Es geschah Punkt 11
»Cercasi dattilografa primo impiego miti pretese presentarsi ore 11 Largo Circense 37« Auf eine knappe Zeitungsannonce hin strömen über 200 junge Frauen an einem regnerischen Wintermorgen zur angegebenen römischen Adresse, um die Stellung einer Schreibkraft zu ergattern. Die Bewerberinnen quetschen sich im Treppenhaus des alten Gebäudes, das dem Ansturm nicht standhält: Die Treppe bricht unter der Last der Arbeitsuchenden zusammen. Viele werden verletzt, ein Mädchen kommt zu Tode … Ausgehend von einem Vorfall, der sich im Januar 1951 tatsächlich ereignete, schildern Giuseppe De Santis und seine Mitautoren, unter ihnen Cesare Zavattini und Elio Petri, mit unpathetischer Anteilnahme die verschiedenen Facetten eines Massenschicksals: Zeigt der Anfang des Films vor allem die – zumeist gereizten – Interaktionen einer von wirtschaftlicher Not und sozialen Entbehrungen zusammengewürfelten Gruppe, löst der zweite, nach dem Einsturz der Treppe spielende, Teil eine Handvoll Figuren aus dem Ensemble heraus, um mit großem dramaturgischem Geschick die mannigfaltigen Aspekte einer allgemeinen Misere zu veranschaulichen. Otello Martellis – häufig bewegte – Kamera erforscht alle Schattierungen von Grau, Mario Nascimbenes Musik kombiniert das freudlose Sirren eines Theremins mit dem marschartigen Gehämmer von Typenhebeln, während ein komplexes Zeitbild Gestalt gewinnt. Auch wenn es den Machern darum geht, die Hintergründe des Unglücksfalls zu erhellen, verzichtet »Roma ore 11«auf bequeme Schuldzuweisungen: Der egoistische Akt, mit dem eine Vordränglerin die Katastrophe heraufbeschwört, findet seine Erklärung in den verzweifelten Umständen, die vom Einzelnen kaum zu ertragen, die alleine nicht zu überwinden sind.
R Giuseppe De Santis B Cesare Zavattini, Basilio Franchina, Guiseppe De Santis, Rodolfo Sonego, Gianni Puccini, Elio Petri K Otello Martelli M Mario Nascimbene A Léon Barsacq S Gabriele Variale P Paul Graetz D Carla Del Poggio, Massimo Girotti, Lucia Bosè, Raf Vallone, Paolo Stoppa | I & F | 105 min | 1:1,37 | sw | 27. Februar 1952
# 923 | 4. Dezember 2014
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