7.4.60

Peeping Tom (Michael Powell, 1960)

Augen der Angst

»Don't be a silly boy. There's nothing to be afraid of!« Film. Angst. Sehen. Rot. Vater. Sohn. Augen. Tod. Ein maßlos-präzises Werk, geschrieben von einem genialen Kryptologen (Leo Marks), inszeniert von einem fanatischen Bildzauberer (Michael Powell): Nichts in »Peeping Tom« ist Produkt des Zufalls, jede Einstellung, jeder Satz, jeder Blick, jede Anspielung folgt sorgfältiger Kalkulation, ist Bestandteil eines komplexen Systems visueller und erzählerischer Bezüge. Der focus puller und Gelegenheitsaktfotograf Mark Lewis (Karlheinz Böhm), im zarten Kindesalter vom Vater zum hilflosen Objekt umfassender wissenschaftlicher Experimente (»The Psychology of Fear«) gemacht, betreibt als Erwachsener seine eigenen (tödlichen) Studien zum (Familien- und Menschheits-)Thema Furcht. Dokumentieren, Arrangieren, Projizieren sind die Leidenschaften dieses sanften Maniacs (der sich (fast) nie von seiner geliebten Kamera trennt, der als symbolische Verkörperung des Mediums Kino, seiner Macher und Rezipienten, erscheint ): das Speichern der flüchtigen Welt, das vorsätzliche Erzeugen von Emotion, das Nach- und Neuerleben des Aufgezeichneten im, wiederum flüchtigen, Moment der Abbildung auf der Leinwand. Das seelenkundlich grundierte, beinahe parodistisch zugespitzte Thrillermotiv bietet Powell (der auch, wohl nicht nur um die Gage für einen professionellen Darsteller zu sparen, Marks bedrohlichen Vater spielt) Anlaß für eine schaurig-grandiose, anschaulich-verschlüsselte Selbstbespiegelung seiner Kunst. PS: »Good night, Daddy. Hold my hand.«

R Michael Powell B Leo Marks K Otto Heller M Brian Easdale A Arthur Lawson S Noreen Ackland P Michael Powell D Carl Boehm (= Karlheinz Böhm), Anna Massey, Moira Shearer, Maxine Audley, Esmond Knight | UK | 101 min | 1:1,66 | f | 7. April 1960

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