19.12.61

Der Traum von Lieschen Müller (Helmut Käutner, 1961)

Helmut Käutners kabarettistische Revue vom Tanz ums goldene Kalb: Lieschen Müller (Sonja Ziemann), die kleine Bankangestellte aus Dingskirchen, träumt den Traum vom großen Glück: Roben aus goldener Seide, darauf Saphirsterne, darüber Platinnerze, dazu offene Luxuswagen, feudale Hotels und ein attraktiver Bräutigam auf Bestellung – das Leben als einzige Wunscherfüllung. Möglich macht es Impressario Dr. Schmidt (Martin Held), der für die Durchschnittsfrau einen toten Onkel aus Amerika und eine Erbschaft in Höhe von drei Milliarden Dollar erfindet. Das brave Lieschen Müller verwandelt sich in die allseits umschwärmte Liz Miller, der man auf Grund ihres fiktiven Vermögens unbegrenzten Kredit gewährt … In eastmancolorbunten Showkulissen und allegorischen Szenen, mit satirischen Songs und allerlei skurrilen Filmtricks erklärt Käutner das Geheimnis des wirtschaftlichen Wachstums: Wo Geld ist, kommt Geld hin – denn: »Das Geld ist gern beim Geld zu Gast.« Und auch das virtuelle Kapital trägt (jedenfalls für manche) greifbare Früchte, ganz einfach »weil man jeden Käse glaubt«. Was die einen miesepetrig als Betrug bezeichnen, ist für die anderen eine reife Leistung der ökonomischen Phantasie. Das oberste Gebot des Finanzkapitalismus lautet: So tun, als ob. Letztlich schreckt Käutner leider vor der Konsequenz seiner eigenen Analyse zurück und verkündet – vermutlich wider besseres Wissen: »Das Glück, das kann keiner sich kaufen, / Und gäb’ er Milliarden dafür.« Lieschen Müller wird aus ihrem bunten Traum in die schwarzweiße Rahmenhandlung zurückversetzt, wo sie Tröstung durch einen adretten jungen Mann (Helmut Griem) und die Aussicht auf ein Einfamilienhaus im Wiesengrund erfährt.

R Helmut Käutner B Helmut Käutner, Willibald Eser K Günther Senftleben M Bernhard Eichhorn, Michel Legrand A Otto Pischinger, Herta Pischinger S Klaus Dudenhöfer P Ilse Kubaschewski D Sonja Ziemann, Martin Held, Helmut Griem, Cornelia Froboess, Peter Weck, Wolfgang Neuss | BRD | 92 min | 1:1,66 | sw/f | 19. Dezember 1961

# 904 | 31. August 2014

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