malton, Jakobine Engel, Jochen Schroeder, Kika Mol | BRD | 113 min | 1:1,66 | f | 4. September 1980

# 1183 | 31. Dezember 2019