Fahr zur Hölle, Liebling
»What a world.« Er bräuchte einen Drink, er bräuchte eine Lebensversicherung, er bräuchte Urlaub ... und alles, was er hat, sind ein Mantel, ein Hut und eine Knarre. Dick Richards (zu Ruhm gekommen als Fotograf und Werbefilmer) nutzt Chandlers unerhört verwickelte Geschichte des (doppelten) Abschieds von einem Leben und von einer Liebe als Vorlage für eine melancholisch-süffisante (und ziemlich stylishe) Retro-Noir-Etüde, deren (alp-)traumhafte Stimmung sich vor allem einem sinnlich-coolen Jazz-Score (David Shire), den dunkel-nostalgischen Technicolor-Bildern (John A. Alonzo) und ihrem Hauptdarsteller verdankt: Robert Mitchum, legendärer Star schwarzer Kino-Klassiker wie »Out of the Past«, »Angel Face« oder »The Night of the Hunter«, wird in der Rolle des nicht minder legendären Hardboiled-Detektivs zum leibhaftigen Wiedergänger einer fernen Epoche, dessen Erscheinen die hochpolierte Pulpstory um eine verschwundene Perlenkette und eine verschwundene Frau in die Vision einer verschwundenen Welt verwandelt, die sich bei aller nostalgischen Verklärung als genau so korrupt und desolat erweist wie die Ära von Vietnam und Watergate. So wird Richards’ Adaption – trotz der wie in Dmytryks 1944er-Fassung vorgenommenen Simplifizierung der Vorlage – zu einer Art filmischem Doppelspiegel, der Stimmungen und Mentalitäten von Vergangenheit und Gegenwart zu einem irisierenden Bild zusammenfließen läßt. »I wished it was part of my nightmare, but it wasn’t.«
R Dick Richards B David Zelag Goodman V Raymond Chandler K John A. Alonzo M David Shire A Dean Tavoularis S Joel Cox, Walter Thompson P Jerry Bruckheimer, George Pappas D Robert Mitchum, Charlotte Rampling, Jack O’Halloran, John Ireland, Sylvia Miles | USA | 95 min | 1:1,85 | f | 8. August 1975
# 1147 | 2. Februar 2019
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8.8.75
7.3.73
The Long Goodbye (Robert Altman, 1973)
Der Tod kennt keine Wiederkehr
»There's a long goodbye, / And it happens every day.« Philip Marlowe ist ein Relikt. Er fährt einen 1948er Lincoln Continental. Er trägt einen schwarzen Anzug. Er legt nie die Krawatte ab. Er glaubt an Loyalität. Robert Altman, der Raymond Chandlers Roman aus dem Jahr 1953 mit spleenig-hellhöriger (Nach-)Lässigkeit inszeniert, verlegt das obskure Geschehen aus der Nachkriegszeit in die Gegenwart: Elliott Gould nuschelt sich in der Rolle des legendären private eye durch das Los Angeles der frühen siebziger Jahre. Amerika zwischen Hippie und Watergate erscheint im Auge von Vilmos Zsigmonds unaufhörlich bewegter Kamera wie ein Wachtraum, den sonderbare, zumeist (geld-)gierige Existenzen bevölkern: ausgebrannte Vollblutschriftsteller und intrigante Ehefrauen, dubiose Ärzte und bösartige Gangster, falsche Freunde und wählerische Katzen. Marlowe, der in einem luftigen Apartment neben einer Kommune von sexy Kerzenzieherinnen haust, kommentiert alle Absonderlichkeiten, die ihm zwischen Hollywood Hills, Malibu Colony und dem mexikanischen Nest Otatoclán begegnen, mit dem immergleichen abgeklärten: »That’s OK with me.« Nur in Bezug auf Vertrauensbruch versteht der Detektiv keinen Spaß: »Nobody cares but me.« – »Well, that's you, Marlowe. You'll never learn. You're a born loser.« Die Sch(l)ußpointe beweist so etwas wie das Gegenteil. Das Engagement einer Reihe von Hollywood-Veteranen erhebt Altmans brillante Thriller-Variation geradewegs in den Rang eines Neo-noir-Klassikers – Sterling Hayden, der den versoffenen Romancier Roger Wade spielt, Autorin Leigh Brackett, die schon (mit William Faulkner) das Drehbuch zu Howard Hawks’ Chandler-Adaption »The Big Sleep« verfaßte, Johnny Mercer, der den Text zu John Williams’ vielfältig variierter Titelmelodie beisteuert: »It's too late to try, / When a missed hello / Becomes the long goodbye.«
R Robert Altman B Leigh Brackett V Raymond Chandler K Vilmos Zsigmond M John Williams S Lou Lombardo P Jerry Bick D Eliott Gould, Nina van Pallandt, Sterling Hayden, Mark Rydell, Henry Gibson | USA | 112 min | 1:2,35 | f | 7. März 1973
# 945 | 20. Februar 2015
»There's a long goodbye, / And it happens every day.« Philip Marlowe ist ein Relikt. Er fährt einen 1948er Lincoln Continental. Er trägt einen schwarzen Anzug. Er legt nie die Krawatte ab. Er glaubt an Loyalität. Robert Altman, der Raymond Chandlers Roman aus dem Jahr 1953 mit spleenig-hellhöriger (Nach-)Lässigkeit inszeniert, verlegt das obskure Geschehen aus der Nachkriegszeit in die Gegenwart: Elliott Gould nuschelt sich in der Rolle des legendären private eye durch das Los Angeles der frühen siebziger Jahre. Amerika zwischen Hippie und Watergate erscheint im Auge von Vilmos Zsigmonds unaufhörlich bewegter Kamera wie ein Wachtraum, den sonderbare, zumeist (geld-)gierige Existenzen bevölkern: ausgebrannte Vollblutschriftsteller und intrigante Ehefrauen, dubiose Ärzte und bösartige Gangster, falsche Freunde und wählerische Katzen. Marlowe, der in einem luftigen Apartment neben einer Kommune von sexy Kerzenzieherinnen haust, kommentiert alle Absonderlichkeiten, die ihm zwischen Hollywood Hills, Malibu Colony und dem mexikanischen Nest Otatoclán begegnen, mit dem immergleichen abgeklärten: »That’s OK with me.« Nur in Bezug auf Vertrauensbruch versteht der Detektiv keinen Spaß: »Nobody cares but me.« – »Well, that's you, Marlowe. You'll never learn. You're a born loser.« Die Sch(l)ußpointe beweist so etwas wie das Gegenteil. Das Engagement einer Reihe von Hollywood-Veteranen erhebt Altmans brillante Thriller-Variation geradewegs in den Rang eines Neo-noir-Klassikers – Sterling Hayden, der den versoffenen Romancier Roger Wade spielt, Autorin Leigh Brackett, die schon (mit William Faulkner) das Drehbuch zu Howard Hawks’ Chandler-Adaption »The Big Sleep« verfaßte, Johnny Mercer, der den Text zu John Williams’ vielfältig variierter Titelmelodie beisteuert: »It's too late to try, / When a missed hello / Becomes the long goodbye.«
R Robert Altman B Leigh Brackett V Raymond Chandler K Vilmos Zsigmond M John Williams S Lou Lombardo P Jerry Bick D Eliott Gould, Nina van Pallandt, Sterling Hayden, Mark Rydell, Henry Gibson | USA | 112 min | 1:2,35 | f | 7. März 1973
# 945 | 20. Februar 2015
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30.6.51
Strangers on a Train (Alfred Hitchcock, 1951)
Der Fremde im Zug
Ein Paar Herrenschuhe steigt aus einem Taxi: modisch, exaltiert, zweifarbig; ein zweites Paar steigt aus einem anderen Taxi: konservativ, ehrlich, vertrauenswürdig. Die Schuhpaare durchqueren, aus unterschiedlichen Richtungen kommend, eine Bahnhofshalle, treffen sich im Zug, wo ihre Spitzen (zufällig?) zusammenstoßen: bad guy meets good guy, Bruno Antony (Robert Walker), der reiche Taugenichts, begegnet Guy Haines (Farley Granger), dem gesellschaftlich aufstrebenden Sportsmann. Beide haben jeweils ein Problem, das sie loswerden möchten: der eine den dominanten Vater, der andere die liederliche Ehefrau; während der eine aus dieser Konstellation das perfekte Doppelverbrechen imaginiert, das auf dem Austausch der Mordtaten (= einem Handel mit Schuld) beruht, schiebt der andere diese Möglichkeit betreten (wenn auch fasziniert) beiseite – so ist das Zusammentreffen der Herren auch ein Rendezvous von Es und Über-Ich. Alfred Hitchcock entwickelt aus dieser attraktiven Prämisse einen verhältnismäßig faden Schwarz-Weiß-Thriller, der trotz der angelegten Ambiguität nicht mit erzählerischen Eindeutigkeiten spart: Insbesondere die platte Zeichnung des Schurken als erblich vorbelasteten Geisteskranken – Brunos Mutter (bezaubernd-desorientiert: Marion Lorne) verfertigt zur nervlichen Beruhigung »entartete« Kunst – nimmt »Strangers on a Train« viel von seinem Potential zur psychologischen Differenzierung.
R Alfred Hitchcock B Raymond Chandler, Czenzi Ormonde V Patricia Highsmith K Robert Burks M Dimitri Tiomkin A Ted Haworth Ko Leah Rhodes S William H. Ziegler P Alfred Hitchcock D Farley Granger, Robert Walker, Ruth Roman, Patricia Hitchcock, Marion Lorne | USA | 101 min | 1:1,37 | sw | 30. Juni 1951
Ein Paar Herrenschuhe steigt aus einem Taxi: modisch, exaltiert, zweifarbig; ein zweites Paar steigt aus einem anderen Taxi: konservativ, ehrlich, vertrauenswürdig. Die Schuhpaare durchqueren, aus unterschiedlichen Richtungen kommend, eine Bahnhofshalle, treffen sich im Zug, wo ihre Spitzen (zufällig?) zusammenstoßen: bad guy meets good guy, Bruno Antony (Robert Walker), der reiche Taugenichts, begegnet Guy Haines (Farley Granger), dem gesellschaftlich aufstrebenden Sportsmann. Beide haben jeweils ein Problem, das sie loswerden möchten: der eine den dominanten Vater, der andere die liederliche Ehefrau; während der eine aus dieser Konstellation das perfekte Doppelverbrechen imaginiert, das auf dem Austausch der Mordtaten (= einem Handel mit Schuld) beruht, schiebt der andere diese Möglichkeit betreten (wenn auch fasziniert) beiseite – so ist das Zusammentreffen der Herren auch ein Rendezvous von Es und Über-Ich. Alfred Hitchcock entwickelt aus dieser attraktiven Prämisse einen verhältnismäßig faden Schwarz-Weiß-Thriller, der trotz der angelegten Ambiguität nicht mit erzählerischen Eindeutigkeiten spart: Insbesondere die platte Zeichnung des Schurken als erblich vorbelasteten Geisteskranken – Brunos Mutter (bezaubernd-desorientiert: Marion Lorne) verfertigt zur nervlichen Beruhigung »entartete« Kunst – nimmt »Strangers on a Train« viel von seinem Potential zur psychologischen Differenzierung.
R Alfred Hitchcock B Raymond Chandler, Czenzi Ormonde V Patricia Highsmith K Robert Burks M Dimitri Tiomkin A Ted Haworth Ko Leah Rhodes S William H. Ziegler P Alfred Hitchcock D Farley Granger, Robert Walker, Ruth Roman, Patricia Hitchcock, Marion Lorne | USA | 101 min | 1:1,37 | sw | 30. Juni 1951
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6.2.47
The Brasher Doubloon (John Brahm, 1947)
»How I hate to find a stiff.« Philip Marlowe wird nach Pasadena in das Haus der reichen Witwe Murdock gerufen und beauftragt, eine gestohlene Goldmünze wiederzubeschaffen. Die Suche nach der ›Brasher Doubloon‹, einem ebenso seltenen wie wertvollen Stück aus der Zeit des amerikanischen Unabhängigkeitskrieges, das seinen zahlreichen Besitzern nichts anderes als Unglück brachte, konfrontiert den hartgesottenen Privatdetektiv, wie auch in anderen Raymond-Chandler-Erzählungen, mit einer Vielzahl zwielichtiger Existenzen, deren Handlungsmotive bis zur Auflösung der verwickelten Intrige weitgehend im Dunkeln liegen ... George Montgomery spielt den Protagonisten mit (ziemlich unpassendem) Menjoubärtchen und der (nicht unsympathischen) ironischen Lässigkeit eines Taschenspielers, der die Schwächen seiner Mitmenschen kennt und ertragreich auszunutzen weiß. John Brahm inszeniert die leichenreiche Familiensache um Schulden, Erpressung und Mord routiniert, jedoch ohne das visuelle und psychologische Furore seiner period noirs »The Lodger« und »Hangover Square«. Für schauspielerische Glanzpunkte sorgt immerhin Florence Bates als herrische alte Dame, die es mühelos mit der abgefeimtesten Hitchcock-Matrone aufnehmen könnte.
R John Brahm B Dorothy Hannah (= Dorothy Bennett), Leonard Praskins V Raymond Chandler K Lloyd Ahern M David Buttolph A James Basevi, Richard Irvine S Harry Reynolds P Robert Bassler D George Motgomery, Nacy Guild, Florence Bates, Conrad Janis, Fritz Kortner | USA | 72 min | 1:1,37 | sw | 6. Februar 1947
# 1088 | 5. Dezember 2017
R John Brahm B Dorothy Hannah (= Dorothy Bennett), Leonard Praskins V Raymond Chandler K Lloyd Ahern M David Buttolph A James Basevi, Richard Irvine S Harry Reynolds P Robert Bassler D George Motgomery, Nacy Guild, Florence Bates, Conrad Janis, Fritz Kortner | USA | 72 min | 1:1,37 | sw | 6. Februar 1947
# 1088 | 5. Dezember 2017
23.8.46
The Big Sleep (Howard Hawks, 1946)
Tote schlafen fest
»Why did you have to go on?« – »Too many people told me to stop.« Humphrey Bogart als Privatdetektiv Philip Marlowe (»I collect blondes and bottles too.«), der von dem ebenso reichen wie maladen General Sternwood angeheuert wird, um in einem Fall von Erpressung zu ermitteln, und sich bald schon mit Ehebruch, Glücksspiel, Mord sowie den Fisimatenten der beiden schönen Töchter seines Auftraggebers konfrontiert sieht. Der Schauplatz Los Angeles erweist sich als labyrinthisches Treibhaus unguter Bande zwischen Upperclass und Unterwelt, die Nachforschungen ziehen immer weitere, immer dunklere Kreise, und fast scheint es so, als widerspiegele die verworrene Handlung mit schwarzer Boshaftigkeit die prinzipielle Unübersichtlichkeit des modernen Lebens. Wichtiger als die Entwicklung einer bis ins Detail nachvollziehbaren Story sind Regisseur Howard Hawks (wie wohl auch Raymond Chandler, dem Autor der Romanvorlage) jedoch ohnehin die Stimmigkeit der einzelnen Szenen, die lakonisch-bissigen Dialoge, die Beziehungen zwischen den Figuren, insbesondere zwischen dem eigensinnigen Marlowe und den taffen Frauen, auf die er trifft: Lauren Bacall und Martha Vickers als geheimnisvolle Sternwood-Schwestern, Dorothy Malone als gefällige Buchhändlerin, Sonia Darrin als naßforsche Ganovin. Ein straight inszeniertes Noir-Verwirrspiel mit nicht zu überhörenden Untertönen von Erotik und Ironie. »Your story didn’t sound quite right.« – »Oh, that's too bad. You got a better one?«
R Howard Hawks B William Faulkner, Leigh Brackett, Jules Furthman V Raymond Chandler K Sidney Hickox M Max Steiner A Carl Jules Weyl S Christian Nyby P Howard Hawks D Humphrey Bogart, Lauren Bacall, Martha Vickers, John Ridgely, Dorothy Malone, Elisha Cook Jr. | USA | 114 min | 1:1,37 | sw | 23. August 1946
# 986 | 1. März 2016
»Why did you have to go on?« – »Too many people told me to stop.« Humphrey Bogart als Privatdetektiv Philip Marlowe (»I collect blondes and bottles too.«), der von dem ebenso reichen wie maladen General Sternwood angeheuert wird, um in einem Fall von Erpressung zu ermitteln, und sich bald schon mit Ehebruch, Glücksspiel, Mord sowie den Fisimatenten der beiden schönen Töchter seines Auftraggebers konfrontiert sieht. Der Schauplatz Los Angeles erweist sich als labyrinthisches Treibhaus unguter Bande zwischen Upperclass und Unterwelt, die Nachforschungen ziehen immer weitere, immer dunklere Kreise, und fast scheint es so, als widerspiegele die verworrene Handlung mit schwarzer Boshaftigkeit die prinzipielle Unübersichtlichkeit des modernen Lebens. Wichtiger als die Entwicklung einer bis ins Detail nachvollziehbaren Story sind Regisseur Howard Hawks (wie wohl auch Raymond Chandler, dem Autor der Romanvorlage) jedoch ohnehin die Stimmigkeit der einzelnen Szenen, die lakonisch-bissigen Dialoge, die Beziehungen zwischen den Figuren, insbesondere zwischen dem eigensinnigen Marlowe und den taffen Frauen, auf die er trifft: Lauren Bacall und Martha Vickers als geheimnisvolle Sternwood-Schwestern, Dorothy Malone als gefällige Buchhändlerin, Sonia Darrin als naßforsche Ganovin. Ein straight inszeniertes Noir-Verwirrspiel mit nicht zu überhörenden Untertönen von Erotik und Ironie. »Your story didn’t sound quite right.« – »Oh, that's too bad. You got a better one?«
R Howard Hawks B William Faulkner, Leigh Brackett, Jules Furthman V Raymond Chandler K Sidney Hickox M Max Steiner A Carl Jules Weyl S Christian Nyby P Howard Hawks D Humphrey Bogart, Lauren Bacall, Martha Vickers, John Ridgely, Dorothy Malone, Elisha Cook Jr. | USA | 114 min | 1:1,37 | sw | 23. August 1946
# 986 | 1. März 2016
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14.12.44
Murder, My Sweet (Edward Dmytryk, 1944)
Mord, mein Liebling
»I’m afraid I don’t like your manner.« – »Yeah, I’ve had complaints about it, but it keeps getting worse.« Ein Mann mit bandagierten Augen, umgeben von ungemütlichen, huttragenden Gestalten in einem zellenartigen, dunklen Raum: Philip Marlowe (Dick Powell), Privatdetektiv in Los Angeles, hat alle Mühe, seinen polizeilichen Vernehmern die Hintergründe der fatalen Affäre, in die er verwickelt ist, plausibel zu machen ... Zuerst war da ›Moose‹ Malloy, ein hünenhafter Exknacki, der Marlowe anheuerte, um seine verschollene ehemalige Geliebte Vilma Valento zu finden, dann kam Lindsay Marriott ins Spiel, ein lackierter Affe, der das gestohlene Jadecollier einer Gesellschaftsdame zurückkaufen sollte und Marlowe als Begleiter für die nächtliche Übergabe engagierte. Es gibt einen Toten, zwielichtige Herren und versoffene Witwen, höhere Töchter und süchtige Drogenärzte mischen sich ein. »I don’t know which side anybody’s on. I don’t even know who’s playing today.« Dmytryk und sein Autor John Paxton lassen den Protagonisten mehr oder weniger blind durch die tiefen Schatten und giftigen Nebel des von Chandler in seinem zweiten Marlowe-Roman »Farewell, My Lovely« angelegten Großstadtlabyrinths trudeln, bedienen sich wirkungsvoll noirischer Gestaltungselemente wie Rückblenden und Off-Kommentare, scharfer Hell-Dunkel-Kontraste und schräger Perspektiven – freilich ohne sich mit der frustrierenden Komplexität und dem sozialkritischen Unterton der Vorlage messen zu können, zumal ein gemütvolles happy ending Chandlers gallige Lakonie in romantisches Wohlgefallen auflöst.
R Edward Dmytryk B John Paxton V Raymond Chandler K Harry J. Wild M Roy Webb A Albert S. D'Agostino, Carroll Clark S Joseph Noriega P Adrian Scott D Dick Powell, Claire Trevor, Anne Shirley, Otto Kruger, Mike Mazurki | USA | 95 min | 1:1,37 | sw | 14. Dezember 1944
# 1146 | 2. Februar 2019
»I’m afraid I don’t like your manner.« – »Yeah, I’ve had complaints about it, but it keeps getting worse.« Ein Mann mit bandagierten Augen, umgeben von ungemütlichen, huttragenden Gestalten in einem zellenartigen, dunklen Raum: Philip Marlowe (Dick Powell), Privatdetektiv in Los Angeles, hat alle Mühe, seinen polizeilichen Vernehmern die Hintergründe der fatalen Affäre, in die er verwickelt ist, plausibel zu machen ... Zuerst war da ›Moose‹ Malloy, ein hünenhafter Exknacki, der Marlowe anheuerte, um seine verschollene ehemalige Geliebte Vilma Valento zu finden, dann kam Lindsay Marriott ins Spiel, ein lackierter Affe, der das gestohlene Jadecollier einer Gesellschaftsdame zurückkaufen sollte und Marlowe als Begleiter für die nächtliche Übergabe engagierte. Es gibt einen Toten, zwielichtige Herren und versoffene Witwen, höhere Töchter und süchtige Drogenärzte mischen sich ein. »I don’t know which side anybody’s on. I don’t even know who’s playing today.« Dmytryk und sein Autor John Paxton lassen den Protagonisten mehr oder weniger blind durch die tiefen Schatten und giftigen Nebel des von Chandler in seinem zweiten Marlowe-Roman »Farewell, My Lovely« angelegten Großstadtlabyrinths trudeln, bedienen sich wirkungsvoll noirischer Gestaltungselemente wie Rückblenden und Off-Kommentare, scharfer Hell-Dunkel-Kontraste und schräger Perspektiven – freilich ohne sich mit der frustrierenden Komplexität und dem sozialkritischen Unterton der Vorlage messen zu können, zumal ein gemütvolles happy ending Chandlers gallige Lakonie in romantisches Wohlgefallen auflöst.
R Edward Dmytryk B John Paxton V Raymond Chandler K Harry J. Wild M Roy Webb A Albert S. D'Agostino, Carroll Clark S Joseph Noriega P Adrian Scott D Dick Powell, Claire Trevor, Anne Shirley, Otto Kruger, Mike Mazurki | USA | 95 min | 1:1,37 | sw | 14. Dezember 1944
# 1146 | 2. Februar 2019
24.4.44
Double Indemnity (Billy Wilder, 1944)
Frau ohne Gewissen
»I killed him for money and a woman. And I didn't get the money and I didn't get the woman.« Walter Neff (Fred MacMurray) ist ein sympathischer Typ, ein gewiefter Versicherungsagent, einer, der sich kein X für ein U vormachen läßt. Doch dann trifft er: sie. Sie heißt Phyllis Dietrichson (Barbara Stanwyck), sie ist die Frau eines wohlhabenden Klienten – sie trägt ein hypnotisierendes Fußkettchen, ihre Brüste dehnen die knappe Bluse wie Spitzsiebe, unter den falschblonden Haaren gärt das tiefe Verlangen nach mehr von allem. Und plötzlich ist Walter gar nicht mehr so nett: In Phyllis’ provozierenden Blicken spiegelt sich sein anderes, sein gieriges Selbst, in ihren tückischen Worten vernimmt er das schallende Echo der eigenen Niedertracht … Billy Wilder und Raymond Chandler schaffen (nach einer Erzählung von James M. Cain) einen, visuell wie psychologisch, atemberaubend schwarzen Straight-down-the-line-Thriller (mit der Betonung auf ›down‹), der den Zuschauer an der Seite des (right from the beginning) unrettbar verlorenen Ich-Erzählers (»Double Indemnity« ist Walters Mord- und Betrugsgeständnis an einen – von Edward G. Robinson verkörperten – väterlichen Freund und Kollegen) mitnimmt auf eine verwünscht-lustvolle Reise in den Untergang: »It's a one-way trip and the last stop is the cemetery.« Die tragische Ironie des Films kulminiert in der Überführung des negativen Helden durch den einzigen Menschen, der ihn wirklich liebt – so endet die bittere menschliche Komödie mit einer doppelten Abfindung: Enttäuschung und Tod. »Pretty, isn't it?«
R Billy Wilder B Raymond Chandler, Billy Wilder V James M. Cain K John F. Seitz M Miklós Rózsa A Hans Dreier, Hal Pereira S Doane Harrison P Joseph Sistrom D Fred MacMurray, Barbara Stanwyck, Edward G. Robinson, Porter Hall, Jean Heather | USA | 107 min | 1:1,37 | sw | 24. April 1944
»I killed him for money and a woman. And I didn't get the money and I didn't get the woman.« Walter Neff (Fred MacMurray) ist ein sympathischer Typ, ein gewiefter Versicherungsagent, einer, der sich kein X für ein U vormachen läßt. Doch dann trifft er: sie. Sie heißt Phyllis Dietrichson (Barbara Stanwyck), sie ist die Frau eines wohlhabenden Klienten – sie trägt ein hypnotisierendes Fußkettchen, ihre Brüste dehnen die knappe Bluse wie Spitzsiebe, unter den falschblonden Haaren gärt das tiefe Verlangen nach mehr von allem. Und plötzlich ist Walter gar nicht mehr so nett: In Phyllis’ provozierenden Blicken spiegelt sich sein anderes, sein gieriges Selbst, in ihren tückischen Worten vernimmt er das schallende Echo der eigenen Niedertracht … Billy Wilder und Raymond Chandler schaffen (nach einer Erzählung von James M. Cain) einen, visuell wie psychologisch, atemberaubend schwarzen Straight-down-the-line-Thriller (mit der Betonung auf ›down‹), der den Zuschauer an der Seite des (right from the beginning) unrettbar verlorenen Ich-Erzählers (»Double Indemnity« ist Walters Mord- und Betrugsgeständnis an einen – von Edward G. Robinson verkörperten – väterlichen Freund und Kollegen) mitnimmt auf eine verwünscht-lustvolle Reise in den Untergang: »It's a one-way trip and the last stop is the cemetery.« Die tragische Ironie des Films kulminiert in der Überführung des negativen Helden durch den einzigen Menschen, der ihn wirklich liebt – so endet die bittere menschliche Komödie mit einer doppelten Abfindung: Enttäuschung und Tod. »Pretty, isn't it?«
R Billy Wilder B Raymond Chandler, Billy Wilder V James M. Cain K John F. Seitz M Miklós Rózsa A Hans Dreier, Hal Pereira S Doane Harrison P Joseph Sistrom D Fred MacMurray, Barbara Stanwyck, Edward G. Robinson, Porter Hall, Jean Heather | USA | 107 min | 1:1,37 | sw | 24. April 1944
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