Die mit der Liebe spielen
»Perché ... perché ... perché ... perché?!« Eine Studie über Verlorensein und Verschwinden, über das (sich und anderen) Abhandenkommen. Anna (Lea Massari), eine kapriziöse Angehörige der römischen Oberschicht, und Sandro (Gabriele Ferzetti), ein Architekt, der seine künstlerischen Ambitionen zugunsten lukrativer Beraterjobs aufgegeben hat, sind kein besonders glückliches Paar. Zusammen mit Annas Freundin Claudia (Monica Vitti) und einer Clique reicher Müßiggänger unternehmen sie eine Kreuzfahrt zu den Äolischen Inseln – dargeboten als visuell eindrucksvolle Sinfonie aus aufgewühltem Meer, weitgespanntem Himmel, schroffem Fels. Bei einem Landgang geraten Anna und Sandro in Streit. Kurz darauf ist sie fort, bleibt unauffindbar. Ist Anna durch Unfall oder Selbstmord zu Tode gekommen? Hat sie sich auf einem Fischerboot in Richtung Sizilien abgesetzt? Michelangelo Antonioni gibt auf diese Fragen keine Antwort. Sandro und Claudia gehen, bald zusammen, bald getrennt, bald wieder gemeinsam, auf die Suche nach der Verschwundenen, folgen zweifelhaften Spuren, vagen Hinweisen, doch das Abenteuer der Nachforschung weicht dem Abenteuer einer sich unversehens entwickelnden Liebesbeziehung. Anna gerät aus dem Fokus des neuen Paares, rückt aus dem Mittelpunkt der Erzählung, wird vom Film, dessen Protagonistin sie war, gleichsam vergessen. Ein existentialistischer Thriller ohne Suspense, ein ungerührtes Drama von Menschen, die so sind, wie sie sind, weil die Welt (zumal die technisch radikal veränderte) so ist, wie sie ist (oder umgekehrt). In dieser Welt bleibt ein Geheimnis ein Geheimnis, hier erweisen sich antiquierte moralische Vorstellungen als ebenso nutzlos wie Fluchtversuche (in hektische Betriebsamkeit, in luxuriöse Passivität, in mechanischen Erotismus), die immer wieder in die Isolation, in den Widerspruch, in die Unsicherheit führen.
R Michelangelo Antonioni B Michelangelo Antonioni, Tonino Guerra, Elio Bartolini K Aldo Scavarda M Giovanni Fusco A Piero Poletto S Eraldo Da Roma P Amato Pennasilico D Monica Vitti, Gabriele Ferzetti, Lea Massari, Esmeralda Ruspoli, James Addams | I & F | 144 min | 1:1,85 | sw | 15. Mai 1960
# 1154 | 10. April 2019
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