Kohlmiefende Berliner Alltagskomödie um ein dominantes Muttertier, das glaubt, Ehemann und Nachwuchs fest im Griff zu haben. Was sich eigentlich in ihrer Familie abspielt, weiß die Glucke nicht, weil sie weder hinschaut noch zuhört. Dabei hält Annie Wiesner (nervraubend: Inge Meysel) große Stücke auf ihre Menschenkenntnis: An den Beinen und am Gang verrate sich die ganze Persönlichkeit – der Ausblick aus ihrer Souterrainwohnung hat Annies Weltsicht geformt. Schließlich wird die Perspektive der selbstgerechten Portiersfrau zurechtgerückt, und sie muß erfahren, daß ihre millionenschwer nach Amerika verheiratete Tochter (Sonja Ziemann) nie getraut wurde, daß ihr süßer Enkel ein Kind der Liebe ist, daß ihr verhalbgötterter Sohn längst nicht mehr Medizin studiert, daß ihr teurer Gatte (Rudolf Platte) kurz vor einer schweren Operation steht, daß das schwarze Schaf (Brigitte Grothum) als Einzige alles richtig macht … Nach einem lebendigen Auftakt mit wirklichkeitsnahen Stadtimpressionen und einem Hauch von Spülbecken-Realismus inszeniert Paul Verhoeven den instabilen Kleine-Leute-Kosmos, ganz im Sinne der Bühnenvorlage, als robustes Boulevardstück ohne ernsthafte Komplikationen. Die Spitzen des Konflikts stechen in die Watte der Versöhnlichkeit, und die Kraft, die stets das Gute will, erfährt Bestätigung in einem gemütlich-stickigen Alles-Getrennte-findet-sich-(wieder)-Ende.
R Paul Verhoeven B Eberhard Keindorff, Johanna Sibelius V Curth Flatow, Horst Pillau K Heinz Hölscher M Friedrich Schröder A Emil Hasler, Walter Kutz S Martha Dübber P Otto Meissner D Inge Meysel, Rudolf Platte, Brigitte Grothum, Sonja Ziemann, Götz George | BRD | 94 min | 1:1,66 | sw | 3. April 1962
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3.4.62
19.12.61
Der Traum von Lieschen Müller (Helmut Käutner, 1961)
Helmut Käutners kabarettistische Revue vom Tanz ums goldene Kalb: Lieschen Müller (Sonja Ziemann), die kleine Bankangestellte aus Dingskirchen, träumt den Traum vom großen Glück: Roben aus goldener Seide, darauf Saphirsterne, darüber Platinnerze, dazu offene Luxuswagen, feudale Hotels und ein attraktiver Bräutigam auf Bestellung – das Leben als einzige Wunscherfüllung. Möglich macht es Impressario Dr. Schmidt (Martin Held), der für die Durchschnittsfrau einen toten Onkel aus Amerika und eine Erbschaft in Höhe von drei Milliarden Dollar erfindet. Das brave Lieschen Müller verwandelt sich in die allseits umschwärmte Liz Miller, der man auf Grund ihres fiktiven Vermögens unbegrenzten Kredit gewährt … In eastmancolorbunten Showkulissen und allegorischen Szenen, mit satirischen Songs und allerlei skurrilen Filmtricks erklärt Käutner das Geheimnis des wirtschaftlichen Wachstums: Wo Geld ist, kommt Geld hin – denn: »Das Geld ist gern beim Geld zu Gast.« Und auch das virtuelle Kapital trägt (jedenfalls für manche) greifbare Früchte, ganz einfach »weil man jeden Käse glaubt«. Was die einen miesepetrig als Betrug bezeichnen, ist für die anderen eine reife Leistung der ökonomischen Phantasie. Das oberste Gebot des Finanzkapitalismus lautet: So tun, als ob. Letztlich schreckt Käutner leider vor der Konsequenz seiner eigenen Analyse zurück und verkündet – vermutlich wider besseres Wissen: »Das Glück, das kann keiner sich kaufen, / Und gäb’ er Milliarden dafür.« Lieschen Müller wird aus ihrem bunten Traum in die schwarzweiße Rahmenhandlung zurückversetzt, wo sie Tröstung durch einen adretten jungen Mann (Helmut Griem) und die Aussicht auf ein Einfamilienhaus im Wiesengrund erfährt.
R Helmut Käutner B Helmut Käutner, Willibald Eser K Günther Senftleben M Bernhard Eichhorn, Michel Legrand A Otto Pischinger, Herta Pischinger S Klaus Dudenhöfer P Ilse Kubaschewski D Sonja Ziemann, Martin Held, Helmut Griem, Cornelia Froboess, Peter Weck, Wolfgang Neuss | BRD | 92 min | 1:1,66 | sw/f | 19. Dezember 1961
# 904 | 31. August 2014
R Helmut Käutner B Helmut Käutner, Willibald Eser K Günther Senftleben M Bernhard Eichhorn, Michel Legrand A Otto Pischinger, Herta Pischinger S Klaus Dudenhöfer P Ilse Kubaschewski D Sonja Ziemann, Martin Held, Helmut Griem, Cornelia Froboess, Peter Weck, Wolfgang Neuss | BRD | 92 min | 1:1,66 | sw/f | 19. Dezember 1961
# 904 | 31. August 2014
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Komödie,
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Ziemann
16.4.57
Die Zürcher Verlobung (Helmut Käutner, 1957)
»Ich produziere auch nicht gerne Schnulzen.« Umständlich-romantische Verwicklungskomödie unter Filmfuzzis, Zahnärzten und lilagespülten Schweizer Damen (und Pudeln). Helmut Käutner stichelt anfangs gegen die alten Leiern des Adenauer-Kintopp, macht im folgenden aber eigentlich auch nichts anderes (»Ja, ich glaube, so etwas sehen die Leute immer wieder gern.«) – er verpackt die rosarot-himmelblaue Einfalt allerdings in viel Selbstironie, und statt eines gutaussehenden Försters mit Reh bietet er einen gutaussehenden Arzt (Paul Hubschmid) mit Büffel (Bernhard Wicki): Liselotte Pulver (als beziehungsnotleidende Unterhaltungsschriftstellerin, die nach eigenen Erlebnissen ein Drehbuch verfaßt) glaubt den höflichen Hubschmid zu lieben, kriegt aber den rauhbautzigen Wicki, dem sie in Wirklichkeit zugetan ist, auch wenn sie es hundert Minuten lang nicht wahrhaben wollte – das alles mit viel Berg, viel Schnee, viel Hüttenzauber (»Ja, ja, die Liebe in der Schweiz«). Nett: Werner Finck spielt einen Zahnarzt, der den Nerv trifft, Rudolf Platte spielt Herrn Uri (nach dem gleichnamigen Kanton), Sonja Ziemann spielt Sonja Ziemann, die im Film, der im Film gedreht wird, die Rolle von Liselotte Pulver spielt, und Käutner spielt einen Reporter, der es nicht gut findet, wenn ein Regisseur in seinem eigenen Film mitspielt.
R Helmut Käutner B Heinz Pauck, Helmut Käutner V Barbara Noack K Heinz Pehlke M Michael Jary A Herbert Kirchhoff, Albrecht Becker S Klaus Dudenhöfer P Walter Koppel D Liselotte Pulver, Paul Hubschmid, Bernhard Wicki, Wolfgang Lukschy, Werner Finck, Sonja Ziemann | BRD | 106 min | 1:1,37 | f | 16. April 1957
14.11.51
Grün ist die Heide (Hans Deppe, 1951)
Der röhrende Hirsch des deutschen Films – eine farbige Erzählung über Heimat und Heimatlosigkeit. Der aus Ostpreußen vertriebene Gutsbesitzer Lüder Lüdersen ist bei einem Vetter in der Lüneburger Heide untergekommen. Seine Bedrückung über den Verlust der Scholle kann der Entwurzelte nur vergessen, wenn er, alleine durch Wald und Flur pirschend, auf Rotwild geht. Ein (nicht mehr ganz so) junger Förster (Rudolf Prack) verfolgt die Spur dieses Wilderers wider Willen – und verliert sein Herz an dessen hübsche Tochter (Sonja Ziemann). Drei (immer fröhliche) Landstreicher begleiten das dramatisch-romantische Geschehen mit flapsigen Kommentaren und sentimentalem Gesang … Ohne die historischen Hintergründe der Flucht und Vertreibung von 14 Millionen Deutschen thematisch auch nur zu streifen, kapriziert sich »Grün ist die Heide« auf die heiter-besinnliche Beschreibung eines gehobenen Einzelschicksals und die illustrativ-idyllische Beschwörung der Ankunft in einer neuen Heimat: Traumatisierung und Fremdheit verfliegen in harmonischem Miteinander und intakter Landschaft, Probleme werden unter einen dicken Teppich aus Heidekraut gekehrt, und wenn zum guten Schluß eine schlesische Trachtengruppe dem alten Riesengebirgslied (»Wo der Rübezahl mit seinen Zwergen / heut’ noch Sagen und Märchen spinnt.«) lauscht, verwandelt sich landsmannschaftliche Tradition in folkloristische Nostalgie. Aus Liebe und Musik, Schicksal und Klamauk, Volkstümelei und Natur knüpft Hans Deppe ein filmisches Musterstück, eine alltagsferne Seelenmassage, die ein Jahrzehnt lang das bundesdeutsche Nachkriegskino prägen wird.
R Hans Deppe B Bobby E. Lüthge K Kurt Schulz M Alfred Strasser A Gabriel Pellon, Peter Schlewski, Hans-Jürgen Kiebach S Hermann Ludwig P Kurt Ulrich D Sonja Ziemann, Rudolf Prack, Hans Stüwe, Willy Fritsch, Otto Gebühr, Maria Holst | BRD | 91 min | 1:1,37 | f | 14. November 1951
7.9.50
Schwarzwaldmädel (Hans Deppe, 1950)
»Aber es ist noch nicht aller Tage Abend. Plötzlich scheint wieder die Sonne, und es sieht alles wieder anders aus.« Fünf Jahre nach dem Krieg strahlt der (bundes-)deutsche Himmel wieder agfacolorblau, leuchten die Wiesen wieder saftig grün, blühen die Obstbäume wieder unschuldig weiß, kurz: es ist wieder Frühling, es lacht wieder das Leben. Mit der Liebe ist es wie eh und je etwas kompliziert, aber beim Walzer, den der Herr Domkapellmeister intoniert, finden zu guter Letzt alle Töpfe ihre Deckel: der fesche Kunstmaler (Rudolf Prack) und das süße Bärbele (Sonja Ziemann), der flotte Schauspieler und die kokette Soubrette, der tumbe Kraftknecht und die naive Wirtstochter. Und die Alten sitzen da, in gravitätischem Schwarz, sehen den Jungen zu, träumen ihnen nach, bei ihrem Tanz in die farbenfrohe Zukunft. Hans Deppes gnadenlose Wohlfühloperette negiert mit kämpferischem Frohsinn das Trümmergrau des Nachkriegs, die Gespenster der Vergangenheit, die Erinnerung an massenmörderische Verbrechen; »Schwarzwaldmädel« will nichts wissen von den Problemen der Zeit, setzt die penetrant gemütliche Enge eines innerlich und äußerlich unversehrten Dorfes inmitten idyllischer Landschaft als Fluchtpunkt aller Heile-Welt-Illusionen gegen die Verworrenheit einer erschütterten, herausfordernden, unwägbaren Gegenwart. Daß Deppe vielleicht nicht ganz so einfältig ist, wie die platte Gestaltung der musikalischen Klamotte nahelegt, lassen seine ständigen Hinweise auf Spiel und Lüge, auf Schwindel und Verstellung im Verhalten aller Beteiligten vermuten. Auch die Heimat, so scheint es, hat einen doppelten Boden. Der am Ende freilich sorgsam versiegelt wird. Wie das Gestern.
R Hans Deppe B Bobby E. Lüthge V August Neidhart K Kurt Schulz M Leon Jessel, Frank Fox A Gabriel Pellon S Margarete Steinborn P Kurt Ulrich D Sonja Ziemann, Rudolf Prack, Paul Hörbiger, Gretl Schörg, Walter Müller | BRD | 104 min | 1:1,37 | f | 7. September 1950
R Hans Deppe B Bobby E. Lüthge V August Neidhart K Kurt Schulz M Leon Jessel, Frank Fox A Gabriel Pellon S Margarete Steinborn P Kurt Ulrich D Sonja Ziemann, Rudolf Prack, Paul Hörbiger, Gretl Schörg, Walter Müller | BRD | 104 min | 1:1,37 | f | 7. September 1950
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