Hiroshima, mon amour
Über das Unsagbare sprechen, das nicht Darstellbare zeigen, das Unmögliche wagen: »Hiroshima, mon amour« – der Ort der totalen Zerstörung und das höchste der Gefühle. Körperteile, in Asche gehüllt, Fleisch, bedeckt mit Schweiß, verschlungene Leiber: Sie (Emmanuelle Riva) ist eine französische Schauspielerin, er (Eiji Okada) ist ein japanischer Architekt. Sie ist nach Hiroshima gekommen, um in einem Film mitzuwirken, in einem Film über den Frieden. Sie hat das Krankenhaus gesehen und das Museum und den Fluß und das Denkmal und den Park und die Kraniche aus Papier. Alain Resnais zeigt alles, was sie gesehen hat, zeigt es in dokumentarischen Bildern. »Tu n’a rien vu à Hiroshima, rien«, sagt er zu ihr. »J’ai tout vu, tout«, sagt sie zu ihm. Sie lieben sich. Es ist der letzte Drehtag. Er fordert sie auf zu bleiben. Bei ihm. In Hiroshima. Sie will nach Hause zurückkehren. Sie ist glücklich verheiratet. So wie er. Marguerite Duras’ Dialoge klingen wie Opernduette, unwirklich-klar, sachlich-pathetisch. Er fragt sie, wo sie war, als in Hiroshima die Bombe fiel. Sie war in Paris, antwortet sie. Sie war glücklich. Weil der Krieg vorbei war. Weil ihr Unglück vorbei war. Ihr Unglück, das war auch und vor allem ihr Glück. Ein deutscher Soldat. Ihre erste Liebe. In ihrer Heimatstadt. In Nevers in Frankreich. Der deutsche Soldat wurde erschossen. Sie wurde geschoren. Sie wurde in einen Keller gesperrt. Weil sie einen Feind geliebt hatte. Sie wurde verrückt. Sie kam wieder zur Vernunft. Als sie ihre Liebe vergessen hatte. In Hiroshima, am Ort der Katastrophe, findet sie ihre erste Liebe wieder, ihr Glück, ihren Schmerz, ihr Leben. »Hi-ro-shi-ma … c’est ton nom«, sagt sie zu ihm. Und er sagt zu ihr: »Ton nom à toi est Nevers. Ne-vers-en-Fran-ce.« Hiroshima. Nevers. Erinnern. Vergessen. Liebe. Tod. Gestern. Heute. Immer. Überall.
R Alain Resnais B Marguerite Duras K Michio Takahashi, Sacha Vierny M Giovanni Fusco, Georges Delerue A Minoru Esaka, Mayo (= Antoine Malliarakis) S Henri Colpi, Jasmine Chasney P Samy Halfon D Emmanuelle Riva, Eiji Okada, Bernard Fresson | F & JP | 91 min | 1:1,37 | sw | 10. Juni 1959
# 842 | 7. März 2014
Kleine Anekdote, die Margot Benacerraf 1991 in einem Interview erzählte:
AntwortenLöschenAnfang 1959 arbeitete sie mit Guy Bernard an der Vertonung von ARAYA. "We hired a sound effects specialist to re-create sounds that we had been unable to tape on site. [...] "These are the images. I would like you to add the sound of the earth as it expands from the heat of the sun." He just stared at me, speechless, but his expression clearly said, "This woman is crazy." When I pressed him a bit, he told me that a man in the studio above ours had just asked him to produce the sound of a caress, and now I wanted the sound of the earth expanding. It was all too much! We were going to drive him crazy! "Who is that working upstairs?" I asked. "His name is Alain Resnais, and his film is called HIROSHIMA, MON AMOUR."