3.9.69

Fellini – Satyricon (Federico Fellini, 1969)

Fellinis Satyricon

Jenseits aller bekannten Klischees von Antikenfilmen zaubert Federico Fellini (zusammen mit hochkarätigen künstlerischen Mitstreitern wie dem langjährigen Visconti-Kameramann Giuseppe Rotunno und Pasolinis Chef-Ausstatter Danilo Donati) aus dem fragmentarischen Roman des Petronius seine ureigene Phantasmagorie des römischen Altertums. Die Sprung- und Lückenhaftigkeit des Geschehens wird ebenso zum formalen Prinzip erhoben wie der krasse Anti-Naturalismus des Spiels, der Bauten, der Masken und der Kostüme. In den Fokus geraten immer wieder die beiden gutgebauten Herumtreiber Encolpius und Ascyltus sowie ihr ätherischer Lustknabe Giton, die sich ziellos durch ein archaisches Panoptikum bewegen, dessen grotesk arrangierte lebende Bilder als diffuse Projektionen aktueller gesellschaftlich-kultureller Phänomene erscheinen: die Erosion überkommener Moralvorstellungen und die Auflösung von Geschlechterrollen klingt ebenso an wie radikaler Hedonismus und schöpferische Impotenz. Als metaphorische Analyse gegenwärtiger sozialer Entwicklungen bleibt »Fellini – Satyricon« allerdings unscharf: Etwas zu selbstbesoffen verliert sich der maestro in der entfesselten mythomanischen Bilderflut, in seiner Begeisterung für bizarre Physiognomien und abnorme Körper. Die grelle Schminke, mit der Fellini sein monströses endzeitliches Sittenbild überzieht, mag auch dazu dienen, den einen oder anderen Moment gestalterischer Ermüdung zu kaschieren.

R Federico Fellini B Federico Fellini, Bernardino Zapponi, Brunello Rondi V Petronius K Giuseppe Rotunno M Nino Rota A Luigi Scaccianoce S Ruggero Mastroianni P Alberto Grimaldi D Martin Potter, Hiram Keller, Max Born, Magali Noël, Capucine | I | 128 min | 1:2,35 | f | 3. September 1969

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen