Posts mit dem Label Köln werden angezeigt. Alle Posts anzeigen
Posts mit dem Label Köln werden angezeigt. Alle Posts anzeigen

7.1.73

Tote Taube in der Beethovenstraße (Samuel Fuller, 1973)

In der Bonner Beethovenstraße wird ein Mann erschossen. Der Täter kann entkommen. Der Tote war ein amerikanischer Detektiv. Dessen Partner Sandy (Glenn Corbett) macht sich auf die Suche nach dem Mörder (mit dem schönen Namen Charlie Umlaut) und nach den Hintermännern des Verbrechens ... Samuel Fuller betreibt mit rücksichtsloser Nonchalance die Verwandlung des westdeutschen Fernsehkrimis in ein kapriziöses B-Movie über das zwölftälteste Gewerbe der Welt: Erpressung mit Schmuddelfotos. Der eigentliche Ermittler (WDR-Zollfahnder Kressin: Sieghard Rupp) wird schon nach wenigen Minuten außer Gefecht gesetzt, woraufhin der beherzte Sandy in die kriminellen Abgründe des Rheinlandes hinabsteigt; im Verlauf der kruden Angelegenheit treiben – bis zum melodramödiantischer Showdown – unter anderem eine verlebte Verführerin, ein durchgeknallter Scherge sowie ein virtuos fechtender Oberschurke ihr schändliches Unwesen. Daß er ausgerechnet die verschlafene Bundeshauptstadt zur Zentrale eines international tätigen Gangstersyndikats erkoren hat, mag Fullers rabiate Ironie ebenso belegen wie die bald traum-, bald lach-, immer aber sprunghafte Dramaturgie des absurd-karnevalesken Reißers.

R Samuel Fuller B Samuel Fuller K Jerzy Lipman M Can A Lothar Kirchem S Liesgret Schmitt-Klink P Joachim von Mengershausen D Glenn Corbett, Christa Lang, Anton Diffring, Eric P. Caspar, Sieghardt Rupp, Stéphane Audran | BRD | 98 min | 1:1,37 | f | 7. Januar 1973

# 1037 | 12. Dezember 2016

31.8.67

Heißes Pflaster Köln (Ernst Hofbauer, 1967)

»Man ist nicht sehr fein im ›Chicago am Rhein‹.« Köln – das bedeutet Dom und ›4711‹, Karneval und Millowitsch. Aber die Stadt hat auch eine andere Seite: Klingelpütz und Bandenkriege, gewerbsmäßige Unzucht und sittliche Verrohung. Da erweisen sich gutkatholische Hausväter als regelmäßige Bordellgänger, da peitschen Ganoven hohnlachend ihre Rivalen zu Tode, da wird ein rechtschaffener Staatsanwalt von Halunken terrorisiert, da foltern sadistische Teenagerinnen ein armes, altes Tantchen mit dem Toaster … Zentralfigur der kriminalistischen Milieustudie ist der proletenhafte Zuhälter Paul Keil (Arthur Brauss), der einerseits mit allen Mitteln die Verurteilung seines unter Mordanklage stehenden Bruders verhindern will, sich andererseits zugewanderter Konkurrenz erwehren muß: Der geleckte Wiener Strizzi Poldi (Walter Kohut) wirbt ohne jede Scheu Straßendirnen für einen neu errichteten Luxuspuff: »Hier ist alles exklusiv und exquisit.« Geschickt verknüpft Ernst Hofbauer seinen Zug durch die Kölner Unterwelt mit Seitenblicken auf gefallene Mädchen und feige Bürgersöhne, in triste Hinterhöfe und tiefe Ausschnitte. Herbert Fux, Klaus Löwitsch und der fette Eric Pohlmann machen gute Figur in markanten Nebenrollen; Hans Jura, dessen filmpreisgekrönte Kameraarbeit schon Will Trempers ironischem Westberliner Sittenbild »Die endlose Nacht« den authentischen Schliff gab, verleiht auch Hofbauers Sex-and-Crime-Reißer einen kühlen dokumentarischen Anstrich. Zwar bringt der Showdown (wie zu erwarten war) die (vermutlich nur vorübergehende) Wiederherstellung von Recht und Ordnung, doch ein illustriertenmoralischer Schlußkommentar fordert den Zuschauer auf, sich damit nicht zufrieden zu geben: »Könnten wir alle nicht mehr, als wir es tun, dazu beitragen, Auswüchse zu bekämpfen, Verbrechen zu verhindern?«

R Ernst Hofbauer B Claus Tinney, Ernst Hofbauer K Hans Jura M Claudius Alzner A Karl Schneider S Ilse Wilken P Karl Spiehs D Richard Münch, Arthur Brauss, Beate Hasenau, Klaus Löwitsch, Monika Zinnenberg, Doris Kunstmann | BRD | 90 min | 1:1,66 | sw | 31. August 1967

# 917 | 13. November 2014

4.7.65

Nicht versöhnt oder Es hilft nur Gewalt, wo Gewalt herrscht (Jean-Marie Straub & Danièle Huillet, 1965)

Fünfzig Jahre deutsche Geschichte, dargestellt am Beispiel von drei Generationen einer gutbürgerlichen Kölner Familie, umspannt dieser kurze Film, der auf Heinrich Bölls Roman »Billard um halb zehn« basiert. Ohne erläuternde Inhaltsübersicht ist der aufs Äußerste kondensierten, in harten zeitlichen Sprüngen erzählten Handlung allerdings kaum zu folgen: Vor dem Ersten Weltkrieg errichtete Architekt Heinrich Fähmel eine Abtei, im Zweiten Weltkrieg wurde sie von seinem Sohn Robert aus militärischen Gründen gesprengt, Enkel Joseph beteiligt sich zur Zeit des Wirtschaftswunders an der Rekonstruktion des Baus; entlang dieses roten Fadens (oder auch: Teufelskreises) von Aufbau, Zerstörung und Wiederaufbau berichtet »Nicht versöhnt« von Repression und Widerstand, von der Geduld der Lämmer und der Gewalt der Büffel, vom Überdauern und Fortwirken der Vergangenheit. Das forcierte Laienspiel und die betont kunstlose Inszenierung, eine karge Ausstattung und verständnishemmende Ellipsen kennzeichnen das sperrige Werk, dessen atmosphärische Dissonanzen jede Form von Einfühlung strikt unterbinden – cinema povera und kommunikatives Unvermögen, aufklärerischer Minimalismus und blasiertes Dilettantentum liegen hier dicht beieinander. Es sind in erster Linie die Amateurdarsteller, die – indem sie ohne jeden Kunstwillen ihre Texte aufsagen – den spröden Charme des Filmes ausmachen: Der betagte Heinrich Hargesheimer klingt wie Konrad Adenauer und transportiert kongenial den Sound der jungen, uralten Bundesrepublik; Martha Ständner bezaubert als unwürdige Greisin, die, bevor sie einen reinigenden Schuß abfeuert, ihrem Mann verkündet: »Ich verlasse mich auf den Paragraphen 51, Liebster.«

R Jean-Marie Straub, Danièle Huillet B Jean-Marie Straub, Danièle Huillet V Heinrich Böll K Wendelin Sachtler M Béla Bartók, Johann Sebastian Bach S Jean-Marie Straub, Danièle Huillet P Jean-Marie Straub, Danièle Huillet D Henning Harmssen, Heinrich Hargesheimer, Chargesheimer (= Carl-Heinz Hargesheimer), Martha Ständner, Ulrich von Thüna | BRD | 55 min | 1:1,37 | sw | 4. Juli 1965

# 861 | 10. Mai 2014

1.4.59

Whirlpool (Lewis Allen, 1959)

Die schwarze Lorelei

»He’s got me spinning in a whirlpool of love.« Ein Rheinfahrt gegen den Strom, ein Strudel von Kitsch und Existenzialismus, eine Drift durch die Schatten der Vergangenheit in die Sehnsucht nach einem besseren Morgen, eine schwarzromantische Heimatmär, die Ahnung gibt, was der bundesdeutsche Film der Nachkriegszeit auch hätte sein können, wenn er hin und wieder so englisch gewesen wäre wie der Regisseur von »Whirlpool« (Lewis Allen), so amerikanisch wie der Autor (Lawrence P. Bachmann), so französisch wie der weibliche Star (Juliette Gréco als Frau auf der Flucht), so verschroben wie der österreichische Hauptdarsteller (O. W. Fischer als Kapitän ohne Hafen) – und: wenn er ab und zu so frei, so frech, so frivol gewesen wäre zu mischen, was nach landläufiger Auffassung nicht zu mischen ist: Weinseligkeit und Traumata, Sentimentalität und Schroffheit, Plein-air-Realismus und travelling mattes. So bleibt es diesem wundersam-uneinheitlichen, ruhelos-schlafwandlerischen (britischen) B-Film vorbehalten einen schießwütigen Maniac in Tiroler Tracht zu stecken, eine unnahbare Pariser Bohémienne als Schankfräulein in Köln anzuheuern, ein Menjou-Bärtchen auf der Oberlippe eines Kahnschiffers namens Rolf sprießen zu lassen, einen Showdown am Fuße der Loreley in Szene zu setzen.

R Lewis Allen B Lawrence P. Bachmann V Lawrence P. Bachmann K Geoffrey Unsworth M Ron Goodwin A Jack Maxsted S Russell Lloyd P George Pitcher D O. W. Fischer, Juliette Gréco, William Sylvester, Marius Goring, Muriel Pavlow | UK | 95 min | 1:1,37 | f | 1. April 1959

7.12.56

Der Hauptmann von Köln (Slatan Dudow, 1956)

Köln, in den Jahren des Wirtschaftwunders. Die Neonreklamen blinken, aber der arbeitslose Kellner Hans Albert Hauptmann (Rolf Ludwig) kriecht auf dem Zahnfleisch. Als er bei einem verschwitzten Kameradschaftsabend ehemaliger Wehrmachtssoldaten mit einem gewissen Hauptmann Hans Albert verwechselt wird, schlüpft er, ohne lange zu fackeln, in die Rolle des totgeglaubten Offiziers. Während der echte Hauptmann (Erwin Geschonneck), der sich wegen einiger häßlicher Kriegsverbrechen totstellen mußte, als Untermieter bei seiner eigenen Witwe lebt, wird der falsche Hauptmann von den Herren (und Damen) der Bonner Republik empfangen wie ein verlorener Sohn – und macht steile Karriere: Personalchef bei der Montan AG, Bundestagsabgeordneter, Staatssekretär in spe … Schon in »Frauenschicksale« zeigte Defa-Regisseur Slátan Dudow ein Faible für die cartooneske Ausmalung westlicher Lebensform; »Der Hauptmann von Köln«, eine grelle Politfarce, ein antifaschistisches Graubuch in Agfacolor, bietet ihm Gelegenheit, seiner filmisch-satirischen Leidenschaft ausgiebig zu frönen. (Vielleicht etwas zu ausgiebig – ein wenig Straffung hätte dem Werk nicht geschadet.) Wo das Adenauer-Kino (wenn überhaupt) höchstens kabarettistische Anspielungen auf bestimmte Entwicklungen im eigenen Lande wagt, läßt Dudow in Oskar Pietschs phantastisch-realistischen Studiobauten ein naturgetreu überzeichnetes Panoptikum bundesdeutscher Typen aufmarschieren: klüngelnde Amtsträger und zielbewußte Wirtschaftkapitäne, willig-fordernde society girls und alte Kämpen, die explosive Morgenluft wittern. Ob es sich dabei um die tendenziöse Verzerrung bedauerlicher Einzelfälle oder um das schonungslose Abbild symptomatischer Erscheinungen handelt, mag der Betrachter, je nach Standpunkt, selbst entscheiden.

R Slátan Dudow B Michael Tschesno-Hell, Henryk Keisch, Slátan Dudow K Werner Bergmann, Helmut Bergmann M Wilhelm Neef A Oskar Pietsch S Lena Neumann P Adolf Fischer D Rolf Ludwig, Erwin Geschonneck, Christel Bodenstein, Kurt Steingraf, Marie-Luise Etzel | DDR | 118 min | 1:1,37 | f | 7. Dezember 1956