9.9.65

Solange Leben in mir ist (Günter Reisch, 1965)

»Ein Held? Das ist ein Sozialist der Tat!« Gemessen an seiner eigenen Definition ist der Karl Liebknecht des Films (weniger verkörpert denn verstimmlicht von Horst Schulze) kein Held. Liebknecht ist ein Sozialist des Wortes. Er redet und redet und redet: Er hält Reden im Reichstag und im Kaffeehaus, in seinem Wohnzimmer und in freier Natur, im Schützengraben und vor Gericht; er richtet Adressen an seine geliebte Frau und an befreundete Proletarier, er referiert vor wutschnaubenden Gegnern und enthusiastischen Genossen, und noch zu seiner zehnjährigen Tochter spricht er wie zur Nachwelt. »Solange Leben in mir ist«, der – aus streng parteilicher Sicht – die Biographie des aufrechten, friedensliebenden Revolutionärs vom Sommer 1914 (seinem einsamen »Nein!« zu den Kriegskrediten) bis zum Sommer 1916 (seiner Verurteilung wegen »Nieder mit dem Krieg! Nieder mit der Regierung!« = Hochverrat) in perfekt austarierten, wie aus grauem Stein geschlagenen Breitwandbildern nachzeichnet, könnte ebensogut den Titel »Solange Stimme in mir ist« tragen.

R Günter Reisch B Michael Tschesno-Hell, Günter Reisch, Hermann Herlinghaus K Horst E. Brandt M Ernst Hermann Meyer A Willy Schiller, Dieter Adam S Bärbel Weigel P Gerd Golde D Horst Schulze, Albert Hetterle, Erika Dunkelmann, Jutta Hoffmann, Ludmilla Kasjanowa | DDR | 114 min | 1:2,35 | sw | 9. September 1965

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