Ich liebe dich, ich liebe dich
»C’était bien?« – »Très.« Er liegt in der Klinik. Er hat versucht sich umzubringen. Man ist an ihm interessiert. Warum? Weil er nichts zu verlieren hat. Hat er eine Chance zurückzukommen? Das weiß niemand. Er wird aus dem Krankenhaus entlassen. Er heißt Claude Ridder. Er willigt ein, an einem Experiment teilzunehmen. Im Forschungszentrum Crespel beschäftigt man sich mit der Zeit. Bislang wurden Versuche mit Mäusen angestellt, nun soll Ridder als erster Mensch in seine eigene Vergangenheit reisen, soll eine Minute seines Lebens wiedererleben, eine Minute, die exakt ein Jahr zurückliegt. Die Zeitmaschine, die Alain Resnais für seinen Film konstruiert hat, ist keine modernistische High-Tech-Installation à la Irwin Allen, vielmehr ähnelt die organisch geformte Anlage mit ihrem höhlenartigen Inneren einer gigantischen Knolle, oder einer übergroßen Herzkammer, oder einem riesigen Gehirn. Der Versuch beginnt. Ridder schwimmt unter Wasser, er taucht aus dem Meer. Am Ufer liegt eine Frau, sie fragt ihn: »C’était bien?« – »Très.« – »Tu as vu beaucoup de poissons?« Dann läuft etwas schief. Ridder geht verloren, wird durch die Zeiten geschleudert, treibt kreuz und quer durch seine Erinnerungen. Fragmente einer Biographie blitzen auf, elliptisch, diskontinuierlich, flüchtig wie Reflexe eines Spiegelkugel, Momente, Situationen, Begegnungen, heiter, banal, quälend: berufliche Stationen, eine komplizierte Liebesgeschichte, Glück, Langweile, Schuld. Gedanken, Assoziationen, Wiederholungen: zahllose Perspektiven, die sich nicht zu einem Gesamtbild fügen. Der Mensch als unerforschliches Wesen, als Gefangener seines sprunghaften Gedächtnisses, als Irrender in einem ewig unvollendeten Labyrinth, aus dem nur ein einziger Weg herausführt. »Tu as vu beaucoup de poissons?« – »Deux serpents de mer, quelques requins, des méduses géantes. A part ça, rien de très particulier.«
R Alain Resnais B Jacques Sternberg K Jean Boffety M Krzysztof Penderecki A Jacques Dugied, Augusto Pace S Albert Jurgenson, Colette Leloup P Mag Bodard D Claude Rich, Olga Georges-Picot, Anouk Ferjac, Van Doude, Bernard Fresson | F | 92 min | 1:1,66 | f | 26. April 1968
# 841 | 7. März 2014
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