»Es gibt keine Befreiung der Menschheit ohne die soziale Unabhängigkeit und Gleichstellung der Geschlechter«, schrieb August Bebel im Jahre 1879; Slátan Dudow läßt diesen Satz des sozialdemokratischen Übervaters an zentraler Stelle seines Werkes zitieren. Überhaupt ist »Frauenschicksale« – ein filmisches Kaleidoskop, das mehrere weibliche Lebenswege in den Berliner Nachkriegsjahren verfolgt und miteinander verknüpft – nicht frei von ideologischem Verkündungseifer: Immer wieder wird in hohem Ton deklamiert (und gesungen). Jenseits weltverbesserischen Predigertums, fröhlich wehender roter Fahnen und des klischiert-parteilichen Blicks auf die Zustände im verfaulten Westen (eine Betrachtungsweise, die sich kaum von konservativer Zivilisationskritik unterscheidet) schildert Dudow mit veristischem Zugriff und viel Zuneigung zu seinen Frauenfiguren die Umstände, in denen diese Heldinnen des Alltags leben – und nicht mehr leben wollen. Als Katalysator der persönlich(-politisch)en Emanzipationen und Bindeglied der Erzählung fungiert ein Kerl. Conny Lohmüller ist Charmeur, Lebemann, Schieber und: ein Mann von gestern. Während seine herzlos abgelegten Liebschaften (eine Juristin, eine Schneiderin sowie ein Mädchen, das für ein schönes blaues Kleid zur Verbrecherin wird), gerade wegen ihrer desillusionierenden Erfahrungen, profundes Glück in der sozialistischen Menschengemeinschaft finden, stürzt der oberflächliche Genußmensch unter asozialen Kapitalisten ab. »Man lebt ja nur einmal«, ist Connys Motto, aber einmal ist keinmal. Das Schicksal, so Dudow (mit Brecht), ist nicht nur Schicksal, es kann (und muß) geformt werden: »Drum rührt geschäftig die Hände, / Legt euer Herz hinein. /
Will doch das Glück erst erkämpfet sein,
/ Kommt es nicht von allein.«
R Slátan Dudow B Slátan Dudow, Gerhard Bengsch, Ursula Rumin K Robert Baberske M Hanns Eisler A Otto Erdmann S Lena Neumann P Robert Leistenschneider D Sonja Sutter, Anneliese Book, Susanne Düllmann, Lotte Loebinger, Hanns Groth | DDR | 105 min | 1:1,37 | f | 13. Juni 1952
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