23.5.69

Detektive (Rudolf Thome, 1969)

Münchner Schule in schwarzweiß und Ultrascope. Ein helles Neubaubüro: ein schwarzer Schreibtisch, zwei Sessel, ein Aktenregal, eine Reiseschreibmaschine, ein Bett. Zwei Freunde, Andy Schubert (Marquard Bohm) und Sebastian West (Ulli Lommel), ziemlich entspannte Typen, lümmeln herum, spielen Detektiv – Philip Marlowe und Sam Spade lassen grüßen, Jean-Paul Belmondo und Alain Delon stehen Pate. Dazu die unvermeidliche Sekretärin: Micky (Uschi Obermeier), die ans Telefon geht, die Drinks mixt, die, wie man sehen wird, ein eigenes Süppchen kocht. Ihre Arbeit sehen die Detektive eher sportlich, fahren in offenen Wagen durch die Gegend, sind jederzeit bereit, ihre Auftraggeber zu hintergehen und sich mit den Zielpersonen zu solidarisieren, wenn sie nur hübsch genug sind, wie zum Beispiel Annabella (Iris Berben), die von einem gewissen Busse verfolgt und mit der Waffe bedroht wird. »Ich an deiner Stelle würde ihn ja heiraten«, sagt die pragmatische Micky zu Annabella, »so schnell findest du nicht wieder einen Mann, der auf dich schießt.« Nach und nach entwickelt sich aus dem Geplänkel eine Art Story, mindestens so kompliziert wie bei Raymond Chandler: Liebe, Eifersucht, Intrigen, Betrug, Doppelspiel, Entführung, Erpressung, Gift, Mord. Im Mittelpunkt steht Krüger (Walter Rilla), ein kultivierter alter Herr, der hat, was alle wollen: Geld. 100000 Mark Versicherungssumme sind bei Krügers Tod fällig, egal ob er im Bett stirbt oder einem Verbrechen zum Opfer fällt. Rudolf Thome und Max Zihlmann erzählen in ihrem nüchtern-skurrilen Film-noir-Pastiche keinen einfachen Generationenkonflikt, denn im Kampf um das Erbe der Väter zeigen die Jungen nicht den geringsten Gemeinschaftsgeist: Jeder ist sich selbst der nächste. Geschossen wird mit der gleichen kühlen Selbstverständlichkeit wie geküßt oder geschlafen, wie Whisky getrunken oder Steaks gebraten … Zeitgeist und Kinomythen, zusammengebunden von zwanglosen Bewegungen der Akteure und der Kamera, von vibrierendem Jazzrock und lapidaren Dialogen: »Ich habe auch einmal zu Hoffnungen Anlaß gegeben, ich konnte mich nur nie entscheiden, zu welchen.«

R Rudolf Thome B Max Zihlmann K Hubs Hagen, Niklaus Schilling M Kristian Schultze S Jutta Brandstaedter P Rudolf Thome, Carol Hellman D Marquard Bohm, Ulli Lommel, Chrissie Malberg (= Uschi Obermaier), Walter Rilla, Iris Berben, Elke Hart (= Elke Haltaufderheide) | BRD | 91 min | 1:2,35 | sw | 23. Mai 1969

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen