»Will Satan mich verschlingen, / so laß die Englein singen: / ›Dies Kind soll unverletzet sein.‹« Wenige Jahre nach dem Krieg treffen in der fiktiven deutschen Kleinstadt Burg(!)dorf(!) vier noch einmal Davongekommene aufeinander: eine nach dem Bombentod ihres Kindes vom Glauben abgefallene Ärztin (patent: Luise Ullrich), ihr früherer Geliebter, ein desillusionierter Schauspieler (rabiat: René Deltgen), ein protestantischer Pastor (leutselig: Hans Nielsen), ein katholischer Kaplan (teilnehmend: Dieter Borsche). Angesichts der kürzlich erlebten historisch-moralischen Katastrophe drängen sich Sinn-, Schuld- und Zweifelsfragen auf, deren Verhandlung jedoch – wie üblich in jenen Jahren – weitgehend privat (und damit paradoxerweise abstrakt) bleibt. »Gott spricht, auch wenn er schweigt«, heißt es einmal im Dialog. In »Nachtwache« wird nicht geschwiegen, ganz im Gegenteil: es wird pausenlos in hohen bis höchsten Tönen gesprochen, dabei jedoch kaum etwas Greifbares gesagt … Harald Braun, der sein symbolbefrachtetes Seelen- und Erbauungsdrama schattenreich-düster wie einen film noir inszeniert und einige Hiobsbotschaften für seine Figuren bereithält, redet keineswegs dem Nihilismus das Wort: Am Ende wird in der Finsternis ein ewiges Licht entzündet und den Skeptikern (auf der Leinwand und im Publikum) dringend empfohlen, sich ins himmlisch-unbegreifliche Geschick zu fügen. Als Film ist »Nachtwache« streckenweise eine Art göttliche Prüfung, als Zeitdokument hingegen sehr aufschlußreich.
R Harald Braun B Harald Braun, Paul Alverdes K Franz Koch, Josef Illig M Mark Lothar A Walter Haag S Fritz Stapenhorst P Harald Braun, Hans Abich, Rolf Thiele D Luise Ullrich, Hans Nielsen, René Deltgen, Dieter Borsche, Käte Haack | D (W) | 110 min | 1:1,37 | sw | 19. Januar 1949
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