Geschichte einer Nonne
»There is no resting place. Ever.« Brügge, Anfang der 1920er Jahre: Gabrielle van der Mal (Audrey Hepburn), Tochter eines namhaften Arztes, entscheidet sich für das Leben als Nonne, bewegt von der (nicht allzu) stillen Hoffnung, ihr Orden möge sie als Krankenschwester in den Kongo entsenden. Gabrielles angeborener Eigensinn bringt sie vom ersten Tag an immer wieder in Konflikt mit dem strengen Reglement der klösterlichen Gemeinschaft, das Demut und Gehorsam bis hin zur Aufgabe der individuellen Persönlichkeit verlangt. Fred Zinnemann erzählt die Geschichte der Nonne als unsentimentales Gewissensdrama in rigidem Schwarz-Weiß-Grau (Ausstattung: Alexandre Trauner), das vorübergehend durch die vitale Farbigkeit der Tropen befreiend aufgerissen wird, als Abfolge von Prüfungen, deren tieferer (oder höherer) Sinn letzten Endes rätselhaft bleibt. So ist Schwester Lukas’ schließliche Entscheidung, den eigenen Weg zu gehen – insbesondere nach der Begegnung mit dem ausgesprochen diesseitigen Dr. Fortunati (Peter Finch), der ihre religiöse Bestimmung mitmenschlich-kritisch hinterfragt –, nicht als Scheitern zu begreifen, sondern als mutige Behauptung von Souveränität: »Dear Lord, forgive me, I cannot obey anymore. What I do from now on is between You and me alone.«
R Fred Zinnemann B Robert Anderson V Kathryn Hulme K Franz Planer M Franz Waxman A Alexandre Trauner S Walter Thompson P Henry Blanke D Audrey Hepburn, Peter Finch, Edith Evans, Peggy Ashcroft, Dean Jagger | USA | 149 min | 1:1,78 | f | 18. Juni 1959
# 1102 | 2. März 2018
18.6.59
10.6.59
Hiroshima, mon amour (Alain Resnais, 1959)
Hiroshima, mon amour
Über das Unsagbare sprechen, das nicht Darstellbare zeigen, das Unmögliche wagen: »Hiroshima, mon amour« – der Ort der totalen Zerstörung und das höchste der Gefühle. Körperteile, in Asche gehüllt, Fleisch, bedeckt mit Schweiß, verschlungene Leiber: Sie (Emmanuelle Riva) ist eine französische Schauspielerin, er (Eiji Okada) ist ein japanischer Architekt. Sie ist nach Hiroshima gekommen, um in einem Film mitzuwirken, in einem Film über den Frieden. Sie hat das Krankenhaus gesehen und das Museum und den Fluß und das Denkmal und den Park und die Kraniche aus Papier. Alain Resnais zeigt alles, was sie gesehen hat, zeigt es in dokumentarischen Bildern. »Tu n’a rien vu à Hiroshima, rien«, sagt er zu ihr. »J’ai tout vu, tout«, sagt sie zu ihm. Sie lieben sich. Es ist der letzte Drehtag. Er fordert sie auf zu bleiben. Bei ihm. In Hiroshima. Sie will nach Hause zurückkehren. Sie ist glücklich verheiratet. So wie er. Marguerite Duras’ Dialoge klingen wie Opernduette, unwirklich-klar, sachlich-pathetisch. Er fragt sie, wo sie war, als in Hiroshima die Bombe fiel. Sie war in Paris, antwortet sie. Sie war glücklich. Weil der Krieg vorbei war. Weil ihr Unglück vorbei war. Ihr Unglück, das war auch und vor allem ihr Glück. Ein deutscher Soldat. Ihre erste Liebe. In ihrer Heimatstadt. In Nevers in Frankreich. Der deutsche Soldat wurde erschossen. Sie wurde geschoren. Sie wurde in einen Keller gesperrt. Weil sie einen Feind geliebt hatte. Sie wurde verrückt. Sie kam wieder zur Vernunft. Als sie ihre Liebe vergessen hatte. In Hiroshima, am Ort der Katastrophe, findet sie ihre erste Liebe wieder, ihr Glück, ihren Schmerz, ihr Leben. »Hi-ro-shi-ma … c’est ton nom«, sagt sie zu ihm. Und er sagt zu ihr: »Ton nom à toi est Nevers. Ne-vers-en-Fran-ce.« Hiroshima. Nevers. Erinnern. Vergessen. Liebe. Tod. Gestern. Heute. Immer. Überall.
R Alain Resnais B Marguerite Duras K Michio Takahashi, Sacha Vierny M Giovanni Fusco, Georges Delerue A Minoru Esaka, Mayo (= Antoine Malliarakis) S Henri Colpi, Jasmine Chasney P Samy Halfon D Emmanuelle Riva, Eiji Okada, Bernard Fresson | F & JP | 91 min | 1:1,37 | sw | 10. Juni 1959
# 842 | 7. März 2014
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