Cruising
»I am with someone.« – »Aren’t we all?« William Friedkins in eiskaltes Blau und ledernes Schwarz getauchter Großstadt-Thriller bietet zwar eine Reihe von brutal abgestochenen schwulen Leichen auf, aber mehr als für die Identität des Täters interessiert sich »Cruising« für die Identität des (verdeckten) Ermittlers: Steve Burns (Al Pacino) entdeckt als Undercover-Cop nicht nur eine fremde, seltsame Welt, sondern stößt dort vor allem auf ihm bislang unbekannte Seiten seiner selbst. Während die hochempfindliche Kamera (James Contner) sowie der flimmernd-nächtliche Score (Jack Nitzsche) zu jedem Zeitpunkt das Schlimmste erwarten lassen, verstört die (niemals abschätzige) Inszenierung immer wieder gezielt durch radikale Ellipsen, in denen fünfaktige persönliche Dramen verschwunden sein könnten, und durch unbegreifliche Momente, die keinerlei Erklärung erfahren – wie zum Beispiel der Deus-ex-machina-Auftritt eines muskelbepackten, Cowboyhut, Jockstrap und Stiefel tragenden Schwarzen, der beim Verhör auf dem Polizeirevier schallende Ohrfeigen verabfolgt. Wenn Steve am Ende der Erzählung sich selbst – und damit dem Zuschauer – via Spiegel in die Augen schaut, scheint er weniger zu fragen, wer er (geworden) ist, als vielmehr die – vielleicht unbequeme, vielleicht befreiende – Antwort zu kennen. Seine Freundin (Karen Allen) probiert unterdessen die Ledermütze auf … »Who’s here? I’m here. You’re here.«
R William Friedkin B William Friedkin V Gerald Walker K James Contner M Jack Nitzsche A Bruce Weintraub Ko Robert De Mora S Bud Smith P Jerry Weintraub D Al Pacino, Paul Sorvino, Karen Allen, Richard Cox, Don Scardino | USA & BRD | 102 min | 1:1,85 | f | 8. Februar 1980
Diese Lesart des Schlusses hat sich ja bei der revisionistischen Rezeption des Films mittlerweile durchgesetzt.
AntwortenLöschenTrotzdem bleibt auch bei Dir ein Satz wie "niemals abschätzig" genauso Behauptung wie der Vorwurf, der Film sei bis aufs Schlimmste homophob (was er ist). :D
Dann steht (nicht nur) hier einfach mal Behauptung gegen Behauptung. :) Im übrigen glaube ich, daß Friedkin für Menschen generell nicht besonders viel übrig hat – Abschätzigkeit ist bei ihm so wenig im Spiel wie Zuneigung. Da ist einfach nur kaltes Interesse an Verhaltensformen und Interaktionen. Ich finde diese Sichtweise legitim und faszinierend.
AntwortenLöschen