Der Mieter
»These days, relationships with neighbours can be … quite complicated.« Roman Polanskis Gegenstück zu Alfred Hitchcocks »Rear Window«: Wo bei Hitchcock das Fenster zur Loge wird, von der aus sich dem Betrachter die Welt in ihrer (mitunter tödlichen) Vielfalt erschließt, wird bei Polanski der Hof zum Logentheater, von dessen Plätzen aus die Welt den großen Auftritt des Hauptakteurs betrachtet. In beiden Fällen geht es um das Verhältnis von Mensch und Umwelt sowie von Innen und Außen, das heißt auch: von Innen- und Außenwahrnehmung. Während Hitchcock (in sommerlichem New Yorker Setting) elegant mit Blicken und Widerblicken spielt, interessiert sich Polanski (in novembrigem Pariser Ambiente) für die zerstörerischen Kräfte des Sehens und Gesehenwerdens, für Projektionen und Visionen, für Selbst-, Feind- und Wahnbilder. Nach einem Roman des ’Pataphysikers Roland Topor schildert »Le locataire« in realistisch-bedrückender Atmosphäre (Kamera: Sven Nykvist / Bauten: Pierre Guffroy), sparsam untermalt von einem osteuropäisch anmutenden Score (Philippe Sarde) das Schicksal des verunsicherten M. Trelkowsky (M. Polanski), eines Mannes, welcher – umgeben von einer Schar überaus unerquicklicher Nachbarn (Melvyn Douglas, Bernard Fresson, Jo Van Fleet und Shirley Winters) – in seinem schäbigem Appartement durch das, was er sieht, und durch die Art, wie er gesehen wird, zu etwas anderem (gemacht) wird; die Geschichte des Mieters entfaltet sich als giftig-schwarzhumoriger Alptraum, der mit einem markerschütternden Schrei beginnt und mit einem ebensolchen endet.
R Roman Polanski B Roman Polanski, Gérard Brach V Roland Topor K Sven Nykvist M Philippe Sarde A Pierre Gueffroy S Françoise Bonnot P Andrew Braunsberg D Roman Polanski, Isabelle Adjani, Melvyn Douglas, Lila Kedrova, Shelley Winters | F | 126 min | 1:1,66 | f | 26. Mai 1976
26.5.76
13.5.76
Monsieur Klein (Joseph Losey, 1976)
Monsieur Klein
»Allô … Robert Klein?« – »Qui est à l’appareil?« – »Robert Klein.« Es ist ein ganz normaler Vormittag während der deutschen Okkupation, als Monsieur Klein (Alain Delon) vor seiner Tür eine Zeitschrift findet, die er nicht abonniert hat. Mit der ungebetenen Zustellung der ›Informations juives‹ gerät der mondäne Pariser Antiquitätenhändler, der in letzter Zeit gute Geschäfte macht mit Menschen, die (ohne daß sie etwas Böses getan hätten) unter einem gewissen Druck stehen, in den eigentümlichen Apparat der Bürokratie. Schnell drängt sich der Verdacht auf, daß es einen zweiten Robert Klein gäbe, einen Verfolgten, der sich zum Schutz seines bedrohten Lebens hinter der Identität des gleichnamigen Geschäftsmannes verbärge. Monsieur Klein erlebt die Spaltung seiner Persönlichkeit, erfährt die Verwandlung in einen Anderen, muß sein erodierendes Selbst vor einem wahnsinnig-konsequenten Gesetz verteidigen, findet sich wieder in einer Strafkolonie der Absonderung, Entwürdigung, Vernichtung. Joseph Losey erzählt eine historisch präzise lokalisierte Geschichte als blaßgrauen Alptraum, als zwangsläufige Ausbreitung einer tödlichen Idee in der ungesicherten Wirklichkeit, als furchterregend-ordentlichen Prozeß, in dem das Urteil längst feststeht. Monsieur Delon geht durch dieses Geschehen mit der ungläubig-gefrorenen Miene desjenigen, der in einem schwarzen Spiegel die unaufhaltsame Dekonstruktion seiner ehedem festgefügten Welt beobachtet und vor Entsetzen nicht fähig ist zu schreien.
R Joseph Losey B Franco Solinas K Gerry Fisher M Egisto Macchi, Piero Porte A Alexandre Trauner S Henri Lanoë P Alain Delon D Alain Delon, Michel Lonsdale, Jeanne Moreau, Francine Bergé, Juliet Berto | F & I | 123 min | 1:1,66 | f | 13. Mai 1976
»Allô … Robert Klein?« – »Qui est à l’appareil?« – »Robert Klein.« Es ist ein ganz normaler Vormittag während der deutschen Okkupation, als Monsieur Klein (Alain Delon) vor seiner Tür eine Zeitschrift findet, die er nicht abonniert hat. Mit der ungebetenen Zustellung der ›Informations juives‹ gerät der mondäne Pariser Antiquitätenhändler, der in letzter Zeit gute Geschäfte macht mit Menschen, die (ohne daß sie etwas Böses getan hätten) unter einem gewissen Druck stehen, in den eigentümlichen Apparat der Bürokratie. Schnell drängt sich der Verdacht auf, daß es einen zweiten Robert Klein gäbe, einen Verfolgten, der sich zum Schutz seines bedrohten Lebens hinter der Identität des gleichnamigen Geschäftsmannes verbärge. Monsieur Klein erlebt die Spaltung seiner Persönlichkeit, erfährt die Verwandlung in einen Anderen, muß sein erodierendes Selbst vor einem wahnsinnig-konsequenten Gesetz verteidigen, findet sich wieder in einer Strafkolonie der Absonderung, Entwürdigung, Vernichtung. Joseph Losey erzählt eine historisch präzise lokalisierte Geschichte als blaßgrauen Alptraum, als zwangsläufige Ausbreitung einer tödlichen Idee in der ungesicherten Wirklichkeit, als furchterregend-ordentlichen Prozeß, in dem das Urteil längst feststeht. Monsieur Delon geht durch dieses Geschehen mit der ungläubig-gefrorenen Miene desjenigen, der in einem schwarzen Spiegel die unaufhaltsame Dekonstruktion seiner ehedem festgefügten Welt beobachtet und vor Entsetzen nicht fähig ist zu schreien.
R Joseph Losey B Franco Solinas K Gerry Fisher M Egisto Macchi, Piero Porte A Alexandre Trauner S Henri Lanoë P Alain Delon D Alain Delon, Michel Lonsdale, Jeanne Moreau, Francine Bergé, Juliet Berto | F & I | 123 min | 1:1,66 | f | 13. Mai 1976
Labels:
Antisemitismus,
Delon,
Drama,
Holocaust,
Losey,
Moreau,
Paris,
Phantastik,
Thriller,
Zweiter Weltkrieg
12.5.76
Les magiciens (Claude Chabrol, 1976)
Die Schuldigen mit den sauberen Händen
Im Mittelpunkt von Claude Chabrols parapsychologischem Thrillerarrangement stehen die Umtriebe des reichen Nichtstuers Édouard (Jean Rochefort), der sich in einem tunesischen Ferienparadies den intriganten Jux machen will, die präkognitive Vorhersage des mit dem zweiten Gesicht begabten (oder gestraften) Bühnenmagiers Vestar (Gert Fröbe) Wirklichkeit werden zu lassen: ein Mord soll geschehen, am Strand, unter einem rot getupften Himmel. Unfreiwillige Versuchspersonen der Schicksalsmanipulation sind ein zwieträchtiges Ehepaar (Franco Nero und Stefania Sandrelli) sowie die unverhofft aufkreuzende Exgeliebte des Mannes ... Unter (eher oberflächlichem) Bezug auf einige Werke seines großen Vorbilds Fritz Lang betrachtet Chabrol (ohne wirklich tiefgehendes Interesse) den Destruktionstrieb der ennuyiert-genießenden Klasse und folgt (mit mäßiger Anteilnahme) den (mehr oder weniger verschlungenen) Wegen der Vorsehung (die sich nicht ins Handwerk pfuschen läßt – auch wenn das Ergebnis ihres Wirkens ein anderes als das erwartete sein mag).
R Claude Chabrol B Pierre Lesou, Paul Gégauff V Frédéric Dard K Jean Rabier A Jean Labussière S Monique Fardoulis P Tarak Ben Ammar, Jean Boujnah, Tablouti Temini D Jean Rochefort, Gert Fröbe, Franco Nero, Stefania Sandrelli, Gila von Weitershausen | F & I & BRD | 94 min | 1:1,66 | f | 12. Mai 1976
# 1110 | 12. Mai 2018
Im Mittelpunkt von Claude Chabrols parapsychologischem Thrillerarrangement stehen die Umtriebe des reichen Nichtstuers Édouard (Jean Rochefort), der sich in einem tunesischen Ferienparadies den intriganten Jux machen will, die präkognitive Vorhersage des mit dem zweiten Gesicht begabten (oder gestraften) Bühnenmagiers Vestar (Gert Fröbe) Wirklichkeit werden zu lassen: ein Mord soll geschehen, am Strand, unter einem rot getupften Himmel. Unfreiwillige Versuchspersonen der Schicksalsmanipulation sind ein zwieträchtiges Ehepaar (Franco Nero und Stefania Sandrelli) sowie die unverhofft aufkreuzende Exgeliebte des Mannes ... Unter (eher oberflächlichem) Bezug auf einige Werke seines großen Vorbilds Fritz Lang betrachtet Chabrol (ohne wirklich tiefgehendes Interesse) den Destruktionstrieb der ennuyiert-genießenden Klasse und folgt (mit mäßiger Anteilnahme) den (mehr oder weniger verschlungenen) Wegen der Vorsehung (die sich nicht ins Handwerk pfuschen läßt – auch wenn das Ergebnis ihres Wirkens ein anderes als das erwartete sein mag).
R Claude Chabrol B Pierre Lesou, Paul Gégauff V Frédéric Dard K Jean Rabier A Jean Labussière S Monique Fardoulis P Tarak Ben Ammar, Jean Boujnah, Tablouti Temini D Jean Rochefort, Gert Fröbe, Franco Nero, Stefania Sandrelli, Gila von Weitershausen | F & I & BRD | 94 min | 1:1,66 | f | 12. Mai 1976
# 1110 | 12. Mai 2018
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