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6.6.62

Advise & Consent (Otto Preminger, 1962)

Sturm über Washington

»Son, this is a Washington, D.C. kind of lie. It's when the other person knows you're lying, and also knows you know he knows. You follow?« Der Präsident der Vereinigten Staaten (Franchot Tone) nominiert einen neuen Außenminister. Die eigenen Parteifreunde sind wenig begeistert: Robert Leffingwell (Henry Fonda), ein liberaler Intellektueller, gilt als Mann des Ausgleichs, der Entspannung, der Koexistenz. Der Senatsauschuß, der über die Eignung des Kandidaten zu befinden hat, wird zur Kampfzone diametraler Ansichten und Interessen. Otto Preminger ist es in seiner detaillierten Fallstudie weniger um die Inhalte des demokratischen Meinungsstreits zu tun, er untersucht vielmehr die, von menschlichen Befindlichkeiten bestimmte, Funktionsweise staatlicher Organe. Breiten Raum widmet er dabei der Typologie des politischen Personals: da sind der ausgleichende Elder Statesman (Walter Pidgeon), der fickrige Arrivist (George Grizzard), der flamboyante Veteran (Charles Laughton), der ritterliche Dandy (Peter Lawford), die alerte Nachwuchshoffnung (Don Murray) – allesamt verstrickt in ein Netz aus Geheimnissen und Winkelzügen, Absprachen und Erpressungen, Eitelkeit und Ehrgeiz. Premingers Panavision-Blick hinter die Kulissen der Macht zeigt die angespannte Förmlichkeit der Tagungsräume, die drückende Gewitterstimmung der Hinterzimmer (und die danteske Vision einer New Yorker Schwulenbar), untersucht (unter dem Eindruck der kaum abgeklungenen McCarthy-Paranoia) die Wechselbeziehung von Intrige und Integrität, den Zusammenhang von schmutziger Wäsche und schmutzigen Tricks, das Verhältnis von Eigennutz und Vaterlandsliebe: »What I did was for the good of the country.« – »Fortunately, our country always manages to survive patriots like you.«

R Otto Preminger B Wendell Mayes V Allen Drury K Sam Leavitt M Jerry Fielding A Lyle Wheeler S Louis R. Loeffler P Otto Preminger D Walter Pidgeon, Charles Laughton, Don Murray, Henry Fonda, Franchot Tone, Peter Lawford, Gene Tierney | USA | 138 min | 1:2,35 | sw | 6. Juni 1962

# 1081 | 13. Oktober 2017

26.6.47

The Ghost and Mrs. Muir (Joseph L. Mankiewicz, 1947)

Ein Gespenst auf Freiersfüßen

»Was it a vision, or a waking dream?« England um die Jahrhundertwende: Eine junge Witwe erträgt die bucklige Schwiegerverwandtschaft nicht mehr und zieht – mit kleiner Tochter und patentem Hausmädchen – aus, das Leben zu lernen. Was sie findet, ist ein haunted house am Meer, ein märchenhaftes Gemäuer, in dem der Geist des vormaligen Besitzers umgeht, einen verwunschenen Ort abseits der Welt, der sofort ihr Wohlgefallen findet. Die unerschrockene Mrs. Muir (Gene Tierney) und der verewigte Captain Gregg (Rex Harrison) treten, nach einer kurzen Phase der transsphärischen Akklimatisierung (mit einigem poltergeistigem Zimmerspuk), alsbald in eine romantische Beziehung, die nicht nur auf ideeller Verbundenheit beruht (die beiden verfassen »gemeinsam« den »autobiographischen« Seefahrer-Roman »Blood and Swash«), sondern der auch eine deutlich erotische Komponente eignet: Die attraktive Lebende und ihr toter Vertrauter teilen das Schlafzimmer des idyllischen Anwesens … Joseph L. Mankiewicz verbindet mit seiner sentimentalen Komödie höchst stilvoll Elemente der phantastischen Burleske und des psychologischen Dramas: »The Ghost and Mrs. Muir« handelt vom Umgang mit Verlust und vom Ringen um Selbständigkeit, es geht um Wunschprojektionen und um Traumbilder, die sich eine Frau von einem Mann, ein Mann von einer Frau – generaliter: ein Mensch vom anderen – macht. Reizvolle Irritation erregt zudem die Besetzung: Während ein sehr irdischer, sehr vitaler Darsteller das Phantom verkörpert, wird die Rolle der Diesseitigen von der vielleicht ätherischsten Kinoschönheit ihrer Zeit beseelt. PS: »It's no crime to be alive!«

R Joseph L. Mankiewicz B Philip Dunne V R. A. Dick K Charles Lang Jr. M Bernard Herrmann A George W. Davis, Richard Day S Dorothy Spencer P Fred Kohlmar D Gene Tierney, Rex Harrison, George Sanders, Edna Best, Natalie Wood | USA | 104 min | 1:1,37 | sw | 26. Juni 1947

11.10.44

Laura (Otto Preminger, 1944)

Laura

»I shall never forget the weekend Laura died.« Es beginnt wie ein simpler Whodunit: Eine Frau wurde ermordet; sie starb in ihrer Wohnung durch eine doppelte Schrotladung mitten in ihr schönes Gesicht. Das Portrait dieser Frau, einst gemalt von einem Künstler, der sie liebte, schwebt über den Ermittlungen wie der Geist der faszinierenden Toten (Gene Tierney), beobachtet – aufmerksam, mehrdeutig, herausfordernd – die Herren, die ihr über den Tod hinaus (aus unterschiedlichen Gründen) innig verbunden, ja rettungslos verfallen sind: den blasierten Kolumnisten (Clifton Webb), den fragwürdigen Lebemann (Vincent Price), den bärbeißigen Polizisten (Dana Andrews), der das Verbrechen (zunehmend obsessiv) untersucht … »Out of a misty dream / Our path emerges for a while, then closes / Within a dream.« (Ernest Dowson) … Natürlich steht am Ende von »Laura« die Aufklärung, natürlich bleibt der Täter nicht unentdeckt, mehr (viel mehr) als an der kriminalistischen Recherche (die durch eine überraschende Resurrektion knalleffektiv getwistet wird) liegt Otto Preminger jedoch an der Erforschung geheimnisvoller Tiefen der menschlichen (genauer gesagt: männlichen) Seele, wo romantische Besessenheit Traumbilder zum Leben erweckt, wo unbändige Begierde ihre obskuren Objekte selber schafft, um sie in einem Akt fanatischer Hörigkeit schließlich vor vermeintlicher Schändung zu bewahren und gewaltsam zu verewigen: »Love is stronger than life. It reaches beyond the dark shadow of death.«

R Otto Preminger B Jay Dratler, Samuel Hoffenstein, Elizabeth Reinhardt V Vera Caspary K Joseph LaShelle M David Raksin A Leland Fuller, Lyle R. Wheeler S Louis R. Loeffler P Otto Preminger D Gene Tierney, Dana Andrews, Clifton Webb, Vincent Price, Judith Anderson | USA | 88 min | 1:1,37 | sw | 11. Oktober 1944

11.8.43

Heaven Can Wait (Ernst Lubitsch, 1943)

Ein himmlischer Sünder

»I presume your funeral was satisfactory.« – »Well, there was a lot of crying, so I believe everybody had a good time.« Henry Van Cleve (Don Ameche), reich an Geld, an Grillen, an Gelüsten, suchte im Leben immer nur das eine: sein Vergnügen – ein charmanter, unbeschwerter, eskapistischer Bonvivant, der schon als Baby die Damen verrückt machte, der trotz der Ehe mit einer geradezu überirdischen Erscheinung (Gene Tierney als strahlender (Männer-)Traum) nicht von anderen Frauen lassen konnte, der noch als Greis der Faszination von Tanzmäusen erlag … Nach seinem (beschwingten) Tod, das ist ihm klar, fährt er billigermaßen zur Hölle (die aussieht wie das Foyer eines Revuetheaters oder die Vorstandsetage eines Unterhaltungskonzerns); der Teufel (ein spitzbärtiger Weltmann im Frack) lauscht interessiert der Biographie des reizenden Missetäters (112 Minuten Film für 70 Jahre einer federleichten Existenz) und weist ihn freundlich ab: »We don’t cater to your class of people here.« Ernst Lubitsch gibt sich so charmant, so unbeschwert, so eskapistisch wie sein vielgeliebter Held, folgt dem Strom einer schöngefärbten Erinnerung an knallbunt ausgemalte immergute Zeiten: Kino wie ein Walzer von Strauss, wie ein Menuett von Mozart, Kino als galante Technicoloratur ohne moralische, politische, gesellschaftliche Botschaft. Mit »Heaven Can Wait« empfiehlt sich Lubitsch als der freundliche Schöpfer einer besseren (illusionären) Welt: Bei ihm gelangt auch der reiche Mann in den Himmel – das Kamel (in diesem Falle die Kuh ›Mabel‹) muß draußen bleiben.

R Ernst Lubitsch B Samson Raphaelson V László Bús-Fekete K Edward Cronjager M Alfred Newman A James Basevi, Leland Fuller S Dorothy Spencer P Ernst Lubitsch D Don Ameche, Gene Tierney, Charles Coburn, Marjorie Main, Laird Cregar | USA | 112 min | 1:1,37 | f | 11. August 1943