30.8.63

Sonntagsfahrer (Gerhard Klein, 1963)

Der Mauerbau war an und für sich keine lustige Sache. Nach dem alten Schillerwort »Ernst ist das Leben, heiter die Kunst« unternimmt die ostzonale Defa zwei Jahre nach Errichtung des antifaschistischen Schutzwalls dennoch eine affirmativ-satirische Annährung an das heikle Thema: Acht Personen machen sich am 12. August 1961 zwecks Republikflucht auf den Weg von Leipzig nach Berlin – ein wortheldenhafter Innenarchitekt (und ehemaliger Wehrmachtsoffizier), ein gemütlicher Frisör, ein nachdenklicher Arzt, ein (eingebildet) herzkranker Wissenschaftler, nebst dazugehörigen bornierten Ehefrauen und kritischem Nachwuchs (ein junger Mann und eine junge Frau – wie passend). Die Fahrt erweist sich als abenteuerlich (für die Flüchtlingsgesellschaft) und lehrreich (fürs Publikum): Kühler kochen, Achsen brechen, Panzer rollen und (Charakter-)Masken fallen … So zusammengewürfelt wie die Reisegruppe, so divergent sind die von Regisseur Gerhard Klein und seinen Autoren bemühten gestalterischen Mittel – das Repertoire reicht von feinem Dialogwitz bis zum plumpen Kalauer, von stramm politischem Kabarett bis zum subtilen sittenkomödiantischen Spott, von billigen Namenswitzen (Spiessack, Denker, Rosentreter) bis zum didaktischen Aufsager. Am Ende von »Sonntagsfahrer« steht die Mauer, ist der Frieden gesichert, suchen die jungen Leute, die sowieso nicht mitwollten auf die andere Seite der Geschichte, ihr Heil lachend im Sozialismus – und auch den Alten (den Verbohrten, den Unbefriedigten, den Ewiggestrigen) bleibt nichts anderes übrig, als zu bleiben und sich (vielleicht) vom real-existierenden Glück überzeugen zu lassen.

R Gerhard Klein B Wolfgang Kohlhaase, Karl Georg Egel K Helmut Bergmann M Wilhelm Neef A Paul Lehmann S Evelyn Carow P Bernhard Gelbe D Harald Halgardt, Herwart Grosse, Angelika Domroese, Gerrd Ehlers, Irene Korb | DDR | 87 min | 1:1,37 | sw | 30. August 1963

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen