»The Life and Death of Colonel Blimp« ist nichts weniger als der Versuch, Präliminarien und Geschichte des Zweiten Dreißigjährigen Krieges herunterzubrechen auf die Erzählung von der tief problematischen, letztlich aber unverbrüchlichen (Männer-)Freundschaft zwischen einem britischen und einem deutschen Offizier. Dreimal begegnen sich Clive Wynne-Candy (naiv-energisch: Roger Livesey) und Theodor Kretschmar-Schuldorff (nobel-elegisch: Adolf Wohlbrück): Im Jahre 1902, kurz nach dem Burenkrieg, verteidigen sie in einem Degenduell stellvertretend die Ehre ihrer Heimatländer; im Ersten Weltkrieg findet sich der Deutsche in britischer Gefangenschaft wieder; im Zweiten Weltkrieg bittet der Deutsche als Exilant um britisches Asyl … »Blimp« verleugnet zu keinem Zeitpunkt die gestalterische Inspiration durch eine Cartoon-Figur: In bisweilen fast schematisch wirkenden Szenerien bewegen sich karikaturhaft zugespitzte Charaktere – der einfach gestrickte, offenherzig-konservative Brite mit dem blindem Vertrauen in fair play und common sense sowie der geschliffene, musisch-soldatische Deutsche, der weiß, daß Ritterlichkeit in Zeiten des totalen Krieges nur mehr eine Illusion ist, daß Respekt vor überkommenen Geboten lebensgefährlich sein kann. Weibliche Wesen haben in diesem tragikomisch-sentimentalen Epos der Desillusion eine eher periphere Bedeutung, erscheinen in erster Linie als Idealbilder (mal resolut, mal durchgeistigt, mal kumpelhaft) – konsequenterweise werden alle drei Frauenrollen von einer einzigen Schauspielerin (Deborah Kerr) verkörpert. Natürlich ist »Blimp« auch und vor allem ein Werk der Propaganda, mit dem Powell (Engländer) und Pressburger (Ungar) – sowie ihr französischer Kameramann, ihr deutscher Bühnenbildner, ihr österreichischer Star – eine Nation von Sportsmännern (und -frauen) davon überzeugen wollen, daß ein Gegner, der die Regeln mißachtet, nicht allein mit gerechter Gesinnung zu schlagen ist; doch bei aller politisch-militärischen Stimmungsmache trifft jener Satz ins Schwarze, den David Thomson ein halbes Jahrhundert später über diesen Film schreiben wird: »In any war we hope to be on the side that made ›Blimp‹.«
R Michael Powell, Emeric Pressburger B Michael Powell, Emeric Pressburger K Georges Périnal M Allan Gray A Alfred Junge S John Seabourne P Michael Powell, Emeric Pressburger D Roger Livesey, Deborah Kerr, Anton Walbrook (= Adolf Wohlbrück), Roland Culver, James McKechnie | UK | 163 min | 1:1,37 | f | 10. Juni 1943
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