Der Engel, der ein Teufel war
Rabenschwarze französische Variation des John-M.-Cain-Klassikers von der verführerisch-lebensgefährlichen Frau (Danièle Delorme), die den treuherzigen Jungen (Gérard Blain) gegen den leichtsinnigen Alten (Jean Gabin) aufhetzt (genauer gesagt: aufhetzen will). In diesem trüben Fall bringt das Verhängnis nicht der zweimal klingelnde Postbote sondern die totgeglaubte Exfrau eines renommierten Gastronomen, die dem Verflossenen ihre Tochter aus zweiter Ehe als Nemesis an den Hals schickt. Mit so viel liebevollem Lokalkolorit Julien Duvivier das Milieu von Les Halles zeichnet – direkt neben dem legendären ›Bauch von Paris‹ betreibt M. Chatelin (Gabin) sein Restaurant »Au Rendez-vous des Innocents« (!) –, mit so viel unsentimentaler Frostigkeit porträtiert er die Protagonisten der Handlung, die Männer wie die Frauen: den bourgeoisen Macho, der sich blind aufs Frischfleisch wirft, seine gallenbittere Mutter (Germaine Kerjean), die Hühner mit der Peitsche schlachtet, den Naivling, der sich (beinahe) gegen den alten Freund und Gönner ausspielen läßt, die hübsche Intrigantin, die ganz ihrer zerstörerischen Lust lebt, ihre haßzerfressene Mutter (Lucienne Bogaert), die sich in einem schmuddligen Hotelbett mit Drogen vollpumpt. Das Ende vom Lied – ein schnuffiger Köter sorgt für ausgleichende Gerechtigkeit – kommt so zwangsläufig wie brutal. Henri-Georges Clouzot, dessen Stammkameramann Armand Thirard auch diese hermetische Etüde über die Bestie Mensch (und Hund) fotografierte, dürfte an »Voici le temps des assassins« seine dunkle misanthropische Freude gehabt haben.
R Julien Duvivier B Julien Duvivier, Charles Dorat, Pierre-Aristide Bréal K Armand Thirard M Jean Wiener A Robert Gys S Marthe Poncin P Raymond Borderie, Georges Agiman, René Bézard, Pierre Cabaud D Jean Gabin, Danièle Delorme, Gérard Blain, Lucienne Bogaert, Germaine Kerjean | F | 113 min | 1:1,37 | sw | 13. April 1956
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