3.2.60

La dolce vita (Federico Fellini, 1960)

Das süße Leben

»Dieses Fest wird nie ein Ende nehmen.« Klatschreporter Marcello (Mastroianni) führt das staunende Publikum als munter-melancholischer Cicerone durch die Pseudo-Welt der deformierten Schönen und elenden Reichen: Da wird das nächtliche Bad eines dumm-sinnlichen Busenstars im barocken Brunnen zum großen Glücksversprechen, da dient die soziale Misere als exotische Kulisse zur Steigerung von schalen Lustgefühlen, da findet die Sehnsucht nach Sinn und Erlösung ihre Erfüllung nur mehr in medial verwursteter Scharlatanerie. Überhaupt die Medien: Anschaulich wie kaum ein anderer Film beschreibt »La dolce vita« (in Form eines bewußt fragmentarisch angelegten Freskos) die Fiktionalisierung des realen Lebens in einer Gesellschaft, die (nach Guy Debord) »die Vorstellung der Wirklichkeit, den Schein dem Wesen vorzieht … denn heilig ist ihr nur die Illusion, profan aber die Wahrheit.« Während Filmschauspieler und Adelige, Jet-Setter und Parvenüs einen ewigen bunten Abend in tristen Farben feiern, bleibt den verstörten Intellektuellen nichts als die bedingungslose Kapitulation – entweder indem sie sich (und den Ihren) die Kugel geben oder indem sie als Zeremonienmeister des stumpfsinnigen Vergnügens agieren. Federico Fellinis bösartiger, staunender, angeekelter, mitleidender Blick auf die (nicht nur) neurömische Dekadenz wird in 2000 Jahren – falls es dann noch Filmprojektoren geben sollte – davon künden, wie es war, das Leben in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts: so süß, daß es schmerzt.

R Federico Fellini B Federico Fellini, Ennio Flaiano, Tullio Pinelli, Brunello Rondi K Otello Martelli M Nino Rota A Piero Gherardi S Leo Cattozzo P Angelo Rizzoli, Giuseppe Amato D Marcello Mastroianni, Anita Ekberg, Anouk Aimée, Yvonne Furneaux, Alain Cuny | I & F | 174 min | 1:2,35 | sw | 3. Februar 1960

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