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6.9.64

Soy Cuba (Michail Kalatosow, 1964)

Ich bin Kuba 

Der Mensch und die Geschichte – eine optimistische Tragödie … Ein Episodenfilm über die Vorgeschichte der kubanischen Revolution? Eher eine filmische Symphonie über eine revolutionäre Situation: vier Sätze über gesellschaftliche Bedingungen, die im Umsturz gipfeln. Eine Prostituierte aus den Slums von Havanna (mit ihrem Verlobten, einem Obsthändler, und einem reichen amerikanischen Freier); ein alter Bauer (mit seinen halbwüchsigen Kindern und dem Grundbesitzer, der ihm die Existenz raubt); ein couragierter Student (mit seinen Kommilitonen und den Schergen des Systems); ein verarmter Landarbeiter (mit seiner Familie und den Kämpfern der Rebellenarmee) – diese Figuren, kaum als Träger von Handlung zu bezeichnen, gleichen, wie die imposanten Landschaften und die dramatischen Stadtansichten, wie die hochragenden Palmen und das wogende Zuckerrohr, ikonischen Motiven einer epochalen filmischen Komposition. Michail Kalatosows rhythmische Inszenierung und Sergei Urussewskis grafische Kamera lösen sich (fast) vollständig aus der Indienstnahme durch die Erzählung, orchestrieren stattdessen eine einmalige audiovisuelle Erfahrung, ein Weitwinkel-Poem von zäher Todesmacht und ihrer lebensgefährlichen Überwindung, eine ungeniert hymnische Liebeserklärung an ein Land und seine Menschen. Infrarotfotografie verzaubert alle Pflanzen in glänzende Zuckerkristalle, virtuose Plansequenzen setzen sich über räumliche Beschränkungen hinweg wie Revolutionäre über scheinbar eherne Verhältnisse. »Soy Cuba« endet mit dem Sieg der Aufständischen, mit einem endlosen Strom von Jubelnden. Die Geschichte, deren Motor (nach Joseph Brodsky) mit Sterbenden befeuert wird, macht Pause.

R Michail Kalatosow B Jewgeni Jewtuschenko, Enrique Pineda Barnet K Sergei Urussewski M Carlos Fariñas A Jewgeni Swidetelew S Nina Glagolewa P Semjon Mariachin, Miguel Mendoza D Luz María Collazo, Jean Bouise, Raúl García, José Gallardo, Raquel Revuelta | SU & C | 141 min | 1:1,37 | sw | 6. September 1964

30.12.59

Our Man in Havana (Carol Reed, 1959)

Unser Mann in Havanna 

Der Kalte Krieg als karibische Farce: Ein britischer Staubsaugervertreter im vorrevolutionären Kuba (grandios durchschnittlich: Alec Guinness), der wegen seiner pferdenärrischen Tochter anhaltend in pekuniären Schwierigkeiten lebt, läßt sich als Geheimdienstagent anheuern und füttert die Zentrale mit (zu gut) erfundenen Informationen; obwohl die nach London gelieferten Pläne militärischer Anlagen fatal an Haushaltsgeräte erinnern, wächst sich die Fiktion zur blutigen Realität aus… »Our Man in Havana«, eine weitere Expedition des »The Third Man«-Regisseurs Carol Reed nach Greeneland, legt sarkastisch dar, daß ›intelligence‹ nichts mit Intelligenz zu tun haben muß, und bietet darüberhinaus einige prononcierte Schauspielerleistungen: Noël Coward als aufgeblasener Führungsoffizier ohne jede Menschenkenntnis, Burl Ives als sentimental-konspirativer Fettsack auf der Suche nach dem Geheimnis des Käseblaus, Ernie Kovacs als korrupter Bluthund mit Hang zu Klosterschülerinnen, Ralph Richardson als entrückter Spionagechef, der den Unterschied zwischen West- und Ostindien wohl nicht mehr lernen wird. Die Verschiebung der erzählerischen Tonlage von der politischen Satire zum moralischen Drama (und wieder zurück) irritiert zwar zunächst, macht aber auch die Hintergründigkeit des Films aus.

R Carol Reed B Graham Greene V Graham Greene K Oswald Morris M Frank Deniz, Laurence Deniz A John Box S Bert Bates P Carol Reed D Alec Guiness, Burl Ives, Maureen O’Hara, Ernie Kovacs, Noël Coward, Ralph Richardson | UK | 111 min | 1:2,35 | sw | 30. Dezember 1959