3.7.61

Das Wunder des Malachias (Bernhard Wicki, 1961)

Der glaubensinnig-naive Benediktinerpater Malachias (Horst Bollmann) versetzt die in unmittelbarer Nachbarschaft eines Gotteshauses gelegene ›Eden-Bar‹, einen so zwielichtigen wie beliebten Amüsierschuppen, kraft seines Gebetes auf eine entlegene Nordseeinsel. Ein Wunder! Schnell entwickelt sich ein gewaltiger (Medien-)Rummel um das Loch, das an der Stelle klafft, wo zuvor das Bumslokal seine Besucher anlockte. In rasantem Tempo, mit grotesk überzeichneten Typen und atemlosen Plapperdialogen, gestaltet Bernhard Wicki ein hypertroph-fellineskes Gesellschaftspanorama der wirtschaftswunderlichen Bundesrepublik. Gieriger Konsum, emotionale Kälte, schuldbeladenes Vergessen, überwältigende Angst, beliebige Sinnsuche beherrschen die Bewohner dieses armen reichen, dieses tief versehrten Landes, das ohne jedes Mitleid (und sehr von oben herab) porträtiert wird: Presse und Banken, aalglatte Werbeprofis und abergläubischer Pöbel, Intelligenz und Hautevolee, gemütsarme Geschäftemacher und zielstrebige Betthäschen bekommen gleichermaßen ihr brachial-satirisches Fett weg. Eine geschickt aus mehreren Städten (Hamburg, Düsseldorf, Gelsenkirchen) zusammengesetzte idealtypische provinzielle Metropole bildet den unwirtlichen Hintergrund dieser hysterisch-nervigen, fiktiv-veristischen Bestandaufnahme eines Lebens, das ohne Zukunft und ohne Alternative ist. Da hilft wohl tatsächlich nur noch beten …

R Bernhard Wicki B Heinz Pauck, Bernhard Wicki V Bruce Marshall K Klaus von Rautenfeld, Gerd von Bonin M Hans-Martin Majewski A Otto Pischinger, Ernst Schomer S Carl Otto Bartning P Otto Meissner D Horst Bollmann, Richard Münch, Karin Hübner, Günter Pfitzmann, Brigitte Grothum | BRD | 126 min | 1:1,66 | sw | 3. Juli 1961

1.7.61

Une femme est une femme (Jean-Luc Godard, 1961)

Eine Frau ist eine Frau 

Sie (belle à regarder: Angéla – Karina) will ein Kind. Er (Émile – Brialy) will ihr keins machen. Der beste Freund (Alfred – Belmondo) ist nicht abgeneigt einzuspringen. Godards Hommage in Eastmancolor und Franscope an das Kino, an Paris, an Lubitsch, an das Leben, an die Liebe und an seine Frau, die eine Frau ist (und bleibt). »C’est parce qu’ ils aiment que tout va tourner mal pour Émile et Angéla.« Nun, ganz so schlimm kommt es dann doch nicht – schließlich befinden wir uns in einer comédie musicale. JLG schüttelt Spiel, Spaß und Alltag aus dem Handgelenk: ein Striptease in einem Cabaret Dancing; eine beiläufige Huldigung an Bob Fosse; eine Radfahrt durch eine Mansardenwohnung; ein Streit in (Fragmenten von) Buchtiteln (»… Monstre« – »… te faire foutre« – »Bourreau…« – »Toutes les femmes…« »… au poteau«); ein Aznavour-Chanson (»Tu te laisses aller«) aus der Musicbox eines kleinen Cafés; neugierige Blicke in die Gesichter von Passanten. So salopp, so leichtfüßig, so boulevardesk wird Godard nie wieder sein. C’est eigentlich dommage.

R Jean-Luc Godard B Jean-Luc Godard K Raoul Coutard M Michel Legrand A Bernard Evein S Agnès Guillemot, Lila Herman P Georges de Beauregard, Carlo Ponti D Anna Karina, Jean-Claude Brialy, Jean-Paul Belmondo, Marie Dubois, Ernest Menzer | F & I | 85 min | 1:2,35 | f | 1. Juli 1961