16.1.66

Our Man Flint (Daniel Mann, 1966)

Derek Flint schickt seine Leiche

»People of the world, there’s no need to panic.« James Coburn ist Flint, Derek Flint. Wo andere Topspione sich mit einem girl zufrieden geben müssen, disponiert Flint (»The Original Man of Mystery«) gleich über vier (später fünf) geneigte junge Damen – und er hat ein Feuerzeug mit 82 Funktionen (»83 if you want to light a cigar«). Flint ist ein Meister aller Klassen (»Is there anything you don't know?« – »A great many things, sir. But, nothing of consequence.«), er tanzt am Bolschoi, und er schnüffelt an einem vergifteten Pfeil noch die Rezeptur der Bouillabaisse heraus, die der Killer vor dem (natürlichen mißglückten) Attentat auf den Agenten genossen hat. In »Our Man Flint«, einer op- und popartigen Verhohnepipelung der Bondmania, rettet der Titelheld unsere schöne Welt vor den Verbesserungsplänen einer Troika ambitionierter Wissenschaftler (Dr. Wu, Dr. Schneider und Dr. Krupov – man bemerke: Chinese, Deutscher und Ruski), die ihren Mitmenschen mittels Ökoterrorismus das irdische Paradies aufzwingen wollen. Ein beschwingter Score (Jerry Goldsmith) und ein kapriziöses Kostümbild (Ray Aghayan) sorgen für unbeschwertes 60s-Feeling; außerdem mit von der Partie: ein antiamerikanischer Adler (»That’s diabolic!«) und Lee J. Cobb als Geheimdienstchef mit blankliegenden Nerven.

R Daniel Mann B Hal Fimberg, Ben Starr K Daniel L. Fapp M Jerry Goldsmith A Jack Martin Smith, Ed Graves S William Reynolds P Saul David D James Coburn, Lee J. Cobb, Gila Golan, Edward Mulhare, Rhys Williams | USA | 108 min | 1:2,35 | f | 16. Januar 1966

15.1.66

Irezumi (Yasuzo Masumura, 1966)

Die Tätowierung

Die männerfressende Frau als männliche Zwangs- und Wunschvorstellung, symbolisiert in der Tätowierung einer tödlichen Spinne auf einem wohlgeformten weiblichen Rücken. »Irezumi« ist zum einen die Geschichte der fanatischen Rache einer mißbrauchten, als Geisha verkauften Frau an ihren Verrätern und Peinigern, dazu eine ernüchternde Studie über männliche Haltlosigkeit und Schwäche (Eigenschaften, die sich gerne als Forschheit und Härte tarnen) und nicht zuletzt eine blutige Phantasie über die (zerstörerische) Kraft künstlerischer Imagination. Von Kazuo Miyagawa, dem Kameramann Kurosawas (»Yojimbo«), Ozus (»Ukigusa«) und vor allem Mizoguchis (»Ugetsu Monogatari«), mit großer kompositorischer Delikatesse ins Bild gesetzt, versenkt sich dieses Werk des Genre-Tausend­sassas Yasuzo Masumura zwischen den Eruptionen der Gewalt immer wieder in Momente von ge­fährlich-ruhiger Schönheit.

R Yasuzo Masumura B Kaneto Shindo V Junichiro Tanizaki K Kazuo Miyagawa M Hikaru Hayashi A Yoshinobu Nishioka S Kanji Suganuma P Hiroaki Fujii D Ayako Wakao, Akio Hasegawa, Gaku Yamamoto, Kei Sato, Asao Uchida | JP | 86 min | 1:2,35 | f | 15. Januar 1966

14.1.66

4 Schlüssel (Jürgen Roland, 1966)

»Jeder wünscht sich Wohlstand und Sicherheit.« Am Sonnabend vor der Bundestagswahl (Erhard gegen Brandt) wollen Alexander Ford (erbarmungslos-charmant: Günther Ungeheuer) und seine Spießgesellen ihr eigenes Wirtschaftwunder realisieren: Die dreieinhalb Millionen Mark im Tresorraum des traditionsreichen Hamburger Bankhauses Traven & Co. sollen den Besitzer wechseln. Dazu müssen die Gangster die vier Schlüssel, mit denen der Safe gesichert ist, bzw. die vier »Schlüsselträger«, allesamt Angestellte des Geldhauses, in ihre Gewalt bringen … Ein straff inszeniertes heist movie, das mit einiger Süffisanz die unterschiedlichen Verhaltensweisen von Menschen in Extremsituationen betrachtet. Jürgen Roland bettet die Schilderung des kriminellen Unternehmens in zahlreiche (lokal-)reportageartige Sequenzen des Tagesgeschehens – Ankunft der Rolling Stones auf dem Flughafen Fuhlsbüttel, Feuerwerk an der Alster, Heimspiel des HSV, Wahlkampfveranstaltungen –, womit er das Verbrechen gleichsam als integralen Aspekt von gesellschaftlicher Wirklichkeit vorführt. Die Mischung aus dokumentarischer Beobachtung und spannender Genre-Stilisierung gelingt vor allem Dank der sehr konzentriert agierenden Schauspieler und Wolfgang Treus dynamischer Kameraarbeit, die situative Aufmerksamkeit mit sorgfältiger Bildkomposition verbindet.

R Jürgen Roland B Max Pierre Schaeffer, Thomas Keck V Max Pierre Schaeffer K Wolfgang Treu M Konrad Elfers A Dieter Bartels S Susanne Paschen P Hanns Eckelkamp D Günther Ungeheuer, Walter Rilla, Monika Peitsch, Hanns Lothar, Hellmuth Lange | BRD | 107 min | 1:1,66 | sw | 14. Januar 1966

# 807 | 25. November 2013