Unser Mann in Havanna
Der Kalte Krieg als karibische Farce: Ein britischer Staubsaugervertreter im vorrevolutionären Kuba (grandios durchschnittlich: Alec Guinness), der wegen seiner pferdenärrischen Tochter anhaltend in pekuniären Schwierigkeiten lebt, läßt sich als Geheimdienstagent anheuern und füttert die Zentrale mit (zu gut) erfundenen Informationen; obwohl die nach London gelieferten Pläne militärischer Anlagen fatal an Haushaltsgeräte erinnern, wächst sich die Fiktion zur blutigen Realität aus… »Our Man in Havana«, eine weitere Expedition des »The Third Man«-Regisseurs Carol Reed nach Greeneland, legt sarkastisch dar, daß ›intelligence‹ nichts mit Intelligenz zu tun haben muß, und bietet darüberhinaus einige prononcierte Schauspielerleistungen: Noël Coward als aufgeblasener Führungsoffizier ohne jede Menschenkenntnis, Burl Ives als sentimental-konspirativer Fettsack auf der Suche nach dem Geheimnis des Käseblaus, Ernie Kovacs als korrupter Bluthund mit Hang zu Klosterschülerinnen, Ralph Richardson als entrückter Spionagechef, der den Unterschied zwischen West- und Ostindien wohl nicht mehr lernen wird. Die Verschiebung der erzählerischen Tonlage von der politischen Satire zum moralischen Drama (und wieder zurück) irritiert zwar zunächst, macht aber auch die Hintergründigkeit des Films aus.
R Carol Reed B Graham Greene V Graham Greene K Oswald Morris M Frank Deniz, Laurence Deniz A John Box S Bert Bates P Carol Reed D Alec Guiness, Burl Ives, Maureen O’Hara, Ernie Kovacs, Noël Coward, Ralph Richardson | UK | 111 min | 1:2,35 | sw | 30. Dezember 1959
30.12.59
28.12.59
Voulez-vous danser avec moi? (Michel Boisrond, 1959)
Wollen Sie mit mir tanzen?
Gefällig arrangierte Petitesse mit BB in der Rolle einer amateurdetektivischen Ehefrau, die die Unschuld ihres (noch gar nicht verdächtigten) Ehemannes (massig: Henri Vidal) in einer Mordsache beweisen will. Tatort ist eine Tanzschule, deren nebenberuflich als Erpresserin tätige Chefin (rassig: Dawn Addams) schnöde abgeknallt wurde. Hauptattraktionen der possenhaften (und leicht homophoben) Thriller-Romanze sind weder intelligente Handlung noch nervenzerreißende Spannung sondern (neben dem Kurzauftritt von Serge Gainsbourg als segelohriger Kleinganove und einem verruchten Ausflug ins Pariser Transvestitenlokal ›Fétiche bleue‹) sinnliche Unbefangenheit und entspannte Körperlichkeit der BB. Nur wenige flirten so unverblümt mit der Kamera (und werden so aufrichtig von ihr geliebt), kaum ein anderer Star des (kommerziellen) Kinos verwandelt Drehbuchkonstruktionen und Inszenierungsplatitüden so einnehmend und restlos in (auf-)reizende Natürlichkeit wie Brigitte Bardot.
R Michel Boisrond B Gérard Oury, Jean-Charles Tachella, Michel Boisrond, Annette Wademant V Kelley Roos K Robert Lefebvre M Henri Crolla, André Hodeir A Jean André S Claudine Bouché P François Cosne D Brigitte Bardot, Henri Vidal, Dawn Addams, Paul Frankeur, Noël Roquevert | F & I | 91 min | 1:1,37 | f | 28. Dezember 1959
Gefällig arrangierte Petitesse mit BB in der Rolle einer amateurdetektivischen Ehefrau, die die Unschuld ihres (noch gar nicht verdächtigten) Ehemannes (massig: Henri Vidal) in einer Mordsache beweisen will. Tatort ist eine Tanzschule, deren nebenberuflich als Erpresserin tätige Chefin (rassig: Dawn Addams) schnöde abgeknallt wurde. Hauptattraktionen der possenhaften (und leicht homophoben) Thriller-Romanze sind weder intelligente Handlung noch nervenzerreißende Spannung sondern (neben dem Kurzauftritt von Serge Gainsbourg als segelohriger Kleinganove und einem verruchten Ausflug ins Pariser Transvestitenlokal ›Fétiche bleue‹) sinnliche Unbefangenheit und entspannte Körperlichkeit der BB. Nur wenige flirten so unverblümt mit der Kamera (und werden so aufrichtig von ihr geliebt), kaum ein anderer Star des (kommerziellen) Kinos verwandelt Drehbuchkonstruktionen und Inszenierungsplatitüden so einnehmend und restlos in (auf-)reizende Natürlichkeit wie Brigitte Bardot.
R Michel Boisrond B Gérard Oury, Jean-Charles Tachella, Michel Boisrond, Annette Wademant V Kelley Roos K Robert Lefebvre M Henri Crolla, André Hodeir A Jean André S Claudine Bouché P François Cosne D Brigitte Bardot, Henri Vidal, Dawn Addams, Paul Frankeur, Noël Roquevert | F & I | 91 min | 1:1,37 | f | 28. Dezember 1959
26.12.59
Ansiktet (Ingmar Bergman, 1958)
Das Gesicht
Schweden, Mitte des 19. Jahrhunderts: »Doktor« Vogler, ein reisender Schausteller und Magnetiseur (Max von Sydow), und seine Truppe müssen sich, bevor sie in einem Provinznest auftreten dürfen, von den Honoratioren des Städtchens – Konsul, Polizeichef und Medizinalrat – examinieren lassen. Ingmar Bergman entwickelt einen bald farcenhaften, bald pathetischen Künstler-Bürger-Konflikt, in dem die Gaukelspieler als Projektionsfläche geheimer bürgerlicher Begierden herhalten, während sie sich gleichzeitig höhnischen Erniedrigungen durch die sogenannte bessere Gesellschaft ausgesetzt sehen. Noch eine weitere Kontroverse wird ausgetragen: die zwischen dem Glauben an das Unerklärliche und einem ganz und gar diesseitigen Rationalismus. Vor allem der schmallippige Dr. Vergérus (Gunnar Björnstrand) erweist sich als brutaler Entzauberer, der die Vernunft mit perfider Lust zur Waffe schmiedet – und selbst für die eigene Todesangst noch wissenschaftliche Erklärungen beibringt. Zum Ende naht dem fahrenden Volk Rettung (= Anerkennung) durch reitende Boten: Der König lädt Vogler und sein Ensemble zum Auftritt im Schloß. Wahre Noblesse, scheint diese märchenhafte Wendung zu sagen, erkennt sich gegenseitig – sei es der Adel des Blutes oder der Adel der (künstlerischen) Seele.
R Ingmar Bergman B Ingmar Bergman K Gunnar Fischer M Erik Nordgren A P. A. Lundgren S Oscar Rosander P Allan Ekelund D Max von Sydow, Ingrid Thulin, Gunnar Björnstrand, Naima Wifstrand, Erland Josephson | S | 100 min | 1:1,37 | sw | 26. Dezember 1958
Schweden, Mitte des 19. Jahrhunderts: »Doktor« Vogler, ein reisender Schausteller und Magnetiseur (Max von Sydow), und seine Truppe müssen sich, bevor sie in einem Provinznest auftreten dürfen, von den Honoratioren des Städtchens – Konsul, Polizeichef und Medizinalrat – examinieren lassen. Ingmar Bergman entwickelt einen bald farcenhaften, bald pathetischen Künstler-Bürger-Konflikt, in dem die Gaukelspieler als Projektionsfläche geheimer bürgerlicher Begierden herhalten, während sie sich gleichzeitig höhnischen Erniedrigungen durch die sogenannte bessere Gesellschaft ausgesetzt sehen. Noch eine weitere Kontroverse wird ausgetragen: die zwischen dem Glauben an das Unerklärliche und einem ganz und gar diesseitigen Rationalismus. Vor allem der schmallippige Dr. Vergérus (Gunnar Björnstrand) erweist sich als brutaler Entzauberer, der die Vernunft mit perfider Lust zur Waffe schmiedet – und selbst für die eigene Todesangst noch wissenschaftliche Erklärungen beibringt. Zum Ende naht dem fahrenden Volk Rettung (= Anerkennung) durch reitende Boten: Der König lädt Vogler und sein Ensemble zum Auftritt im Schloß. Wahre Noblesse, scheint diese märchenhafte Wendung zu sagen, erkennt sich gegenseitig – sei es der Adel des Blutes oder der Adel der (künstlerischen) Seele.
R Ingmar Bergman B Ingmar Bergman K Gunnar Fischer M Erik Nordgren A P. A. Lundgren S Oscar Rosander P Allan Ekelund D Max von Sydow, Ingrid Thulin, Gunnar Björnstrand, Naima Wifstrand, Erland Josephson | S | 100 min | 1:1,37 | sw | 26. Dezember 1958
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16.12.59
Pickpocket (Robert Bresson, 1959)
Pickpocket
Ein Ballett der Hände, eine Choreographie von Griffen. Michel ist ein Taschendieb, sein Revier sind die Rennbahn, die Métro, die Rummelplätze, die Bahnhöfe von Paris. Michel ist davon besessen zu stehlen, er reklamiert für sich die Freiheit, die einem überragenden Wesen zustehe. Sein Antrieb liegt nicht im geldlichen Gewinn (er bleibt, trotz steigender Einkünfte, in seiner ärmlichen Dachstube, behält den abgetragenen Anzug) sondern in der Ästhetik der verbotenen Tat, in der kalten Lust, die ritualisierte Bewegungen verschaffen. Michels so obsessives wie hochmütiges Tun gleicht einer Flucht: vor sich selbst, vor den Menschen, vor der Liebe. Aber, wie Jeanne, die weibliche Gegenfigur des Protagonisten, vermutet: »Tout a peut-être une raison.« Den Alptraum des jungen Mannes, dieses Abenteuer, in das er aus Schwäche gerät, für das er nicht gemacht ist, das ihm schließlich die angemaßte Freiheit nimmt, versteht Robert Bresson als notwendigen Umweg, an dessen Ziel erst Michel die Seele finden kann, die ihn erlöst. Ein Film von heiligem Ernst, von spröder Feierlichkeit, ein Film der abgezirkelten Gesten, der fragmentarischen Ausschnitte. Am Ende ist es ein eisernes Gitter, das die Vereinzelung aufhebt, das die Getrennten verbindet.
R Robert Bresson B Robert Bresson K Léonce-Henri Burel M Jean-Bapstiste Lully A Pierre Charbonnier S Raymond Lamy P Agnès Delahaie D Martin LaSalle, Marika Green, Pierre Leymarie, Jean Pélégri, Kassagi, Pierre Étaix | F | 76 min | 1:1,37 | sw | 16. Dezember 1959
# 955 | 19. Juni 2015
Ein Ballett der Hände, eine Choreographie von Griffen. Michel ist ein Taschendieb, sein Revier sind die Rennbahn, die Métro, die Rummelplätze, die Bahnhöfe von Paris. Michel ist davon besessen zu stehlen, er reklamiert für sich die Freiheit, die einem überragenden Wesen zustehe. Sein Antrieb liegt nicht im geldlichen Gewinn (er bleibt, trotz steigender Einkünfte, in seiner ärmlichen Dachstube, behält den abgetragenen Anzug) sondern in der Ästhetik der verbotenen Tat, in der kalten Lust, die ritualisierte Bewegungen verschaffen. Michels so obsessives wie hochmütiges Tun gleicht einer Flucht: vor sich selbst, vor den Menschen, vor der Liebe. Aber, wie Jeanne, die weibliche Gegenfigur des Protagonisten, vermutet: »Tout a peut-être une raison.« Den Alptraum des jungen Mannes, dieses Abenteuer, in das er aus Schwäche gerät, für das er nicht gemacht ist, das ihm schließlich die angemaßte Freiheit nimmt, versteht Robert Bresson als notwendigen Umweg, an dessen Ziel erst Michel die Seele finden kann, die ihn erlöst. Ein Film von heiligem Ernst, von spröder Feierlichkeit, ein Film der abgezirkelten Gesten, der fragmentarischen Ausschnitte. Am Ende ist es ein eisernes Gitter, das die Vereinzelung aufhebt, das die Getrennten verbindet.
R Robert Bresson B Robert Bresson K Léonce-Henri Burel M Jean-Bapstiste Lully A Pierre Charbonnier S Raymond Lamy P Agnès Delahaie D Martin LaSalle, Marika Green, Pierre Leymarie, Jean Pélégri, Kassagi, Pierre Étaix | F | 76 min | 1:1,37 | sw | 16. Dezember 1959
# 955 | 19. Juni 2015
4.12.59
À double tour (Claude Chabrol, 1959)
Schritte ohne Spur
Als Prolog eine lange Kamerafahrt, über einen Teich mit künstlichen Blumen, durch einen Garten, in ein gelbes Haus, das an einen japanisches Teepavillon erinnert, vorbei an einer Staffelei, über einen blauen Teppich voller verstreuter Gegenstände, Kleidungsstücke, umgestürzte Gläser und Figuren, bis zu einem kinetischen Objekt, einer rotierenden polychromen Scheibe, die einen hypnotischen Effekt erzeugt. Die eigentliche Erzählung beginnt mit einem Fensterladen, der geöffnet wird, und endet mit einer aufflammenden Laterne; dazwischen ein Frühlingstag in der Provence, strahlender Himmel, blühender Mohn, eine große Villa, eine kaputte Familie, eine attraktive Nachbarin, ein Mord, ein Geständnis … Mittels durchdachter Farbdramaturgie, einer originellen Rückblendenkonstruktion und dem exzessiven Einsatz von Spiegeln schafft Claude Chabrol ein südfranzösisches Äquivalent zur amerikanischen Southern Gothic. »À double tour« präsentiert, in stellenweise grotesker Überzeichnung, eine dysfunktionale Sippschaft – repressive Mutter, blockierter Vater, verweichlichter Sohn, indifferente Tochter – in vollgestopften Interieurs, auf die farbige Glasfenster grünliche Verwesungsschimmer werfen. Zwei Katalysatoren, der impertinente Schwiegersohn in spe (Belmondo gibt dem Affen Zucker), und eine Künstlerin sans gêne, lassen die erstarrten Konventionen, die Verkarstung der Gefühle, die Zerrüttung und die Häßlichkeit der bürgerlichen Lebenswelt sichtbar werden. Vor der Tat betrachtet der Mörder sein Gesicht im Spiegel und stellt fest: »C’est le visage d’un mort vivant, la négation, la laideur.« Also muß die Schönheit sterben, und mit ihr vergeht das Versprechen auf Freiheit.
R Claude Chabrol B Claude Chabrol, Paul Gégauff V Stanley Ellin K Henri Decaë M Paul Misraki A Jacques Saulnier, Bernard Evein S Jacques Gaillard P Raymond Hakim, Robert Hakim D Jean-Paul Belmondo, Madeleine Robinson, Antonella Lualdi, Jacques Dacqmine, André Jocelyn | F & I | 100 min | 1:1,66 | f | 4. Dezember 1959
Als Prolog eine lange Kamerafahrt, über einen Teich mit künstlichen Blumen, durch einen Garten, in ein gelbes Haus, das an einen japanisches Teepavillon erinnert, vorbei an einer Staffelei, über einen blauen Teppich voller verstreuter Gegenstände, Kleidungsstücke, umgestürzte Gläser und Figuren, bis zu einem kinetischen Objekt, einer rotierenden polychromen Scheibe, die einen hypnotischen Effekt erzeugt. Die eigentliche Erzählung beginnt mit einem Fensterladen, der geöffnet wird, und endet mit einer aufflammenden Laterne; dazwischen ein Frühlingstag in der Provence, strahlender Himmel, blühender Mohn, eine große Villa, eine kaputte Familie, eine attraktive Nachbarin, ein Mord, ein Geständnis … Mittels durchdachter Farbdramaturgie, einer originellen Rückblendenkonstruktion und dem exzessiven Einsatz von Spiegeln schafft Claude Chabrol ein südfranzösisches Äquivalent zur amerikanischen Southern Gothic. »À double tour« präsentiert, in stellenweise grotesker Überzeichnung, eine dysfunktionale Sippschaft – repressive Mutter, blockierter Vater, verweichlichter Sohn, indifferente Tochter – in vollgestopften Interieurs, auf die farbige Glasfenster grünliche Verwesungsschimmer werfen. Zwei Katalysatoren, der impertinente Schwiegersohn in spe (Belmondo gibt dem Affen Zucker), und eine Künstlerin sans gêne, lassen die erstarrten Konventionen, die Verkarstung der Gefühle, die Zerrüttung und die Häßlichkeit der bürgerlichen Lebenswelt sichtbar werden. Vor der Tat betrachtet der Mörder sein Gesicht im Spiegel und stellt fest: »C’est le visage d’un mort vivant, la négation, la laideur.« Also muß die Schönheit sterben, und mit ihr vergeht das Versprechen auf Freiheit.
R Claude Chabrol B Claude Chabrol, Paul Gégauff V Stanley Ellin K Henri Decaë M Paul Misraki A Jacques Saulnier, Bernard Evein S Jacques Gaillard P Raymond Hakim, Robert Hakim D Jean-Paul Belmondo, Madeleine Robinson, Antonella Lualdi, Jacques Dacqmine, André Jocelyn | F & I | 100 min | 1:1,66 | f | 4. Dezember 1959
1.12.59
Ballada o soldatje (Grigori Tschuchrai, 1959)
Die Ballade vom Soldaten
Eine alte Frau sieht in die Ferne, ihr Blick folgt einer Straße. Vor Jahren ist ihr Sohn auf dieser Straße weggefahren und nicht zurückgekommen … Für seine Tapferkeit vor dem Feind (er hat »aus Angst« zwei deutsche Panzer abgeschossen) erhält der 19jährige Funker Aljoscha (blühend: Wladimir Iwaschow) sechs Tage Heimaturlaub: zwei Tage für den Weg ins Dorf, zwei Tage zum Reparieren von Mutters Dach, zwei Tage für den Weg zurück zur Front. Doch dieselbe Unbekümmertheit, die ihn zum Helden machte, verhindert, daß der junge Rotarmist seine strenge Reiseplanung einhält. Immer wieder läßt er sich vom Moment forttragen: Wenn er einen vergrämten Invaliden begleitet und ihm neuen Lebensmut gibt, wenn er die Frau eines Kameraden aufsucht, um ihr ein Stück Seife als (kostbares!) Geschenk zu bringen, wenn er für das Mädchen Schura (anmutig: Schanna Prochorenko), dem er unterwegs begegnete, Wasser holt und die Weiterfahrt seines Zuges verpaßt. Als er schließlich sein Dorf erreicht, bleiben ihm nur wenige Minuten: Das kurze Wiedersehen zwischen Aljoscha und seiner Mutter ist ein Abschied für immer … Ein paar Tage zwischen Krieg und Liebe, ein paar Tage, die zur Lebensreise werden: Bei allem Sinn für realistische Dramatik und die Poesie des Augenblicks beweist Grigori Tschuchrai gesunden Mut zum großen Gefühl, um seine humanistische Botschaft ans Publikum zu bringen. Er kann es sich erlauben, denn die Natürlichkeit der jugendlichen Hauptdarsteller bewahrt den Film vor jedem falschen Ton platter Sentimentalität. »Ballada o soldatje« betört und erschüttert als komprimierter Bildungsroman zwischen condition humaine und éducation sentimentale, als pikareske Fahrt durch zerstörte Städte und geschundene Landschaften, als unschuldig-zärtliche Romanze, als Hohelied auf Offenheit, Menschlichkeit und Individualismus, als bewegender Nachruf auf einen wundervollen Jungen, der vielleicht ein wundervoller Mann geworden wäre.
R Grigori Tschuchrai B Walentin Jeschow, Grigori Tschuchrai K Wladimir Nikolajew, Era Saweljewa M Michail Siw A Boris Nemetschek S Marija Timofejewa P Mosfilm D Wladimir Iwaschow, Schanna Prochorenko, Antonina Maximowa, Jewgeni Urbanski, Nikolai Krjutschkow | SU | 88 min | 1:1,37 | sw | 1. Dezember 1959
Eine alte Frau sieht in die Ferne, ihr Blick folgt einer Straße. Vor Jahren ist ihr Sohn auf dieser Straße weggefahren und nicht zurückgekommen … Für seine Tapferkeit vor dem Feind (er hat »aus Angst« zwei deutsche Panzer abgeschossen) erhält der 19jährige Funker Aljoscha (blühend: Wladimir Iwaschow) sechs Tage Heimaturlaub: zwei Tage für den Weg ins Dorf, zwei Tage zum Reparieren von Mutters Dach, zwei Tage für den Weg zurück zur Front. Doch dieselbe Unbekümmertheit, die ihn zum Helden machte, verhindert, daß der junge Rotarmist seine strenge Reiseplanung einhält. Immer wieder läßt er sich vom Moment forttragen: Wenn er einen vergrämten Invaliden begleitet und ihm neuen Lebensmut gibt, wenn er die Frau eines Kameraden aufsucht, um ihr ein Stück Seife als (kostbares!) Geschenk zu bringen, wenn er für das Mädchen Schura (anmutig: Schanna Prochorenko), dem er unterwegs begegnete, Wasser holt und die Weiterfahrt seines Zuges verpaßt. Als er schließlich sein Dorf erreicht, bleiben ihm nur wenige Minuten: Das kurze Wiedersehen zwischen Aljoscha und seiner Mutter ist ein Abschied für immer … Ein paar Tage zwischen Krieg und Liebe, ein paar Tage, die zur Lebensreise werden: Bei allem Sinn für realistische Dramatik und die Poesie des Augenblicks beweist Grigori Tschuchrai gesunden Mut zum großen Gefühl, um seine humanistische Botschaft ans Publikum zu bringen. Er kann es sich erlauben, denn die Natürlichkeit der jugendlichen Hauptdarsteller bewahrt den Film vor jedem falschen Ton platter Sentimentalität. »Ballada o soldatje« betört und erschüttert als komprimierter Bildungsroman zwischen condition humaine und éducation sentimentale, als pikareske Fahrt durch zerstörte Städte und geschundene Landschaften, als unschuldig-zärtliche Romanze, als Hohelied auf Offenheit, Menschlichkeit und Individualismus, als bewegender Nachruf auf einen wundervollen Jungen, der vielleicht ein wundervoller Mann geworden wäre.
R Grigori Tschuchrai B Walentin Jeschow, Grigori Tschuchrai K Wladimir Nikolajew, Era Saweljewa M Michail Siw A Boris Nemetschek S Marija Timofejewa P Mosfilm D Wladimir Iwaschow, Schanna Prochorenko, Antonina Maximowa, Jewgeni Urbanski, Nikolai Krjutschkow | SU | 88 min | 1:1,37 | sw | 1. Dezember 1959
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