Das Hohelied der Liebe
Spiritueller film noir (et blanc) – von Robert Bresson dargeboten mit strenger gestalterischer Delikatesse und einem, vor allem gegen Ende des bewegenden Stücks, leise anklingenden Ton katholischer Gefühligkeit: Die junge Anne-Marie (Renée Faure) tritt als Novizin einem Orden bei, der vor allem ehemalige weibliche Strafgefangene in seine Reihen aufnimmt. Durchdrungen von der Mission, gefallene Seelen wiederaufzurichten, konzentriert die bis zum Hochmut und zum Ungehorsam glaubensstarke Schwester ihre ganze Energie auf die abweisende Thérèse (Jany Holt), die, nachdem sie – frisch aus dem Zuchthaus entlassen – einen Rachemord begangen hat, im Konvent nicht Heimat sondern Unterschlupf sucht. Zwar laufen im Hintergrund der Erzählung polizeiliche Ermittlungsarbeiten, aber der wahre suspense entwickelt sich aus der brisanten Beziehung der beiden Frauen, deren geistiger Kampf in einem Opfer und einer Errettung kulminiert … Neben Bressons schnörkelloser Regie und dem (bei aller emotionalen Aufwallung) immer beherrschten Spiel der Darstellerinnen sind es vor allem Philippe Agostinis raffiniert-einfache Licht- und Kameraführung sowie das kühl-poetische Szenenbild von René Renoux, die »Les anges du péché« zur (insbesondere visuell) bemerkenswerten Etüde über Schwarz und Weiß, Sünde und Unschuld, Feindschaft und Liebe, Stolz und Demut, Kloster und Gefängnis machen. PS: »Wenn du das Wort, durch das Gott dich einem anderen verbindet, vernommen hast, sind alle anderen Worte nur ein Echo dieses einzigen.« (Katharina von Siena)
R Robert Bresson B Robert Bresson, Jean Giraudoux K Phillipe Agostini M Jean-Jacques Grunenwald A René Redoux S Yvonne Martin P Roland Tual D Renée Faure, Jany Holt, Sylvie, Mila Parély, Marie-Hélène Dasté | F | 96 min | 1:1,37 | sw | 23. Juni 1943
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen