Das Jahr 1948, gesehen aus der Entfernung eines Säkulums. Robert A. Stemmle inszeniert seine Adaption von Günter Neumanns zeitkritischem Kabarettprogramm »Schwarzer Jahrmarkt« als staunenden Rückblick auf die bizarre Situation des Nachkriegs, festgemacht an den Erlebnissen eines prototypischen Heimkehrers in seiner zerbombten, zwischen Ost und West geratenen Vaterstadt Berlin. Otto Normalverbraucher (hungerhakig: Gert Fröbe) sieht sich konfrontiert mit bürokratischer Idiotie und allgegenwärtigem Mangel, mit gesellschaftlicher Kälte und politischem Hader, er begegnet Schiebern und Kupplerinnen, Traumschönheiten und Demagogen. Die »Revue der Stunde Null« spiegelt die prekären Zustände in szenischen Pointierungen, kinematographischen Spielereien, sprachwitzelnden Kommentaren, musikalischen Intermezzi. Der historische Hintergrund des großen Schlamassels bleibt dabei weitgehend ausgespart, die Menschen der Trümmerzeit erscheinen als hilflose Spielbälle der unberechenbaren Weltläufte, als vom Schicksals schwer Gebeutelte, denen zum versöhnlichen Schluß eine wohlgemeinte moralische Botschaft mit auf den Weg gegeben wird: Begrabt den Haß, reicht euch die Hände.
R Robert A. Stemmle B Günter Neumann V Günter Neumann K Georg Krause M Werner Eisbrenner, Günter Neumann A Gabriel Pellon Ko Gertrud Recke S Walter Wischniewsky P Alf Teichs D Gert Fröbe, Tatjana Sais, Aribert Wäscher, O. E. Hasse, Ute Sielisch | D(W) | 89 min | 1:1,37 | sw | 31. Dezember 1948
# 1197 | 2. September 2020
30.8.20
Vie privée (Louis Malle, 1962)
Privatleben
»No one leaves a star. That’s what makes one a star«, bemerkte einst Norma Desmond (die es wissen mußte), und Louis Malle scheint noch einen Schritt weiterzugehen, wenn er demonstriert, daß es nicht einmal dem Star selbst möglich ist, sich zu verlassen, will sagen dem Gefängnis des eigenen Ruhms zu entfliehen. Jill (Brigitte Bardot in einer kryptobiographischen Rolle), aus gutbürgerlichem Genfer Hause stammend, jung und schön, ziemlich lebenslustig und etwas oberflächlich, tanzt, modelt, steigt, fast ohne eigenes Zutun, kometenhaft zu internationaler Prominenz auf, hetzt von Film zu Film, von Mann zu Mann. Ein mädchenhafter Vamp, eine herausfordernde Unschuld, bewundert und beneidet, kultisch verehrt und abgrundtief gehaßt, bald umschwärmt, bald gejagt von Fans und Fotografen, fällt Jill in Depressionen, sucht Erlösung in der Liebe zu einem ritterlichen Intellektuellen (Marcello Mastroianni). Ein Märchen aus dem Paparazzizeitalter, das beginnt wie eine skizzenhafte soziologische Studie, das sich fortsetzt als Mischung aus klaustrophobischem Kammerspiel und fieberhaftem Melodram, das (alp-)traumhaft endet mit einem Sturz ins Bodenlose, in die Freiheit.
R Louis Malle B Louis Malle, Jean-Paul Rappeneau, Jean Ferry K Henri Decaë M Fiorenzi Carpi A Bernard Evein Ko Marie Martine Real S Kenout Peltier P Christine Gouze-Renal D Brigitte Bardot, Marcello Mastroianni, Ursula Kübler, Antoine Roblot, Gregor von Rezzori | F & I | 104 min | 1:1,66 | f | 31. Januar 1962
# 1196 | 30. August 2020
»No one leaves a star. That’s what makes one a star«, bemerkte einst Norma Desmond (die es wissen mußte), und Louis Malle scheint noch einen Schritt weiterzugehen, wenn er demonstriert, daß es nicht einmal dem Star selbst möglich ist, sich zu verlassen, will sagen dem Gefängnis des eigenen Ruhms zu entfliehen. Jill (Brigitte Bardot in einer kryptobiographischen Rolle), aus gutbürgerlichem Genfer Hause stammend, jung und schön, ziemlich lebenslustig und etwas oberflächlich, tanzt, modelt, steigt, fast ohne eigenes Zutun, kometenhaft zu internationaler Prominenz auf, hetzt von Film zu Film, von Mann zu Mann. Ein mädchenhafter Vamp, eine herausfordernde Unschuld, bewundert und beneidet, kultisch verehrt und abgrundtief gehaßt, bald umschwärmt, bald gejagt von Fans und Fotografen, fällt Jill in Depressionen, sucht Erlösung in der Liebe zu einem ritterlichen Intellektuellen (Marcello Mastroianni). Ein Märchen aus dem Paparazzizeitalter, das beginnt wie eine skizzenhafte soziologische Studie, das sich fortsetzt als Mischung aus klaustrophobischem Kammerspiel und fieberhaftem Melodram, das (alp-)traumhaft endet mit einem Sturz ins Bodenlose, in die Freiheit.
R Louis Malle B Louis Malle, Jean-Paul Rappeneau, Jean Ferry K Henri Decaë M Fiorenzi Carpi A Bernard Evein Ko Marie Martine Real S Kenout Peltier P Christine Gouze-Renal D Brigitte Bardot, Marcello Mastroianni, Ursula Kübler, Antoine Roblot, Gregor von Rezzori | F & I | 104 min | 1:1,66 | f | 31. Januar 1962
# 1196 | 30. August 2020
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