7.6.55

The Cobweb (Vincente Minnelli, 1955)

Die Verlorenen

Die Welt ist nicht nur eine Bühne, die Welt ist auch ein Irrenhaus. »The Cobweb«, Vincente Minnellis knallige tragicomedy of manners, spielt in einer Privatklinik für gehobene Verrückte, wo die Ärzte kaum von den Patienten zu unterscheiden sind. Scharf akzentuiert von Leonard Rosenmans dissonant-hysterischem Score, entwickelt sich aus einer Lappalie – einem Zwist über die Ausstattung des Salons mit neuen Vorhängen – peu à peu eine Krise der Beziehungen und Identitäten, die das empfindliche Gleichgewicht des menschlichen Miteinanders völlig aus den Fugen geraten läßt. Masken zerbrechen, beschädigte Seelen kommen zum Vorschein: Der helfersyndromatische Chefarzt (Richard Widmark) flüchtet vor seiner ihm entfremdeten Frau (Gloria Grahame) in besessene Arbeit, während sie, so quirlig wie einsam, ihr Heil in blindem (und beinahe todbringendem) Aktionismus sucht; die altgediente Verwaltungsleiterin (Lilian Gish) überspielt ihre Unsicherheit durch diktatorische Fürsorge; der kultivierte Ex-Klinikdirektor (Charles Boyer) versucht, seine latente Altersdepression mit Alkohol und Seitensprüngen zu kurieren. In diesem Grand Hotel der Neurosen haben die »Kranken« (unter ihnen Susan Strasberg, John Kerr und Oscar Levant) den »Gesunden« immerhin das Bewußtsein ihrer inneren Zwangslage voraus.

R Vincente Minnelli B John Paxton V William Gibson K George Folsey M Leonard Rosenman A Preston Ames, Cedric Gibbons S Harold F. Kress P John Houseman D Richard Widmark, Lauren Bacall, Gloria Grahame, Lilian Gish, Charles Boyer | USA | 134 min | 1:2,35 | f | 7. Juni 1955

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