Orpheus
L'amour à mort ... Der antike Mythos, gesehen durch die Brille eines künstlerischen Tausendsassas – Jean Cocteau hat Esprit, Geschmack, Fantasie genug, den legendären Dichter der griechischen Sagenwelt plausibel und originell in eine pariserisch anmutende Nachkriegsgegenwart (samt dekorativer Trümmerszenerien und existentialistischer Literatenbohème) zu versetzen. Clou der kinematographischen Adaption: Der hochfahrend-selbstgewisse Poet (Jean Marais in der Titelrolle) gerät in einen gefühlsmäßigen Zwiespalt zwischen der beabsichtigten Rückführung der geliebten (wenn auch bisweilen vernachlässigten) Gattin Eurydike (Marie Déa) aus der Unterwelt – wo ein kafkaesker Gerichtshof nach unerforschlichem Ratschluß über das Schicksal der Verstorbenen (wie auch der Lebenden) befindet – und der amourösen Verfallenheit an den Tod selbst, den die aparte Maria Casarès mit feurig-dunkler Faszinationskraft verkörpert. Cocteaus Stärke als Cinéast liegt insbesondere in der Verwendung ebenso einfacher wie kostbarer filmischer Mittel: Zeitlupen und rückwärts laufende Aufnahmen, negative Bilder und quecksilbrige Spiegeltricks transformieren scheinbare Alltäglichkeiten in außerordentliche Phänomene und lassen die literarische Illusion zur greifbaren Realität werden.
R Jean Cocteau B Jean Cocteau K Nicolas Hayer M Georges Auric A Jean d’Eaubonne S Jacqueline Sadoul P André Paulvé D Jean Marais, Maria Casares, François Périer, Maria Déa, Juliette Gréco | F | 95 min | 1:1,37 | sw | 1. März 1950
# 1032 | 18. November 2016
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