Posts mit dem Label von Báky werden angezeigt. Alle Posts anzeigen
Posts mit dem Label von Báky werden angezeigt. Alle Posts anzeigen

8.11.61

Die seltsame Gräfin (Josef von Báky, 1961)

»Ich bin die Gräfin Eleanora Moron! Niemand hat das Recht mich anzurühren!« Altgediente Stummfilmstars (Lil Dagover und Fritz Rasp), zähe Ufa-Kämpen (Marianne Hoppe und Rudolf Fernau), das immerzurstellige Rialto-Ensemble (›Blacky‹ und Eddi und Kinski) sowie der breiteste Berliner Boulevard (Brigitte Grothum und Edith Hancke) in einem ganz und gar außerenglischen Edgar-Wallace-Klassiker. Die verwinkelte Handlung (es geht im weitesten Sinne um komplizierte Familienverhältnisse und eine darin unterschlagene Erbschaft) spielt überall dort, wo obligaterweise das Verderben lauert: in einer Irrenanstalt und in einem Gefängnis, auf einem alten Schloß und in einer Anwaltskanzlei. Abgesehen davon, daß ständig bedrohlich das Telefon klingelt, Klaus K. irre lacht (»Ich mußte es doch tun!«) und schon mal ein brüchiger Balkon von der Fassade fällt, entwickelt die Inszenierung (zum letzten Mal auf dem Regiestuhl: Josef von Báky) das subtile Grauen eines nichtendenwollenden Fünfuhrtees. PS: »Niemand!«

R Josef von Báky B Robert A. Stemmle, Curt Hanno Gutbrod V Edgar Wallace K Richard Angst M Peter Thomas A Helmut Netwig, Albrecht Hennings S Hermann Ludwig P Horst Wendlandt D Joachim Fuchsberger, Brigitte Grothum, Lil Dagover, Klaus Kinski, Marianne Hoppe | BRD | 94 min | 1:1,66 | sw | 8. November 1961

12.3.59

Der Mann, der sich verkaufte (Josef von Báky, 1959)

»Wenn man bedenkt, wo wir waren, und wo wir jetzt sind.« Niko Jost, junger, hungriger Journalist bei der »FWZ« (mit geblähten Nüstern: Hansjörg Felmy) kommt zufällig der Schiebervergangenheit eines erfolgreichen Hoteliers auf die Schliche, wittert die große Story, schreibt mit Feuereifer (»Da ist was faul, wenn einer derart hochkommt!«) die Serie »Schwarzer Markt und weiße Westen« – und läuft doch eigentlich nur an der (kurzen) Leine seines bedenkenlos-auflagengeilen Herausgebers (wohlgenährt: Ernst Schröder) ... Autor Erich Kuby (der seinem gesellschaftskritischen Unmut zuvor bereits mit »Das Mädchen Rosemarie« Luft machte) feuert eine Breitseite auf Medien, Politik und Wirtschaft, Regisseur Josef von Báky inszeniert das zeitdiagnostische Traktat über Seilschaftsdenken, Pharisäertum und Futterneid in der jungen Bundesrepublik mit der kühlen, schwarzen Präzision des späten Fritz Lang. In pointierten Nebenrollen treten auf: Hildegard Knef als vornehme Dame mit Vergangenheit, Kurt Ehrhardt als Unternehmer in plötzlichen Nöten und Hans Paetsch (der nachmalige »Märchenonkel der Nation«) als ebenso abgewogener wie abgemeldeter Chefredakteur.
R Josef von Báky B Erich Kuby K Friedl Behn-Grund M Georg Haentzschel A Erich Kettelhut, Johannes Ott S Caspar van den Berg P Hans Abich, Rolf Thiele D Hansjörg Felmy, Hildegard Knef, Ernst Schröder, Antje Weisgerber, Kurt Ehrhardt | BRD | 103 min | 1:1,37 | sw | 12. März 1959

9.12.47

… und über uns der Himmel (Josef von Báky, 1947)

»Was soll denn werden? / Es muß doch weitergeh’n!« Mit einem Rucksack voller Lebensmittel (= Schieberware) kehrt Hans Richter (Hans ›Hoppla, jetzt komm’ ich!‹ Albers) aus dem Weltkrieg zurück ins zertrümmerte Berlin. Zunächst nutzt der ehemalige Kranführer das Schwarzhandelsgut, um die eigene Wohnung wieder auf Vordermann zu bringen (»Ein Griff, ein Pfiff, ein Kniff – und fertig ist die Laube.«) und um die verwitwete Studienratsgattin von nebenan zu beeindrucken (»Heute paßt vieles zusammen, was früher keine Garnitur abgegeben hätte.«) – dann findet er Geschmack am leichtverdienten Geld, infolgedessen er der Rückkehr in den Brot(los)beruf eine Karriere als Geschäftemacher vorzieht. Richters (zunächst kriegsblinder, dann wieder klarsehender) Sohn bläst dem losen Alten schließlich den Marsch der Lauterkeit, und am Ende kommt alles wieder ins kleinbürgerliche Lot … Der erste deutsche Nachkriegsfilm unter amerikanischer Lizenz: eine Mischung aus Studiokünstlichkeit und Ruinenrealismus, aus zeitkritischem Durchhalteroman und lehrhafter Standpauke. Daß der »blonde Hans« lediglich vorübergehend auf Abwege geraten kann (und dann auch nur aus väterlicher Sorge um seine Liebsten), versteht sich dabei im Grunde von selbst. Wie in alten Ufa-Zeiten erhellt ein schimmernder Lichtreflex Albers’ vertrauenswürdige Augen, und Josef von Báky inszeniert den sympathischen Filou als eine Art Münchhausen im Schutt: immer kregel, immer patent, nie um eine Ausrede verlegen und noch im Zwielicht lebensmutig strahlend. Ein Lied darf er auch singen, zur besinnlich-optimistischen Dreigroschenmusik von Theo Mackeben: »Der Wind weht von allen Seiten. / Na, laß den Wind doch weh’n. / Denn über uns der Himmel, / Läßt uns nicht untergeh’n.«

R Josef von Báky B Gerhard Grindel K Werner Krien M Theo Mackeben A Emil Hasler, Walter Kutz S Wolfgang Becker P Richard König D Hans Albers, Lotte Koch, Paul Edwin Roth, Heidi Scharf, Otto Gebühr | D (W) | 103 min | 1:1,37 | sw | 9. Dezember 1947

3.3.43

Münchhausen (Josef von Báky,1943)

»Abenteuer, Krieg, fremde Länder und schöne Frauen.« Zum ihrem 25. Geburtstag baut sich die (im Ersten Weltkrieg von der Obersten Heeresleitung zu Propagandazwecken aus der Taufe gehobene) UFA ein farbrauschendes Zelluloid-Luftschloß der Extraklasse. Die von »Filmminister« Dr. Goebbels persönlich in Auftrag gegebene Leinwandadaption der größten Lügengeschichte aller Zeiten führt den regsamen Baron Münchhausen (Hans Albers in bester Hoppla-jetzt-komm-ich-Laune) vom Stammschloß in der beschaulichen niedersächsischen Provinz über St. Petersburg, Istanbul, Venedig bis auf den Mond: ein prunkvolles Fest des Eskapismus, eine verwegene Flucht in die Phantasie, ein bumsfideler Ritt auf der Kanonenkugel – ein kinematographisches Leistungsschaustück mitten im totalen Krieg. Das von Erich Kästner (unter einem Pseudonym, das nicht genannt werden durfte) geschriebene, von Josef von Báky eher mit Bombast denn mit Grandezza ins Werk gesetzte Drehbuch schert sich nur wenig um erzählerische Stringenz; abrupte Szenenwechsel schaffen immer wieder neue Anlässe für tricktechnische Kapriolen sowie gewaltige Kostüm-, Kulissen- und Komparserie-Eruptionen, in denen die Kurzauftritte illustrer Persönlichkeiten des galanten Europa (Graf Cagliostro, Katharina die Große, Casanova) beinahe untergehen. Auch wenn sich gegen Ende des Agfacolor-Spektakels dunklere Töne einschleichen (»Die Zeit ist kaputt.«), wenn gar die Unsterblichkeit des unsterblichen Helden in Frage gestellt wird, obsiegt letztlich der Eindruck ungezügelter filmischer Großmannssucht.

R Josef von Báky B (ungenannt) Erich Kästner V Rudolf Erich Raspe, Gottfried August Bürger K Werner Krien, Konstantin Irmen-Tschet M Georg Haentzschel A Emil Hasler, Otto Gülstorff S Milo Harbich, Walter Wischniewsky P Eberhard Schmidt D Hans Albers, Brigitte Horney, Ilse Werner, Leo Slezak, Ferdinand Marian, Hermann Speelmans | D | 114 (134) min | 1:1,37 | f | 3. März 1943

# 1022 | 25. August 2016